Ein guter, alter Freund der Familie Bush

Der Investmentbanker William Donaldson soll den Chefposten bei der New Yorker Börsenaufsicht SEC übernehmen

Der Club alter Männer füllt sich. Wenige Tage nachdem US-Präsident George W. Bush bekannt gegeben hat, dass er künftig mit dem 63-jährigen John Snow als neuem Finanzminister rechnet, hat er jetzt auch den Chefposten bei der US-Börsenaufsicht SEC wieder vergeben – an den 71-jährigen William Donaldson, den ehemaligen Vorsitzenden der New Yorker Börse.

Donaldson, dessen Berufung noch vom US-Senat formell bestätigt werden muss, löst den glücklosen Harvey Pitt ab, dem vorgeworfen worden war, zu zögerlich gegen die Serie der Bilanzskandale vorgegangen zu sein. Mit der Ernennung Donaldsons, der von Bush als „einer der angesehensten Unternehmenschefs der Vereinigten Staaten“ bezeichnet wurde, ist das neue Wirtschaftsteam des Präsidenten komplett.

Donaldsons Aufgabe wird es sein, das Vertrauen der Anleger wiederherzustellen, das seit einem Jahr durch die Serie von Unternehmensskandalen von Enron über WorldCom bis Tyco schwer erschüttert ist. Dabei muss er auch die Glaubwürdigkeit der SEC selbst wiederherstellen, deren Aufgabe es ist, Insiderhandel und Preismanipulationen aufzudecken. Die Behörde hatte die teilweise gigantischen Bilanzfälschungen mancher Firmen lange Zeit nicht erkannt.

Die Reaktionen auf die Ernennung Donaldsons waren an der Wall Street und in Unternehmerkreisen gemischt. Klar ist: Kaum einer kennt das Geschäft auf dem Börsenparkett so gut wie er. 1959 war der in der New Yorker Börsenszene als eigenwilliger Einzelgänger bekannte Donaldson Mitbegründer der Investmentbank Donaldson, Lufkin & Jenrette, die vor zwei Jahren an Credit Suisse First Boston verkauft wurde. Die Firma machte sich rasch einen Namen, da sie erstmalig kleine, schnell wachsende Firmen mit Marktanalysen versorgte. 1969 folgte eine weitere Pioniertat: „D.L.J.“ wagte selbst den Börsengang. Für die damalige Zeit war das ein revolutionärer Schritt. Zwischen 1991 und 1995 war Donaldson Chef der New Yorker Börse. Sein Verdienst ist, die Wall Street für ausländische Anleger geöffnet zu haben. Auch tat sich der Multimillionär als Mäzen hervor. So finanzierte der Yale-Absolvent die Gründung der heute berühmten Yale School of Management.

Doch Kritiker werfen ihm vor, sich in der Washingtoner Bürokratie zu wenig auszukennen. Immerhin wagte er in den 70er-Jahren in der Nixon- und Ford-Regierung einen kurzen Ausflug in die Politik, als er unter Henry Kissinger zum stellvertretenden Außenminister bestellt wurde.

Auch die Nähe zum Bush-Clan missfällt so manchem. Seit seiner Studienzeit an der Yale-Universität, wo er Freundschaftsbande mit Jonathan Bush, einem Onkel des heutigen Präsidenten, knüpfte, hat er einen engen Draht zur Bush-Familie, der er auch seinen ersten Job an der Wall Street verdankte. Diesmal war es ein Onkel von George W. Bush senior, Herbert Walker, der ihn in seinem Brokerhaus unterbrachte.

Doch am meisten zu schaffen machen könnte Donaldson sein letzter Job. Obwohl er im Jahre 2000 nur elf Monate Verwaltungsratschef des großen Versicherungsunternehmens Aetna war, erhielt er eine üppige Abfindung von sieben Millionen Dollar zuzüglich Aktienoptionen im Wert von 11,6 Millionen Dollar – nicht gerade ein leuchtendes Vorbild im Kampf gegen gierige Firmenchefs. MICHAEL STRECK