Scud-Raketen gekapert

Unbeflaggter Frachter aus Nordkorea im Arabischen Meer von spanischer Marine aufgebracht.An Bord werden 15 Scud-Raketen sichergestellt. Besteller Jemen fordert Auslieferung der Raketen

KAIRO taz ■ Die jemenitische Regierung protestiert bei den USA gegen die Beschlagnahmung einer Ladung von 15 Scud-Raketen auf einem nordkoreanischen Frachter und fordert deren Herausgabe. Dies meldete die amtliche Nachrichtenagentur Saba aus Sanaa.

Demnach zitierte Außenminister Abu Bakr al-Kerbi den US-Botschafter in sein Ministerium und überreichte ihm eine Protestnote. Die Raketenlieferung sei Teil von lange zurückliegenden Bestellungen und daher Eigentum des jemenitischen Staates. Die US-Botschaft verweigerte gestern jeden Kommentar.

Der nordkoreanische Frachter „Sosan“ war am Montagabend 1.000 Kilometer vor der jemenitischen Küste, östlich der Insel Socotora am Horn von Afrika, von den spanischen Kriegsschiffen „Navarra“ und „Patino“ mit Warnschüssen gestoppt und anschließend der US-Marine übergeben worden.

Im Laderaum wurden 15 Scud-Raketen unter Zementsäcken versteckt gefunden. Das Schiff sei unbeflaggt gewesen, auch sei der Schiffsname übermalt und seien die Frachtpapiere gefälscht worden. Die Besatzung weigerte sich, ihre Identität anzugeben.

Die spanischen Schiffe sind Teil der Operation „Enduring Freedom“ und überwachen im Rahmen des Antiterrorkampfes das Meer um das Horn von Afrika. Die „Sosan“ soll vom US-Geheimdienst seit der Abfahrt in Nordkorea beobachtet worden sein. Schiff und Besatzung sollten zum US-Stützpunkt Diego Garcia im Indischen Ozean gebracht werden.

Der jemenitische Präsident Ali Abdallah Saleh hatte erstmals im August dieses Jahres bestätigt, dass sein Land vor drei Jahren Scud-Raketen von Nordkorea geliefert bekam. Saleh verteidigte dies als legitimen Waffentransfer, da über sein Land kein Waffenembargo verhängt sei. Angeblich verfügt der Jemen über 6 mobile Abschussrampen und 18 Scud-Raketen.

Unklar ist, warum der nordkoreanische Frachter gestern so weit von der jemenitischen Küste aufgebracht wurde, nachdem er bereits seit Tagen unter US-Beobachtung stand. Möglicherweise wollte Washington die jemenitische Regierung nicht zu sehr in Verlegenheit bringen.

Am Abend hieß es überraschend, dass der Frachter mit den Scud-Raketen seine Fahrt nach Jemen fortsetzen könne. Die USA hätten dies erlaubt, sagte ein Regierungssprecher in Jemens Hauptstadt Sanaa. Dies hätten US-Vizepräsident Richard Cheney und der Staatspräsident von Jemen, Ali Abdullah Salih, telefonisch vereinbart, meldeten auch US-Medien.

KARIM EL-GAWHARY

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