Zweites Richtfest im April

Ist die Debatte um die Zwischennutzung des Palastes der Republik eingenickt? Nein. Denn hinter der verstaubten Fassade tut sich etwas. Ein Förderverein und ein „Palastbüro“ sind in Gründung

von ROLF LAUTENSCHLÄGER

Die Trommeln wurden selbst im fernen Kanzleramt gehört. Christina Weiss, Staatsministerin für Kultur, bescheinigte den Initiatoren, dass ihre Strategie temporärer Nutzung für urbane Brachflächen genau das Richtige für den umstrittenen Ort sei. Andere fanden das auch.

„Zwischen Palast Nutzung“, so der Titel der dreitägigen Schau im Staatsratsgebäude Mitte November, zog bei der Eröffnung die Massen vor die Projekte kultureller Möglichkeiten im vom Asbest befreiten Palast der Republik. Mehrere tausend Besucher sahen die Ausstellung. Die Staatsoper, der Club „WMF“ oder die Sophiensæle inszenierten sich als künftige Nutzer des Kulturstandorts. Jürgen Flimm, Günter Grass, Adrienne Goehler und Ulrich Mühe unterzeichneten den Aufruf für den temporären kulturellen Gebrauch des Hauses. Und Peter Conradi, Chef der Bundesarchitektenkammer, rief laut: „Den Palast der Republik jetzt öffnen!“

Vier Wochen sind seither vergangen. Bis auf eine Veranstaltung der Naumann-Stiftung in dieser Woche sowie die Meldung, die Sanierungsarbeiten im Palast würden erst Ende März 2003 abgeschlossen sein, scheint die Debatte über die Zukunft des Palastes eingeschlafen. Haben sich die hohen Wellen, die die Zwischennutzungsmacher der Gruppe „Urban Catalyst“ (eines Forschungsprojekts der TU) geschlagen haben, geglättet? Vergessen die Statements Berliner Politiker und Bedenkenträger?

Es sei „doch ganz normal“, sagt Stefan Rethfeld, Architekt und Mitarbeiter im Catalyst-Projektteam um Philipp Oswald und Philipp Misselwitz, dass nach dem Plan, „alle wachzurütteln, jetzt eine Phase der Arbeit anrollt, die sich im Unsichtbaren und weniger Spektakulären“ abspielt. Was nicht heißen soll, so Rethfeld zur taz, „dass nichts passiert“. Im Gegenteil.

Konkret arbeitet „Urban Catalyst“ weiter an dem Konzept, neue Nutzerideen und Sponsoren für das 1,3 Millionen Euro teure Zwischennutzungsprojekt im Palast der Republik zu finden. Den Absprung von Sponsor Nike bedauern die Architekten kaum, weil es „sowieso unvorstellbar war“, den Palast von einem Nike-Prospekt „einpacken zu lassen“. Vielmehr hätten sich Geldgeber gemeldet, die dem programmatischen Anspruch eher gerecht würden, sagt Rethfeld.

Zugleich ist man dabei, einen Förderverein zu gründen, gefolgt von einem „Palast-Büro“, das im Januar oder Februar 2003 eröffnen soll, um über den Stand der Zwischennutzung zu informieren. Noch für den Dezember steht an, die Unterzeichnerliste für die kulturelle Zwischennutzung der Staatsministerin zu überreichen und Gespräche mit dem Eigentümer der Immobilie, dem Bund, vertreten durch das Bundesfinanzministerium, zu suchen.

Rethfeld bezeichnet dies als die schwierigste und zugleich wichtigste Arbeit in den kommenden Wochen, sei es doch wichtig, „ein Mandat“ für die künftige Anmietung oder Pacht des jetzigen Rohbaus zu erhalten. Dass alles darauf zuläuft, die Gespräche erfolgreich führen zu können, die Sicherheitsanforderungen und temporären Einbauten sowie Erschließungswege zustande zu bringen, glauben die Projektmitglieder schon deshalb, weil der geplante Wiederaufbau des Schlosses erst „in 10 Jahren zu wuchten ist“. Niemand könne der Stadt so lange eine ungenutzte Brache am Schlossplatz zumuten – geschweige denn ein rekonstruiertes Stadtschloss, wie hinter vorgehaltener Hand hinzugefügt wird.

Die Agenda für die Zwischennutzung steht also: Im Palast befindet sich kein Asbest mehr. Bis zum Frühjahr 2003 werden die letzten Betonarbeiten im Innern beendet sein. Danach werden die Container abgezogen, die Baumaschinen verschwinden, und das Gebäude wird mit einem neuen Zaun gesichert. Am 31. März ist die Palastsanierung beendet. „Dann könnte in dem Rohbau eigentlich wieder Richtfest gefeiert werden“, meint Rethfeld. Wer es feiern soll, sagt er nicht.