steueramnestie
: Eigentlich geht‘s gegen die Schweiz

Die Steueramnestie ist riskant. Nur wenn die deutschen Schwarzgeldbesitzer massenhaft ihre Schweizer Konten leeren und die rückgeführten Beträge bei ihren Finanzämtern anmelden, geht die Rechnung der Bundesregierung auf. Denn das würde heißen, dass die Besserverdienenden den Steuersatz von 25 Prozent auf Kapitaleinkünfte niedrig genug finden, um ihre aktuellen Einnahmen ebenfalls beim Fiskus anzumelden. Das brächte Geld in die Staatskasse. Aber selbst wenn die neue Steuerquelle sprudelt, ist noch unklar, ob diese Einnahmen tatsächlich höher sein werden als die Einnahmeausfälle, die dadurch entstehen, dass den Reichen der Spitzensteuersatz für Kapitaleinkünfte fast halbiert wird.

Kommentar von DIETMAR BARTZ

Doch das ist ein linker Beißreflex – die reale Durchschnittsbelastung bei der Einkommensteuer liegt gar nicht bei 48,5 Prozent plus Soli, sondern etwa ein Drittel darunter. Wer anhaltend mehr zahlt, hat einen miserablen Steuerberater oder hört nicht auf ihn. Der Durchschnittssteuersatz auf Arbeitseinkommen liegt bei 35 Prozent – damit ist das Geschenk aus Berlin deutlich weniger beeindruckend.

Deswegen schätzt die Bundesregierung, dass nur 10 Prozent des Schwarzgeldes „repatriierbar“ ist – wohl ausgerechnet die Summen, die eigentlich am höchsten hätten versteuert werden müssen. Jede Amnestie für Steuersünder ist ungerecht, hier ist sie am ungerechtesten. Einen Beitrag zur Sanierung der Staatsfinanzen aber können die Rückflüsse nach Deutschland sehr wohl leisten.

Der eigentliche Reiz des Projekts ist jedoch der Druck auf die Schweiz. In den 90er-Jahren haben die deutschen Finanzämter dafür gesorgt, dass sich dutzende von Banken und zehntausende ihrer Kunden mit Kapitalanlagen in Luxemburg die Finger verbrannten. Als bequemes Steuerfluchtziel ist Otto Normalhinterzieher nur die Schweiz geblieben, die sich gegen jede wirksame europäische Steuerharmonisierung sträubt. Wenn Amnestie und Abgeltungsteuer funktionieren, müssen die nicht mehr sehr stabilen Schweizer Großbanken damit rechnen, dass 20, 30, 40 Milliarden Euro Kapital das Land gen Norden verlassen.

Die Alternative für die bisher unzugängliche Regierung in Bern ist nur, einzulenken und das schweizerische Bankgeheimnis von Steuerverfahren auszunehmen. Das wiederum macht den Finanzplatz Schweiz weniger attraktiv für illegales Kapital aus Deutschland – zum Vorteil der Staatsfinanzen hierzulande.