Ein Gaucho aus Berlin

Milieustudien aus dem kargen Süden Argentiniens: Mit seinen Filmen kehrt Ciro Cappellari wieder nach Patagonien zurück

Ciro-Cappellari-Filmreihe von heute bis Mittwoch im Kino Nickelodeon: „Amor América“ ab heute, „Zeit der Flamingos“ ab Freitag, „Der Junge vom Fluss“ ab Samstag

„Tatort“: Die beliebteste „Such-den-Mörder“-Filmreihe im deutschen Fernsehen, und dann führt ein Argentinier Regie? So war’s beim „Endspiel“, sogar die 500. Jubiläumsfolge des Sonntagabendheiligtums der ARD! Die Kritiken allerdings waren nicht so gut. Regisseur Ciro Cappellari trifft aber eigentlich nur eine Teilschuld, denn dem 1959 in Buenos Aires geborenen Regisseur geht es halt weniger um Schießereien, sondern viel mehr um die Darstellung der Emotionen von Menschen und ihrem Leben im Milieu. Für das man dann im Kinoformat einfach mehr Platz hat. Das Hauptaugenmerk von Cappellaris Filmen gilt dem Leben, den Traditionen und dem Kampf der Indianer Argentiniens. Ein Blick in die Kindheit des Gauchos gibt Aufklärung. Er verbrachte sie in Ingeniero Jacobacci, einem Kaff inmitten der kargen Landschaft Patagoniens. Doppelt so groß wie die Bundesrepublik, doch weit geringer besiedelt als Hamburg. Unterdrückung und Armut bestimmen hier das Leben. Cappellari siedelte 1985 nach Berlin um, wo er an der Deutschen Film- und Fernsehakademie studierte. Seit 1990 ist er als Regisseur, Drehbuchautor und Kameramann tätig und kehrt im Zuge dessen immer wieder in seine alte Heimat zurück. Heute startet im Nickelodeon eine Reihe mit seinen drei Kinofilmen. Mit dabei auch „Sin Querer – Zeit der Flamingos“, der für das beste europäische Drehbuch beim Sundance-Festival ausgezeichnet wurde. Eine Milieustudie mit Rahmenhandlung, welche in San Lorenzo (neuer Name, gleiches Dorf), seinem alten Heimatort, inmitten der Einöde Patagoniens spielt. Mit dabei: schrullige Charaktere wie die heimliche Herrscherin des Ortes, der notorische Ehebrecher und die suchende Indianerin. Ein Mikrokosmos, der durch die Ankunft eines Fremden in helle Aufregung verfällt. An den ersten drei Abenden wird der Meister selbst bei den Vorstellungen seiner Filme anwesend sein. TB