Satelliten-TV in kleinen Dosen

Das iranische Parlament beschließt die Aufhebung des Verbots von Satellitenschüsseln. Gleichzeitig sollen Empfänger entwickelt werden, mit denen nur bestimmte Sender zu empfangen sind. Konservativer Wächterrat hat jetzt das letzte Wort

von BAHMAN NIRUMAND

Nicht nur protestierende Studenten fordern die herrschende konservative Geistlichkeit dieser Tage in Iran heraus. Vor kurzem beschloss das Parlament in Teheran, in dem die Reformer die Mehrheit haben, dass der Besitz von Satellitenschüsseln künftig erlaubt sein soll. Das Verbot, das vor acht Jahren verhängt worden war, hatte sich ohnehin als weitgehend wirkungslos erwiesen. Denn bereits wenige Wochen nach dem Beschluss wurden hastig in Kellern versteckte Schüsseln wieder auf den Dächern installiert. Daran änderten auch Razzien nichts, bei denen so genannte Revolutionswächter immer mal wieder die illegalen Empfänger einkassierten. Insgesamt wurden seit 1994 mehr als drei Millionen Schüsseln verkauft.

Versuche, eine möglichst lückenlose Zensur auszuüben, haben in Iran Methode. Dabei geht es den turbantragenden Herrschern längst nicht mehr nur um halb oder ganz nackte Blondinen, die bei Männern sündhafte Begierden wecken und damit die islamische Moral verletzen könnten. Denn das Geschäft auf dem Schwarzmarkt mit derartigen Videofilmen, den sie monopolisiert haben, ist denn doch zu lukrativ. Vielmehr ist das Ziel, dem eigenen Volk vor allem Informationen über politische Vorgänge im Land systematisch vorzuenthalten.

Gleich nach der Machtübernahme 1979 hatten die Gottesmänner Fernsehen und Rundfunk monopolisiert. Diese sind nach wie vor staatlich und in der Hand der Konservativen. Eine strenge Zensur erzwang fast zwei jahrzehntelang die Gleichschaltung der Presse. Erst nach der Wahl des Staatspräsidenten Chatami im Jahre 1997 begann eine Blütezeit kritischer Zeitungen, die jedoch recht kurzlebig war. In den letzten zwei Jahren wurden fast 90 Tageszeitungen verboten und zahlreiche Journalisten in Haft genommen.

Demgegenüber entziehen sich ausländische Rundfunk- und Fernsehsender, wie BBC, die Stimme Amerikas, Radio Freies Europa, Radio Israel und die Deutsche Welle, die in persischer Sprache senden, weitgehend der Kontrolle der Konservativen.

Die Bedeutung dieser Sender nimmt heutzutage ständig zu. Nicht umsonst hat Radio Freies Europa, das von den USA finanziert wird, kürzlich sein Programm von 3 auf 24 Stunden pro Tag ausgeweitet. Ein wichtiger Grund für die gestiegene Popularität dieser Sender liegt darin, dass die Reformer im Inland, deren Kommunikationsmöglichkeiten mit der Bevölkerung immer mehr seitens der Konservativen eingeschränkt werden, zunehmend diese Kanäle benutzen, um ihre Botschaften unters Volk zu bringen.

Nicht minder wichtiger als Alternativmedium ist das Internet, zu dem bereits rund zwei Millionen Iraner Zugang haben. Über das Internet ist jede Nachricht, die im Iran zensiert wird, zu erhalten. Viele bekannte Journalisten, deren Zeitung verboten wurde, haben inzwischen gruppenweise ihre eigene Webseite eröffnet. Das Internet hat auch die Mauer, die Jahre lang zwischen der Opposition im In- und Ausland bestand, zum Einsturz gebracht. Noch nie hat die Kommunikation zwischen den politisch engagierten Exilanten mit den Aktivisten im Inland so gut funktioniert wie heute. Hier ist die Zensur völlig machtlos. Die Verbindung ist leicht herzustellen. Allein in Teheran gibt es über 3.000 Internetcafés. Der Versuch der Behörden, sie zu schließen, scheiterte an dem Widerstand der Jugendlichen. Das Internet hat eine Revolution erzeugt, die sich im Stillen und unbemerkt von der herrschenden Macht an den Universitäten, in Schreibstuben und theologischen Hochschulen ihren Weg bahnt.

Was der jüngste Parlamentsbeschluss zu den Satellitenschüsseln wert ist, wird sich erst noch zeigen, zumal auch hier der von Konservativen besetzte Wächterrat das letzte Wort hat. Ausgeschlossen ist seine Zustimmung jedoch nicht. Denn der Beschluss enthält gewisse Einschränkungen, etwa die, dass es dem Staat obliegt, zu entscheiden, welche Satellitensender empfangen werden dürfen. Das Parlament hat das Ministerium für Telekommunikation beauftragt, in den nächsten sechs Monaten Empfänger zu entwickeln, die nur eine begrenzte Anzahl von ausländischen Sendern empfangen können. Für bestimmte Berufsgruppen wie etwa Journalisten oder Wissenschaftler sollen die Einschränkungen nicht gelten. Ob jedoch die Millionen, die bereits bisher das Verbot einfach ignoriert haben, sich diesen Einschränkungen fügen werden, darf bezweifelt werden.