Treibverluste und Imagegewinne

Neueste Nachrichten aus der äußersten Mongolei. Ein umfassender Jahresrückblick

Die Mongolei wird immer attraktiver: So erhöhte sich erneut die Zahl der Ausländer

Ostdeutschland hatte einst starke kulturelle Beziehungen zur Mongolei, was Westdeutsche und Mongolen eint, ist die Verehrung Dschingis Khans. Dem entsprechend wurde in diesem Jahr das Dschingis-Khan-Hotel in Ulaanbaatar zum beliebtesten Hotel des Jahres gewählt, als bester Wodka der Dschingis-Khan-Wodka und als beste Bar die Dschingis-Khan-Bar. Am 3. Mai wurde im Nationalen Freizeit- und Erholungszentrum der mongolischen Hauptstadt der Grundstein für ein großes Dschingis-Khan-Denkmal gelegt, der Verteidigungsminister J. Gurragchaa würdigte in seiner Rede die Verdienste des allzu früh Verstorbenen. Neuerdings gibt es sogar ein Dschingis-Restaurant in Berlin sowie eine Großdiashow „Auf den Spuren von Dschingis Khan“. Auf diesen wandelte auch der buddhistische Actionstar Steven Segal, der einen Hollywoodfilm über den eigenwilligen Nomadenführer drehen will.

Das mongolische Jahr 2002 begann diesmal im Februar – und gleich mit den Ergebnissen der letzten Viehzählung, wie die Deutsche Mongolei Agentur meldete: Die Zahl der Kamele sank um 38.600 auf 284.300; die der Pferde um 486.600 auf 2.174.200, wobei im Februar noch 10.000 vermisst wurden; die Zahl der Rinder sank um 1.037.800 auf 2.059.800, die der Schafe um 2.013.100 auf 11.863.200, und Ziegen gibt es nach den Winterverlusten von 746.600 Tieren nur noch 9.523.200. Um wenigstens die Treibverluste zu minimieren, will der Staat nun mehr Tieraufkaufstellen errichten.

Ansonsten wird die Mongolei jedoch immer attraktiver: So erhöhte sich zum Beispiel erneut die Zahl der Ausländer: Es leben dort jetzt 6.595 Russen, 4.305 Chinesen, 665 Koreaner, 608 Amerikaner, 374 Japaner, 132 Türken, 126 Deutsche und 117 Ungarn. Unterm Strich sank jedoch die Zahl der Einwohner, denn 22.715 mongolische Bürger kasachischer Nationalität wurden aus der Staatsbürgerschaft entlassen. Dafür sank auch die Zahl der Verbrechen: Auf 21.611, das sind 68 weniger als im Jahr zuvor, was vor allem Viehdiebstähle betraf. Offiziell wurden 40.800 Arbeitslose gemeldet.

Von den EU-Ländern investiert die Bundesrepublik Deutschland am meisten in der Mongolei. Im April 2002 besuchte deswegen der mongolische Ministerpräsident N. Enkhbayar Bundeskanzler G. Schröder, der dann auch zusagte, er werde sich für noch mehr Investitionen, Handelsumsatz, mongolische Stundenten in Deutschland und deutsche Touristen in der Mongolei einsetzen.

Im Sommer tourten wieder viele ausländische Musiker durch die Mongolei: Boney M., Alsu, Pupo, DJ Bobo und andere. Teilweise füllten sie ganze Stadien. Anfang September wurde in Ulaanbaatar die erste deutsche Oper aufgeführt: „Die lustigen Weiber von Windsor“. Organisiert wurde die Veranstaltung vom „Förderverein der Freunde der Oper zu Ulaanbaatar“.

Im Herbst besuchte der UN-Generalsekretär Kofi Annan „das wichtige neutrale Land Zentralasiens“. Außerdem fand auf Einladung der Regierung und der Weltbank ein internationales Investorentreffen in Ulaanbaatar statt.

Danach besuchte der Dalai Lama mal wieder die Mongolei. Während seines Besuchs kam es zu militanten Demonstrationen und Traktorblockaden, wobei mehrere demokratische Führer verhaftet wurden. Der Protest richtete sich allerdings nicht gegen den Lama, sondern gegen das neue Privatisierungsgesetz, mit dem erstmals der Grund und Boden in der Mongolei zu einer Ware erklärt wurde. Auf dem „Platz der Freiheit“ forderten die Demonstranten am 5. November den Rücktritt der „Regierung der Bodenschwindler“ und der „Bodenmafiosi“ sowie einen „Stopp des Ausverkaufs der Grenzkleinstadt Altanbulag an die Chinesen“. Kurz darauf wurde der Wächter vor der chinesischen Botschaft in Ulaanbaatar, E. Darmaa, mit zwei Schüssen ermordet.

Gemäß zweier Regierungsabkommen exportierte die Mongolei in diesem Jahr 235 Falken nach Saudi-Arabien und Kuwait. Umgekehrt gab Kuwait der Mongolei einen Sieben-Millionen-Dollar-Kredit, der zum Bau einer Straße zwischen Erdenet und Bulgan-Aimag verwendet wird.

Im Dezember trat der neue Botschafter der Mongolei in der Bundesrepublik seinen Dienst an: D. Terbishdagva. Er war davor stellvertretender Minister für Landwirtschaft und Lebensmittel. Eine seiner ersten Amtshandlungen bestand aus einem Besuch des Metropolpalasts am Berliner Nollendorfplatz, wo die mongolische Popsängerin Sarantuya auftrat. Am vergangenen Samstag sangen dann ihre jungen Kolleginnen Serchmaa und Angirmaa im Berliner „Tränenpalast“ – im Rahmen einer mongolischen Silvesterparty. Es war ein gutes Jahr für die Mongolei. DONDOG BATJARGAL/
GHOSTDOG HÖGE