: Gesucht: Drahtzieher
Der Anschlag von Grosny fordert 52 Tote und 153 Verletzte. Ermitttler verfolgen „arabische Spur“
MOSKAU dpa ■ Nach dem bisher schwersten Bombenanschlag im Kaukasus mit 52 Toten und 153 Verletzten sucht der russische Sicherheitsapparat nach den Drahtziehern. Trotz verschiedener Nennungen möglicher Hintermänner der Selbstmordattentäter vom Freitag fanden die Ermittler zunächst keine verwertbare Spur. „Es gibt Unmengen von Hinweisen, aber dies wiederum behindert die Ermittlungen“, sagte der tschetschenische Regierungschef Michail Babitsch. Alle kursierenden Versionen seien „voreilige Schlüsse“.
Drei Selbstmordattentäter waren am Freitag mit einem Lastwagen und einem Geländewagen vor das schwer bewachte Gebäude der prorussischen Regierung in Grosny gefahren und hatten dort mehr als eine Tonne Dynamit in ihren Fahrzeugen gezündet. Die Fahrzeuge hatten Kennzeichen der russischen Armee, die Insassen trugen Armeeuniformen. Bei ihrer Fahrt in das Zentrum von Grosny hatten sich die Männer an mehreren Kontrollpunkten mit Papieren der russischen Streitkräfte ausgewiesen. Nach Angaben von Augenzeugen sollen die Attentäter „nicht wie Bewohner des Kaukasus“ ausgesehen haben, berichteten die russischen Agenturen.
Anhand der Aussagen der Augenzeugen verfolgten die Ermittler zunächst eine „arabische Spur“. Am Samstag nannte Oberst Ilja Schabalkin vom Stab der Kaukasustruppen den arabischen Söldner Abu Tarik, der am Tag vor dem Anschlag getötet worden war, als einen der möglichen Drahtzieher. Der von Moskau eingesetzte Verwaltungschef Achmed Kadyrow wiederum beschuldigte den im Untergrund lebenden tschetschenischen Präsidenten Aslan Maschadow, für das Blutbad verantwortlich zu sein: „Alle Schuld liegt bei Maschadow, aber wer diesen Anschlag nun konkret in Auftrag gegeben hat, werden die Ermittlungen zeigen.“
„Bisher wurde niemand festgenommen“, sagte am Sonntag Tschetscheniens amtierender Innenminister Achmed Dakajew der Agentur ITAR-TASS. Die Ermittler suchten weiter nach „den kleinsten Hinweisen“, die sie auf die Spur der Hintermänner des Anschlags bringen könnten.
Der Anschlag in Grosny erfolgte nur knapp zwei Monate nach der Geiselnahme in einem Moskauer Musicaltheater. Damals hatten tschetschenische Terroristen über 800 Besucher des Musicals „Nord-Ost“ als Geiseln genommen. Bei der gewaltsamen Befreiungsaktion starben 129 Geiseln durch das von der Polizei eingesetzte Gas, die 41 Terroristen wurden erschossen.
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