Arbeitsverhältnisse in der Textilbranche: Chinesische Bedingungen in Italien

Renate Künast sagt, die Bundesregierung tue nicht genug für internationale TextilarbeiterInnen. Sie arbeiten unter rechtswidrigen Bedingungen.

Frauen arbeiten an Nähmaschinen, umgeben von Textilbergen

Näherinnen in Fujian, China (Archivbild) Foto: dpa

Berlin taz | 200 bis 300 Euro verdienen sie im Monat für einen Vollzeitjob. Solche Bedingungen für Textilarbeiter findet man nicht nur in vielen asiatischen, sondern auch in manchen europäischen Fabriken. Nachdem sie Betriebe im italienischen Prato bei Florenz besucht hat, sagt Renate Künast (Grüne), die Vorsitzende des Verbraucherausschusses im Bundestag: „Soziale und ökologische Missstände in der Textilproduktion im europäischen Nachbarland Italien sind nicht akzeptabel und führen zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der EU.“

In Prato haben chinesische Unternehmer große Teile der Textilfertigung übernommen. Das verschafft der Stadt Wachstum und Einnahmen. Die Kehrseite: Zehntausende chinesische Arbeiter schuften dort unter Bedingungen, die europäischem Recht widersprechen. Sie stellen die Pronto Moda, die schnelle, billige Mode her, die auch in Onlineshops in Deutschland erhältlich ist. Künast wirft der Bundesregierung vor, sich weder für die schlechten Bedingungen in den chinesisch-italienischen Betrieben zu interessieren, noch etwas dagegen zu tun.

An die Regierung hat Künast eine entsprechende Anfrage geschickt. Die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium, Gabrie­le Lö­se­krug-Möller (SPD), antwortete: „Der Bundesregierung liegen keine eigenen Erkenntnisse darüber vor, inwiefern bei der Textilproduktion innerhalb Europas internationale Sozial- und Umweltstandards sowie Menschenrechte nicht eingehalten werden.“

Für Künast ist das ein Beleg, dass die Bemühungen der Regierung für bessere Arbeitsbedingungen in den weltweiten Textilfabriken zu kurz greifen. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat vor zwei Jahren ein Textilbündnis gegründet, dem mittlerweile über 180 Produktions- und Handelsfirmen sowie Institutionen angehören. Allerdings sind die Sozial- und Umweltstandards, die daraus entstehen sollen, nicht einklagbar. Außerdem gelten sie nicht für die gesamte Branche. Deshalb fordert Künast: „Die Bundesregierung sollte sich für einen verbindlichen Rechtsrahmen auf EU-Ebene einsetzen.“ Eine EU-Richtlinie müsse die Textilunternehmen in Europa verpflichten, ihre Produktions- und Lieferkette offenzulegen und nachzuweisen, dass sie akzeptable Standards einhalten.

Chinesische Arbeiter schuften in Prato unter miesen Bedingungen

Auf Anfrage der taz teilte das Entwicklungsministerium mit, dass man auch mit Italien zusammenarbeite, um die Bedingungen in der Textilproduktion zu verbessern. Die Mitgliedschaft im Textilbündnis sei zwar freiwillig, doch schaffe es „ein hohes Maß an Verbindlichkeit: Wer dabei ist, verpflichtet sich auf einen klar geregelten Maßnahmenplan zur Umsetzung der Bündnisstandards.“ Dieser Ansatz sei besser, weil es viel zu lange dauere, bis eine EU-Richtlinie in Kraft trete.

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