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■ QuerspalteArbeitslos und Spaß dabei

Heiter-melancholisch stimmen den Freiberufler die Nachrichten, die vom „Standort Deutschland“ herüberwehen. Die Herrschenden sind traurig: Zwei Drittel aller deutschen Manager sind „neurotisch gestört“, so der „Berufsverband Deutscher Psychologen“ auf einer Tagung, die sich den „seelischen Kosten des beruflichen Aufstiegs“ widmete. Das ist nicht so schön.

Denn bevor die „seelisch gestörten Chefs“ unter „massiven Einsamkeitsgefühlen“ und „Sinnverlust“ zusammenbrechen und das Unternehmen vom Kopf her zu stinken anfängt – weshalb einfachste Kommunikationen recht schwierig werden – und letztlich die schöne Chef-Karriere „scheitert“, müssen die geknechteten „Untergebenen“ unter den Chef- „Macken“ leiden. Deshalb haßt jeder Dritte seinen Chef, besagt eine weitere schlaue Untersuchung.

Um dem Übel zu begegnen und Betriebe „menschlich führen zu können“ – und um arbeitslosen Psychologen zu helfen –, „muß es mehr psychologische Betreuung geben“, fordert der Psychologenverband. Es gibt aber auch andere Möglichkeiten.

Viele Unternehmen schicken ihre traurigen Führungskräfte zu Meditationskursen in reizvoller Umgebung, manche Chefs helfen sich selbst, indem sie ihrer Enttäuschung durch das Betreiben von Extremsportarten begegnen. Das hat auch den Vorteil, daß viele dabei umkommen.

Ein mittelständisches Verlagsunternehmen aus Berlin begegnet dem Übel mit Zahlenmystik: Eingedenk dessen, daß nur jeder dritte Chef nicht neurotisch ist, stellte man gleich drei ein. Der Erfolg ist allerdings ungewiß, denn die Statistiken widersprechen einander. Die Zeitung Managementwissen spricht von 90 Prozent neurotischer Chefs.

Da es auch den Arbeitsplatzbesitzern nicht so gut geht – „weil sie zuviel arbeiten ... gehen Partnerschaften, Familien und Freundschaften kaputt“ –, möchte man allen ein fröhliches „Arbeitslos und Spaß dabei!“ zurufen. Detlef Kuhlbrodt

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