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Arbeitsbedingungen bei Energie-Start-upHeftige Vorwürfe gegen Solarunternehmen Enpal

Ein Magazinbericht kritisiert den Umgang mit Mitarbeitern und spricht von „moderner Sklaverei“. Das Unternehmen weist alle Anschuldigungen zurück.

Enpal-Gründer Mario Kohle in der Firmenzentrale in Berlin, November 2022 Foto: Johannes Arlt/laif
Bernward Janzing

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Bernward Janzing aus Freiburg Im Breisgau

taz | Das Solarunternehmen Enpal hat angekündigt, juristisch gegen die Zeitschrift Manager Magazin vorzugehen, die in ihrer aktuellen Ausgabe massive Vorwürfe gegen den Marktführer unter den deutschen Solarinstallateuren erhebt. Die Zeitschrift zitiert Kritiker, die von „moderner Sklaverei“ und „lebensgefährlichen“ Zuständen bei Enpal sprechen. In einer öffentlichen Stellungnahme und auch gegenüber der taz bezeichnet das Unternehmen „zahlreiche der Darstellungen“ als „sachlich falsch oder stark verzerrt“.

Das 2017 gegründete Unternehmen mit heute mehr als 1.000 Mitarbeitern, das zudem mit Subunternehmern arbeitet, verkauft vor allem Photovoltaikanlagen und Wärmepumpen, zum Teil auch auf Basis von Leasing-Modellen. In der Vergangenheit kritisierten Kunden und Medien immer wieder, das Unternehmen lege eine aggressive Vertriebspraxis an den Tag.

Das Manager Magazin prangert nun vor allem die Arbeitsbedingungen an. Beteiligte sprächen von „massiver Ausbeutung“ der Mitarbeiter, es werde Druck „besonders auf wehrlose Angestellte aus Südamerika oder Osteuropa aufgebaut“. 70 Prozent der Monteure haben offenbar einen Migrationshintergrund, was Enpal-Gründer Mario Kohle, so die Zeitschrift, „als edle Tat verstanden wissen“ wolle. Die Firma hält den Vorwürfen entgegen: „Elektriker erhalten ein mehr als branchendurchschnittliches Gehalt.“

Ein weiterer Vorwurf bezieht sich auf eine Klausel in Arbeitsverträgen, wonach eine Rückzahlung von bis zu knapp 10.000 Euro fällig würde, sollte ein Elektriker vorzeitig den Arbeitsvertrag kündigen. Das Unternehmen räumt auf Anfrage ein, dass es eine solche Klausel tatsächlich einst gab, doch heute gebe es sie auch in Altverträgen nicht mehr. Man habe sie ohnehin nie angewandt. Arbeitsrechtlich sei die anteilige Rückforderung von Ausbildungskosten bei nur kurzer Betriebszugehörigkeit durchaus zulässig und nicht unüblich, so die Firma.

Lange Liste mit Vorwürfen

Die Zeitschrift schreibt weiter, dass nicht nur die Sicherheit der Installateure auf der Baustelle missachtet werde, es gebe auch Indizien für „grundlegende Verletzungen der Sicherheits- und Brandschutzvorschriften für Elektroinstallationen“. Enpal sagt dazu, es würden alle Teams „regelmäßig durch Schulungen und verbindliche Arbeitsanweisungen über die geltenden Sicherheitsvorschriften informiert“.

Die Liste der Vorwürfe des Magazins gegen Enpal ist lang. Ehemalige Führungskräfte hätten berichtet, dass firmenintern darauf gedrängt worden sei, Monteure „auszusieben“, die auf ihre Rechte beim Arbeitsschutz pochten. Das Unternehmen weist auch das vehement zurück: Das Gegenteil sei der Fall, man vermittle den Mitarbeitern aktiv das Thema Arbeitssicherheit: „Unser System für unseren Arbeitsschutz ist führend.“

So stehen nun vielfach Aussage gegen Aussage. Unstrittig immerhin ist, dass das Unternehmen, das sich noch immer als Start-up sieht, auch 2024 wieder Verluste machte. Der Umsatz schrumpfte im vergangenen Jahr auf 860 Millionen Euro nach 905 Millionen Euro im Vorjahr. Start-ups bräuchten eben oft lange, bis sie in die Gewinnzone kommen, heißt es im Unternehmen.

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