: Arbeitnehmer in der Defensive
■ betr.: "In der Wagenburg", Kommentar von Erwin Single, taz vom 27.4.92
betr.: „In der Wagenburg“, Kommentar von Erwin Single,
taz vom 27.4.92
Kaum jemand wird leugnen wollen, daß es in unseren Gewerkschaften konservative Strukturen und Haltungen gibt, daß individueller und kollektiver Bewußtseinsstand nicht immer auf der Höhe der sich hier und heute stellenden Probleme ist. Aber: Wer behauptet, die „programmatische Modernisierungsdebatte“ in den Gewerkschaften sei „so gut wie zum Erliegen“ gekommen, der kennt offensichtlich nicht die intensive gewerkschaftliche Programmarbeit, ja der hat nicht einmal öffentliche Äußerungen von Gewerkschaftsseite zum Thema „Umbau der Industriegesellschaft“ (siehe das große Steinkühler-Interview in der 'Zeit‘) zur Kenntnis genommen.
Und was soll die billige Polemik —die gleich zweifach wiederholt wird!— von der sich in den Gewerkschaften breitmachenden „Wagenburg“-Mentalität? Kaum angemessen scheint es mir, hier um ihre Rechte kämpfende Arbeiter mit südafrikanischen Faschisten gleichzusetzen. Der jetzige Lohnkampf ist nur einer von vielen vor ihm, die die Arbeitnehmer-Seite —zwangsläufig!— aus der Defensive starten muß, denn in der befinden sich Arbeiter im Kapitalismus nun einmal. Muß man/frau denn einen Schreiber der taz wirklich daran erinnern, daß der „alte Antagonismus von Kapital und Arbeit“ zwar wirklich alt, aber deswegen noch längst nicht obsolet ist? Daß in diesem Land gewaltige Reichtümer erwirtschaftet werden, die denen, die sie hervorbringen, mal wieder immer mehr vorenthalten werden? Wir werden die Diskussion um die Gestaltung einer besseren Welt nicht wirksam führen können, wenn wir die Frage nach der Distribution der Reichtümer (und ihrer Produktion!) ausklammern! Eugen Siepmann, Essen
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