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Arbeiten gegen AltersarmutHausfrauen leben gefährlich

Viel mehr ältere Frauen als früher arbeiten heute in Vollzeitjobs. Das ist gut für ihre Rente, denn wer sich nur auf den Ehemann verlässt, geht ein hohes Risiko ein.

Längst nicht mehr so abgesichert wie gedacht: Das Leben als Hausfrau. Bild: dpa

BERLIN taz | Immer mehr ältere Frauen sind erwerbstätig. So besagt es eine Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Vor über zehn Jahren arbeiteten rund 150.000 über 60-jährige Frauen, jetzt sind es rund 514.000. Wie kommt das?

"Die Frauen müssen arbeiten, weil sie sonst in der Altersarmut landen", sagt Barbara Riedmüller. Die Soziologin und Professorin für Politikwissenschaft an der Freien Universität in Berlin sitzt für die Deutsche Rentenversicherung gerade an einer Studie über die Alterssicherung von Frauen. Die Expertise soll im Februar vorgestellt werden.

Darin macht Riedmüller eine Trendwende aus: Frauen ab dem Geburtsjahr 1964 ("Babyboomer") arbeiten heute mehr Vollzeit als frühere Generationen. 21 Prozent der Frauen mittleren Alters sind Vollzeit erwerbstätig, 20 Prozent Teilzeit. Riedmüller: "An dieser Stelle macht sich unter anderem die Kinderlosigkeit bemerkbar." Und: Die Debatte über die Erwerbstätigkeit von Frauen fruchte "ein wenig", sei aber weiter "eher schleppend".

Und wie wirkt sich der neue Trend aus auf die Rente der Vollzeitjobberinnen, die zudem bis 67 arbeiten müssen? Das könne die Soziologin noch nicht genau sagen: "Die Frauen müssen ja noch 20 Jahre arbeiten." Fakt aber sei: "Ihre Rente wird besser sein als die von Frauen, die mit 60 in Pension gingen."

Hohes Armutsrisiko für Westfrauen

Trotzdem hält sich ein Phänomen hartnäckig: Der "Typus familienorientiert", also jene Frauen, die wegen der Kinder und für den Ehemann zeitweise oder ganz aus dem Beruf aussteigen, findet sich hauptsächlich im Westen der Republik. Im Osten sind es lediglich 4 Prozent. Die Teilzeitstellen im Westen sind auch häufig geringfügige oder Minijobs. Für die Renten der Westfrauen werde das dramatisch sein, sagt Riedmüller: "Die werden erschreckend gering sein, die Frauen haben ein hohes Armutsrisiko, insbesondere nach einer Scheidung."

Seit der Reform des Unterhaltsrechts 2008 haben beide Expartner nach einer Scheidung eine verstärkte Erwerbsobliegenheit. Frauen können also nicht mehr wie in der Vergangenheit in jedem Fall auf einen Trennungsunterhalt durch ihren früheren Ehemann pochen. Das Kuriose sei, "dass viele Westfrauen immer noch daran glauben, dass Familie sicher ist".

Witwenrente? "Auch die reicht längst nicht mehr", sagt Riedmüller: "Das wissen viele Frauen nur nicht." Manche wollten es auch gar nicht wissen - wegen ihres "hartnäckigen Glaubens an die Familie".

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12 Kommentare

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  • S
    schneider

    Hier sind wir gefordert, jetzt schon gegen diese Art der Alterarmut gegenzusteuern.

     

    Wolfgang Schneider

     

    die-senioren.de

  • AM
    arme Mama

    Wenn ich als Arzthelferin 45 Jahre ohne Unterbrechung vollzeit arbeite und dabei nach Tarif Bezahlt werde, kann ich mich wegen der familienfeindlichen Arbeitszeiten (geteilter Dienst, von 6.30 -19.30 außer Haus etc.) nicht um meine Kinder kümmern und gehe am Ende trotzdem mit Sozialhilfe, jetzt ja großspurig grundsicherung genannt, nach Hause. Da ist es doch sinnvoller die eigenen Kinder bei Krankheit zuhause im Bett bleiben zu lassen und sie ordentlich zu erziehen- was eben nicht zwischen Tür und Angel möglich ist, sondern Kraft und Zeit kostet. Finanziell gesehen macht es keinen Unterschied, nur daß ich mich permanent als "Sozialschmarotzerin" diffamieren lassen muß, die sich auf Kosten der armen Steuerzahler einen Lenz macht, und sich partout nicht emanzipieren lassen will, das tut schon weh.

  • K
    Katrin

    Find ich ein schwieriges Thema,

     

    ich persönlich bin in Leipzig aufgewachsen und lebe auch noch hier. Ich habe bisher glücklicherweise noch keine Frau kennengelernt, die es nicht geschafft hat Beruf und Familie zu vereinbaren. Allem voran meine Mutter. Sie hat zwei Kinder. Bei meiner Schwester war sie ganze Wochen zu Hause und ist dann wieder voll arbeiten gegangen und bei mir ein Jahr und danach auch gleich wieder Vollzeit. Aber das hat auch alles geklappt und meine Ma ist keineswegs eine Rabenmutter. Aber ich denke, dass liegt hier auch v.a. an den guten Betreuungsbedingungen und den zum großen Teil familienfreundlichen Arbeitgebern.

     

    Ich persönlich bin allerdings erst 25 und habe selbst erst noch dieses Problem vor mir. Auch wenn es noch eine Weile dauern wird, da ich noch mitten im Studium stecke. Jedoch habe ich wirklich Angst davor, als Frau nicht ganz ernst genommen zu werden, wenn ich nach meinem Studium auf Jobsuche gehe. Ich habe Angst, dass ich gleich abgestempelt werde, von wegen die wird doch eh bald Kinder bekommen und dann aus dem Beruf scheiden.

     

    Ich denke, dass A und O ist auch, dass man einen Partner an der Seite hat, der einem einen Teil der Arbeit abnimmt. Und ich denke der moderne Mann wird nicht darauf bestehen, dass die Frau alles alleine schultert. Bei Arbeitsteilung sollte alles kein Problem sein. Natürlich spielt auch eine Funke Glück mit rein, dass man einen AG hat, der einem es nicht übel nimmt, mal für ein paar Monate auszuscheiden.

     

    Trotzdem habe ich doch ein wenig Angst vor der Zukunft und wie es mit Kindern sein wird. Aber an dem Wunsch einmal welche zu haben ändert das bei mir natürlich nichts.

  • A
    anton

    Wegen der Rente arbeiten zu gehen ist Blödsinn. Zum einen muss man relativ lange recht gut verdienen (und einzahlen), um sich eine Rente über Hartz IV-Niveau zu erarbeiten. Zum anderen ist die (jährlich prognostizierte - und stetig abnehmende) Rente selbst nach 45 Jahren Einzahlung (bei den Babyboomern) so niedrig, dass man weiterhin einem Job nachgehen muss, um zu überleben.

    Sich in diesem Gesellschaftssystem auch noch mit kostspieligen Kindern zu belasten kann, entgegen den politischen Äußerungen, nicht gewollt sein.

  • A
    alex

    Wäre alles kein Problem, wenn man den Frauen wirkliche Wahlfeiheit ließe:

    - Erziehungsarbeit anerkennen und voll auf die Rente anrechnen

    - Erziehungsarbeitende Elternteile nicht länger dikriminieren, indem nur Erwerbstätige Eltern subventioniert werden, sprich ihnen das gleiche Geld zukommen lassen, das für Kitaplätze bereitgestellt wird.

    Das würde wirkliche Wahlfreiheit herstellen und die angeblich emanzipatorische Bevormundung benden. Außerdem hätte es den positiven Effekt, dass in den klassischen Frauenberufen endlich höhere Löhne gezahlt werden müssten.

    Ist aber nicht gewollt- aus ideologischen, Volkspädagogischen Gründen wie der Artikel zeigt, und weil's das Kapital so will.

  • H
    Helen

    Wenn man keine Oma vor Ort hat, ist es fast nicht möglich, arbeiten zu gehen, da man vor allem hier auf dem Land keinen findet, der Kinder im Krankheitsfall betreut - und das ist ziemlich oft in den ersten Jahren.

    Wenn man also deswegen den Job kündigen muss und nach ein paar Jahren keinen mehr bekommt, weil kaum einer eine Mutter einstellt, wird man als arbeitsfaul hingestellt.

     

    Kündigt man den Job nicht und schickt die Kinder krank in die KiTa/KiGa bzw. die Schulkindbetreuung (falls die es überhaupt annehmen) ist man eine Rabenmutter. Oder man ist aufgrund der vielen Fehltage den Job los. Klar kündigen die einem nicht wegen der Krankheiten des Kindes, aber sie finden immer einen Weg. Dann wird man noch mit niedrigen Renten bestraft, dass man die Rentenzahler von morgen großzieht.

    In Schweden etwa sieht die Betreuungssituation anders aus. Bereits Kindergärten haben dort eine Krankenstation. In dieser Hinsicht sind wir noch ein Entwicklungsland und die Mütter, aber auch die sich abrackernden Familienväter, müssen das ausbaden.

     

    Die einzige wirkliche Möglichkeit für Frauen ohne Oma bzw. andere Verwandte für den Notfall (die werden immer weniger, weil sie selbst für ihre Rente arbeiten), der Altersarmut zu entkommen, ist, gar keine Kinder zu bekommen.

    Kein Wunder, dass die Geburtenrate hier niedriger ist als im europäischen Ausland.

  • K
    Kai

    Frauen die geschieden sind haben ein erhötes Armutsrisiko im Alter. Das ist sicherlich richtig, aber auch der MAnn, der einen Teil seiner Rente an die Ex überweisen darf hat dieses Risiko, besonders wenn er ein Geringverdiener ist. Aber auch für Männer mit mittleren Einkoommen sieht dies nicht besser aus.

     

    Das die Frauen für ihre Männer zu hause bleiben halte ich übrigens für ein Gerücht! Die Männergeneration heute ist soweit emanzipiert dass sie gerne Unterstützung bei der Familienversorgung hätten. Doch viele Frauen sind leider noch nicht so weit, dann kommen die Argumente, ich kann keine 8 Stunden ohne MEIN Kind sind. Ich habe ein Kind bekommen damit ICH mich darum kümmeren kann etc. Das der MAnn dies ebenfalls nicht kann, da er von der Frau in die Ernährerrolle gedrängt wird, ist diesen Müttern egal.

  • W
    W.W,

    Altersarmut bei Frauen und generell gibt es nur, weil es politisch so gewollt ist. In den Niederlanden haben die meisten Bürger keine Angst vor Altersarmut. Warum nicht? Na weil die Rente dort armutsfest ist und jeder weiß was genau er zu erwarten hat, egal ob man Teilzeit arbeitet oder Vollzeit. Man muss sich lösen vom dem Bild, dass nur Vollzeitarbeit erstrebenswert ist. Wir leben in Zeiten, wo es nicht mehr jedem möglich ist, eine sicherer Vollzeitbeschäftigung zu erhalten - also kann das Rentensystem nicht allein auf Vollzeittätigkeit fixiert sein. Die Grundrente in DE ist viel zu niedrig! Teilzeitarbeit und Niedriglöhner müssen höhere Renten erhalten! Es gab früher mal die Regel, dass Niedriglöhner bis zu 70 % des letzten Gehaltes erhalten - in der Schweiz und in anderen Ländern erhalten diese bis zu 80% des Gehalts. Altersarmut gibt es nur, weil es politisch so gewollt ist! Man hat ja die höheren Rentenansprüche für Niedriglöhner abgeschafft und den Niedriglohnsektor ausgebaut - politisch ist in DE Altersarmut der Bürger gewollt!

  • A
    Alekto

    "Manche wollten es auch gar nicht wissen - wegen ihres "hartnäckigen Glaubens an die Familie"."

     

    ach nee, überraschung. hat man den frauen ja auch jahrhundertelang eingetrichtert, daß sie nichts sind, wenn sie nicht (super)mutti sind. und es war ja auch ewig lange das einzige, was man ihnen ließ.

     

    und auch heute heißts ja noch "die bösen akademikerinnen sind schuld, daß dland ausstirbt!" - also raus ausm job und kinder produzieren! und auch daheim bleiben und drum kümmern (sonst ist man ja ne rabenmutter), den mann für die kohle allein buckeln lassen und im alter dann nix mehr haben - so will's der staat doch!!! das erzählt man den frauen doch andauernd! und dann wundern sie sich, daß manche frauen den bullshit glauben, den man ihnen ein leben lang eintrichtert.

    ja, und auch voll komisch, daß so ein veraltetes und ungerechtes Familienmodell mit der realität kollidiert, hah!

    zeugungs- und gebärstreik scheint die einzige lösung, wenn man selbser nicht im alter als der depp dastehen will. na, dann stirbt deutschland halt aus, so what? ein staat, der einen immer die arschkarte ziehen läßt, weshalb sollten die geschädigten den auch noch künstlich am leben halten?

    weshalb nachwuchs zeugen, wenn ich weiß, daß mein eigen fleisch und blut dann in denselben miesen bedingungen leben müßte? das widerspricht doch jeglicher logik!!!!

  • F
    Frauenheld

    es ist noch viel schlimmer: frauen leben generell gefährlich, selbst wenn sie immer vollzeit durcharbeiten könnten (gibt es solche jobs heutzutage noch?) würden sie schlechter bezahlt und arm im alter sein, da ist es vllt gar nicht so blöd auf familie und auf die spätere hilfe durch die kinder zu setzen und sich nicht ein leben lang abzurackern fürn appel und n ei

  • I
    Ingo

    "Kinder leben gefährlich!

     

    Weil das Familieneinkommen der meisten Familien nicht mehr

    reicht arbeiten immer mehr Kinder und Jugendliche zwischen

    10 und 15 Jahren außerhalb der Schule.

     

    Wer nicht arbeitet läuft Gefahr nicht genug essen zu können.

    "

    Genauso tolle Aufmache.

  • M
    MeinName

    Darf man dem Kommentar "Die Frauen müssen arbeiten, weil sie sonst in der Altersarmut landen" entnehmen, dass die meisten Frauen gar nicht arbeiten wollen und eigentlich lieber zu Hause versauern möchten? Arbeiten Frauen nur, um später der Altersarmut zu entkommen?