■ Utopie: Arbeit für alle
Es ist absurd: Niemals zuvor waren in der Menschheitsgeschichte so wenige Arbeitskräfte nötig, um die für die Weltbevölkerung notwendigen Produkte und Dienstleistungen zu erbringen. Und trotzdem führt das globale Wettrennen nicht zu menschlicheren Lebensbedingungen, sondern zu Massenarbeitslosigkeit und sozialen Spannungen weltweit. Der US-Journalist Jeremy Rifkin analysiert in seinem jetzt auf deutsch erschienenen Werk „Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft“ neue Möglichkeiten, wie die „Dritte Industrielle Revolution“ doch noch einen guten Ausgang nehmen könnte. Die Automation sei nicht mehr aufzuhalten, ist Rifkin überzeugt. Aber durch vernünftiges Gegensteuern könnten die Länder die Aufspaltung der Gesellschaft verhindern. In seiner Utopie entwirft Rifkin einen „neuen Gesellschaftsvertrag“. Zu diesem gehören kürzere Arbeitszeiten. Dann plädiert Rifkin für die „negative Einkommenssteuer“ im Sinne Milton Friedmans. Dadurch werden Niedriglöhne subventioniert. Vor allem aber will Rifkin den „Dritten Sektor“, also die gemeinnützige Arbeit im allgemeinen Sinne, global ausbauen. Die Mitarbeit in diesem Sektor müsse honoriert werden, so daß tätige „Arbeitslose“ in diesem Bereich ein „Sozialeinkommen“ erhalten. Der Dritte Sektor solle eine ähnliche Abstufung nach Qualifikation und Einkommen einführen wie die Wirtschaft. Durch die (immer nur freiwillige!) Tätigkeit im gemeinnützigen Sektor könnte „das Ende der Arbeit“ dann doch in eine Zukunft münden: „Zu einer Wiedergeburt unserer Menschlichkeit“. Davon ist im Moment allerdings nichts zu merken. Hat die Zeit also Rifkins Utopie überholt, oder ist die Zeit noch nicht reif dafür? Das ist die Frage.
Jeremy Rifkin: „Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft“. Nachw. v. Martin Kempe. Campus Vlg., 1995, 239 S., 34 DM
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