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Arabische Liga gegen Libyen-Boykott

■ Tripolis zu Auslieferung der angeblichen Lockerbie-Attentäter an Internationalen Gerichtshof bereit

Kairo (dpa/ap) — Einstimmig erklärten gestern die Außenminister der Staaten der Arabischen Liga ihre Ablehnung eines internationalen Waffen- und Luftfahrtboykotts gegen Libyen. In einem von Tripolis eingebrachten Resolutionsentwurf wird die UNO aufgerufen, den Konflikt bei einer Sitzung „durch Vermittlung zu lösen“. Der UN-Sicherheitsrat will heute weiter über ein Embargo gegen Libyen beraten, das die USA, Großbritannien und Frankreich durchsetzen wollen. Durch den Boykott soll das Land gezwungen werden, zwei als Terroristen verdächtige Sicherheitsbeamte auszuliefern. Die Beschuldigten sollen für die Abstürze von zwei Verkehrsflugzeugen — 1988 über dem schottischen Lockerbie und ein Jahr später über Niger — verantwortlich sein, bei denen insgesamt 441 Menschen starben.

In dem Resolutionsentwurf werden die arabischen Staaten aufgerufen, Libyen bei der Bewältigung der Folgen eines Boykotts zu helfen. Die Außenminister diskutierten auch den Vorschlag, die Beschuldigten in einem nordafrikanischen Land vor Gericht zu stellen.

Tripolis hat unter Berufung auf internationales Recht die Forderung Washingtons, Londons und Paris zurückgewiesen, libysche Staatsbürger auszuliefern. Gleichzeitig wurde aber angeboten, die Beschuldigten dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag zu überstellen. Der Weltgerichtshof wird sich am Donnerstag mit der Angelegenheit beschäftigen.

Die Regierungen der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Deutschlands, Italiens und der Philippinen haben ihre Staatsbürger, die sich in Libyen aufhalten, zum Verlassen des Landes aufgefordert. In Italien wurden die Sicherheitskräfte an den Flughäfen verstärkt, da man mit Terroranschlägen rechnete.

Unterdessen bemühen sich Ägypten und die nordafrikanischen Maghrebstaaten, die als Folge des Boykotts zunehmende Instabilitäten in der Region fürchten, um Vermittlung. Ägypten hat den Weltsicherheitsrat aufgefordert, eine Boykottentscheidung wenigstens zu verschieben. Vor allem Marokko, das als einziges arabisches Land zur Zeit einen Sitz im Weltsicherheitsrat hat, versucht eine Einigung zu erreichen.

Die Londoner Zeitung 'The Guardian‘ berichtete am Wochenende unter Berufung auf afrikanische Diplomaten, die Anzeichen mehrten sich, daß Tripolis die beiden Libyer an UN-Generalsekretär Butros Ghali überstelllen wolle. Dagegen nahm Adallah Senoussi, Schwiegersohn von Revolutionsführer Muammar el- Gaddafi — den Paris des Anschlags auf die französische Maschine beschuldigt — seine Ankündigung zurück, er werde sich in Frankreich vernehmen lassen. Sein Anwalt habe ihm abgeraten, da ihm Paris kein freies Geleit zusichern wolle, ließ er verlauten.

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