: Aprilscherz?
■ betr.: „Karadžić muß verhaftet werden“, taz vom 1. 4. 96
Unter obiger Überschrift konnte man lesen, daß „nach allen bisherigen Kriegen in der Geschichte der Menschheit allein die Sieger Recht gesprochen“ haben und den Verlierern nur übrigblieb, „sich vorerst zu fügen. Der nächste Krieg war dann schon programmiert.“
Da Erich Rathfelder hier von allen Kriegen spricht, muß dem widersprochen werden, denn dieses impliziert die Geschichte der letzten beiden Kriege mit deutscher Beteiligung, der beiden Weltkriege. Diese aber sollte er zumindest am Rande registriert haben. Ein kurzer Rückblick macht deutlich: Hat er nicht.
Nach Rathfelders Überzeugung war der Zweite Weltkrieg durch die Rechtsprecher der Sieger nach dem Ersten Weltkrieg – wie sagt er? – „schon programmiert“. Das verschafft der publizistischen Linie eines Mannes namens Hugenberg späte Ehren, der mit genau dieser in seinen Dutzenden von Zeitungen verbreiteten Hetze Hitlers Siegeszug vorbereitete.
Rathfelders Logik dann auf das Ende des Zweiten Weltkriegs angewandt, kann nur bedeuten, daß auch hier von „Siegern Recht gesprochen“ wurde, mit der Folge, daß die Verlierer „wegen ihrer Untaten streng bestraft wurden. Über die eigenen Verbrechen sprachen die Sieger in der Regel nicht. Oder verklärten sie zu Heldentaten. Den Verlierern blieb nur übrig, sich vorerst zu fügen“, so der Korrespondent.
Bekanntlich sind die Zeiten des deutschen Sichfügens vorbei, und Deutschland hat sich – wie es schon lange programmiert war? – kriegsverwendungsfähig zurückgemeldet. Wo? Im Reisegebiet des Erich Rathfelder. Irgendwie ahnte ich schon länger, daß historische Kenntnisse beim Verfassen deutschnationaler Propaganda eher stören. Uwe Soukup, Berlin
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