Apple öffnet das iPhone: Schluss mit dem Gehacke!
Nach lautstarker Kritik hat Apple angekündigt, das iPhone auch für Software Dritter zugänglich zu machen. Die Fangemeinde jubelt - auch wenn sie sich noch gedulden muss.
Lange Zeit sah es danach aus, als würde der Computer- und Unterhaltungselektronikkonzern Apple sein viel gehyptes iPhone für sich behalten wollen. Es war allein auf Programme beschränkt, die das Unternehmen selbst schreibt oder von ausgewählten Partnern einkaufte. Dritte konnten keine Software für das Mobiltelefon verkaufen. Kein Problem, verkündete Apple bei der Vorstellung seines "Wunderhandys": Der Rest der Welt könne ja einfach Web-Anwendungen schreiben - also Software, die im Browser des Handys läuft. Das Problem dabei war nur, dass die hochgelobten Funktionen des Gerätes so nur sehr eingeschränkt ausgenutzt werden konnten.
Diese Abschottung hatte in den vergangenen Monaten bei den sonst so loyalen Apple-Jüngern für viel Missmut gesorgt. Nun reagierte Steve Jobs: Der Apple-Chef verkündete am Mittwoch auf der Homepage des Unternehmens, man werde nun doch eine Öffnung des Gerätes herbeiführen: "Ja, wir wollen native Anwendungen von Dritten auf dem iPhone." Dazu werde es bald eine Programmierschnittstelle, ein so genanntes "Software Development Kit" (SDK) geben. Man freue sich bereits darauf, eine große Gemeinschaft an Entwicklern zu integrieren und "Hunderte neue Anwendungen für unsere Nutzer" bereitstellen zu können.
Bislang konnten eigene Programme auf dem iPhone nur dann angewendet werden, wenn man das Gerät zuvor mit Hacksoftware aus dem Internet dafür vorbereitete - ein Vorgehen, das Apple offiziell zurückwies und bei Problemen mehrfach sogar mit Garantieverlust abstrafte. Zudem pflegte der Konzern ein Katz und Maus-Spiel mit der Entwicklergemeinschaft: Apple veränderte die Software des iPhone mit Aktualisierungen, um den Hackern ein Schnippchen zu schlagen - doch die brauchen dann wiederum nur wenige Wochen, um auch die neue Version zu knacken.
Außerdem hatte sich trotz des offiziellen Verbots für fremd-programmierte iPhone-Anwendungen eine stetig wachsende Entwicklerszene gebildet. Über Hundert Programmtitel vom Spiel bis hin zur Rechnerfernsteuerung werden inzwischen angeboten - allesamt nur mit Hacks nutzbar. Mit Apples Kehrtwende könnten all diese Angebote nun legal werden.
Die iPhone-Programmierer reagierten mit Freude auf die Ankündigung. In Blogs und Foren hieß es allerdings auch, es sei bemerkenswert, wie lange Apple gebraucht habe, sich zu dieser offiziellen Stellungnahme zum Thema durchzuringen. Der Konzern hatte eine Programmierschnittstelle zuvor zwar nicht ausgeschlossen, sie allerdings auch nie bestätigt und die Szene damit "hängen lassen", wie es hieß.
Bis die ersten offiziellen iPhone-Anwendungen von Drittherstellern auf den Markt kommen, muss sich die Nutzergemeinschaft allerdings noch einige Zeit gedulden. Laut Jobs wird das SDK im Februar veröffentlicht- einen Monat nach dem Branchentreffen Macworld in San Francisco. Die Begründung dafür klingt zunächst logisch. Apple, so heißt es aus der Firmenzentrale, benötige Zeit, um zwei "sich diametral widersprechende Dinge" zu erreichen: einerseits eine fortschrittliche und offene Entwicklerplattform zu installieren, diese aber gleichzeitig auch vor Sicherheitsproblemen wie Viren und Angriffen auf die Privatsphäre zu schützen. Jobs warnte vor Handy-Schädlingen, die sich durch das ganze Netz verbreiten könnten. Da das iPhone das "fortschrittlichste Telefon aller Zeiten" sei, werde es auch zu einem Hauptziel von Angriffen.
Doch das, so vermuten Branchenbeobachter, ist nicht die ganze Wahrheit. Sie vermuten hinter der Verzögerung noch einen weiteren Grund. Die IT-Autorin Erica Sadun, iPhone-Expertin und Programmiererin der ersten Stunde, sagte vor wenigen Wochen, sie erwarte, Apple werde künftig auch Software wie jetzt schon Musik und Videos über seinen Online-Laden iTunes verkaufen - und dabei jeweils eine Provision kassieren, den Markt also monopolisieren. Auch eine solche Verkaufsplattform muss sicher sein - und braucht im Aufbau ihre Zeit.
Völlig unklar ist außerdem noch, wie offen die iPhone-Programmierplattform tatsächlich wird - und ob wirklich jeder Programmierer, groß und klein, mitarbeiten darf. Hierzu äußerte sich Jobs noch nicht.
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