: Appelle an Teheran
AUS BERLIN JENS KÖNIG
Im Streit um das iranische Atomprogramm ist weiter keine Lösung in Sicht. Unbeeindruckt vom Ablauf einer Frist des UN-Sicherheitsrats hat der Iran gestern die Fortsetzung seines Programms zur Urananreicherung angekündigt. „Wir werden unsere Arbeiten fortsetzen, um unser Recht auf Atomtechnologie in der kürzestmöglichen Zeit zu verwirklichen“, sagte Präsident Mahmud Ahmadinedschad in der nordiranischen Stadt Siahkal. Die iranische Nachrichtenagentur Irna zitierte Ahmadinedschad mit den gewohnt blumigen Worten: „Heute werden die Gegner des iranischen Atomprogramms – so Gott will – mit dem Versuch scheitern, sich uns in den Weg zu stellen.“ Sein Land werde „nicht einen Deut zurückweichen“.
Der iranische Präsident bezeichnete die Atomtechnologie als „sehr wichtig für die Entwicklung und die Ehre“ seines Landes. „Sie ist es wert, andere Aktivitäten für zehn Jahre zu stoppen und sich ausschließlich auf die Atomfrage zu konzentrieren.“ Der iranische Chefunterhändler Ali Laridschani hatte am Vorabend in Wien den vom UN-Sicherheitsrat verlangten Stopp der Urananreicherung als Vorbedingung für neue Verhandlungen mit dem Westen erneut abgelehnt. Zugleich bot er nach einem Treffen mit dem Chef der internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) jedoch Garantien für die friedliche Nutzung des iranischen Nuklearprogramms an. Man könne alle Fragen „am Verhandlungstisch lösen“.
Einige der wichtigsten „Gegner“ des iranischen Atomprogramms, die Präsident Ahmadinedschad scheitern sieht, hatten sich nicht ganz zufällig am gleichen Tag zu einem Treffen des Nahost-Quartetts in Berlin zusammengefunden. Das Gremium aus EU, UN, USA und Russland diskutierte am Mittwochabend vor allem Lösungsansätze für den Dauerkonflikt zwischen Israel und den Palästinensern. Bei zwei bilateralen Treffen zuvor zwischen Außenminister Frank-Walter Steinmeier und dem neuen UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sowie US-Außenministerin Condoleezza Rice stand allerdings auch das iranische Atomprogramm auf der Agenda.
Anschließend sendeten alle drei Politiker, wenn auch diplomatisch höflich verpackt, deutliche Worte Richtung Teheran. Steinmeier sah in den aktuellen Äußerungen der iranischen Führung keine Basis für neue Verhandlungen. „Vielfältig interpretierbare öffentliche Erklärungen“ reichten dafür nicht aus. Für eine Rückkehr an den Verhandlungstisch seien „belastbare Signale des Entgegenkommens“ nötig. Er gebe die Hoffnung nicht auf, sagte Steinmeier. „Aber dazu bedarf es auch der Entscheidungen in Teheran selbst.“
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon appellierte ebenfalls an den Iran, die Forderungen der internationalen Gemeinschaft zu erfüllen. Teheran müsse sich an die UN-Resolution 1737 vom 23. Dezember 2006 halten. Darin war der Iran aufgefordert worden, die auch für den Bau von Atombomben notwendige Urananreicherung zu stoppen. Zudem waren Sanktionen gegen das Land verhängt worden. Am Mittwoch lief die 60-Tage-Frist des Sicherheitsrates ab.
Die amerikanische Außenministerin bedauerte die ablehnende iranische Haltung. Rice betonte, es wäre das Beste, wenn der Iran seine Urananreicherung unterbrechen oder stoppen würde. Dann sei sie sofort bereit, ihren iranischen Amtskollegen zu treffen – „wo immer er will“. Das erklärte die Außenministerin auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sie am Mittwochnachmittag ebenfalls traf.
Rice stellte in Berlin einen aufschlussreichen Zusammenhang her. Der von den USA in Polen und Tschechien geplante Raketenschild solle auch einer Bedrohung durch den Iran entgegenwirken, sagte sie. „Wir haben es mit einer wachsenden Raketengefahr durch den Iran zu tun. Damit müssen wir zurechtkommen.“