Anwohner fürchten rechte-Szene-Residenz: Thor-Steinar-Chef kauft Prachtvilla
Wohnhaus oder NPD-Heim? Der Modemacher von Thor-Steinar baut sich eine imposante Villa - und die Anwohner haben Angst vor unerwünschten Gästen.
Die Anwohner der Küchenmeisterallee in der brandenburgischen Kleinstadt Königs Wusterhausen bekommen einen neuen Nachbarn - und haben schon mal den Bürgermeister alarmiert. Denn hier baut sich gerade Uwe Meusel, der Chef der umstrittenen Modemarke Thor Steinar, eine imposante Residenz.
Ein privates Wohnhaus, sagt Meusel - ein NPD-Schulungsheim, befürchten die Bewohner. Das Geschäft mit dem Mode-Label, das gerne in der rechten Szene gekauft wird, läuft offenichtlich ganz gut: Die Villa des Thor-Steinar-Chefs Meusel ist stolze 650-Quadratmeter groß. Groß genug jedenfalls, um darin den NPD-Nachwuchs zu auszubilden - so sorgen sich die Bewohner. Das bekommt auch Uwe Meusel mit.
Der mit Schrecken erwartete neue Nachbar ging in die Offensive und lud sich einen Reporter der lokalen Zeitung ein, zeigte ihm den Rohbau auf seinem Grundstück. In einem daraufhin erschienenen Artikel in der Märkischen Allgemeinen stritt der Thor-Steinar-Chef Kontakte zur rechten Szene und zur NPD vehement ab. Und die Villa würden er und seine Familie ausschließlich als Wohnhaus benutzen, so Meusel.
Aber auch Andrea Nienhuisen vom Mobilen Beratungsteam (MBT) vermutet nicht, dass das Gebäude als NPD-Schulungszentrum benutzt wird. Aus mehreren Gründen: Zum einen sei das Gelände am See von zwei Seiten aus sehr gut einsehbar -"der Verfassungschutz könnte mit einem Fernglas einfach schauen, wer ein und aus geht", so Nienhuisen. Und für große Besuchermengen sei in der Küchenmeisterallee außerdem kaum Platz, zumindest nicht, wenn die Besucher irgendwo parken wollten. Eine große Villa sei es zwar, aber ja auch nicht die einzige dort - alles in allem sei eine Nutzung als Wohnhaus also höchstwahrscheinlich.
Das Problem liegt für Nienhuisen woanders. Sie ärgert sich darüber, dass Meusels Beteuerungen, er sei einfach ein Geschäftsmann, der in Ruhe leben möchte, in der Märkischen Allgemeinen so viel Platz eingeräumt wurde. "Herr Meusel hatte nicht einfach nur eine clevere Geschäftidee, er identifiziert sich selbstverständlich mit dem Gedankengut, dass auch seine Kunden haben", sagt Nienhuisen. Anders würde Meusel in der Szene gar nicht respektiert werden.
Mehr Einordnung sei nötig, wenn man die rechte Szene nicht darin unterstützen wolle, sich ein schönes Plätzchen in der bürgerlichen Mitte zu suchen. Unter den Bewohnern indessen gehen die Spekulationen über die Prachtvilla weiter. Mehrere von ihnen haben besorgt bei Bürgermeister Stefan Ludwig (Die Linke) angerufen. Der kann die Ängste der Bewohner verstehen: Die Stadt wisse, dass die NPD genau solche Räumlichkeiten wie Meusels Villa suche. "Wir schauen uns gerade an, ob eine Nutzung des Gebäudes als Schulungszentrum überhaupt zulässig wäre. Dann setzen wir uns mit der Baugenehmigungsbehörde im Landkreis zusammen, die für eine etwaige Nutzungsunterlassung zuständig ist", sagte Ludwig. Man wolle auf jeden Fall "sensibel bleiben".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund