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Anwalt verweigert

■ Europäischer Gerichtshof verurteilt Deutschland

Straßburg (afp) — Die Bundesrepublik ist am Dienstag vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg verurteilt worden, weil einem psychisch Kranken vor Gericht die Vertretung durch einen Anwalt verweigert worden war. Damit habe die deutsche Justiz gegen Artikel fünf der Menschenrechtskonvention verstoßen, der jedem Bürger das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren zubilligt.

Bei dem Kläger handelt es sich um einen seit 1975 in der Bundesrepublik lebenden Ungarn, der 1983 von einem Gericht in Köln in eine psychiatrische Klinik eingewiesen wurde, nachdem er mehrfach handgreiflich gegen Menschen vorgegangen war. Der Mann stelle eine öffentliche Gefahr dar, begründete das Gericht diese Entscheidung. Mehrere Anträge des Patienten auf Entlassung wurden 1986 und 1987 abgewiesen. Bei den Verhandlungen war der Ungar aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht anwesend. Er war aber auch nicht durch einen Anwalt vertreten. Dies habe gegen sein Recht auf ein faires Gerichtsverfahren verstoßen, befanden die Straßburger Richter. Zugleich billigten sie dem Mann, der seit 1987 in einer psychiatrischen Wohngemeinschaft lebt, eine Schadensersatzleistung in Höhe von 5000 Mark zu.

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