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Archiv-Artikel

Anwalt der Kinder

RECHTSBERATUNG Wenn es um Kinder geht, wollen alle das Beste. Ihr Wille wird aber oft übergangen. In Hamburg möchte eine Rechtsberatung ihre Position stärken – auch gegenüber dem Jugendamt

Anlaufstellen

■ Kostenlose Rechtsberatung für Kinder in Hamburg:

■ Büro für Kinderrechte und Opferschutz, Spadenteich 1, jeden Mittwoch, 17–18 Uhr

■ Jugendrechtshaus Hamburg-Mitte, Alfred-Wegener-Weg 3, jeden Donnerstag, 18–20 Uhr

■ Öffentliche Rechtsauskunft für Kinder, Dammtorstraße 14, jeden 1. Montag im Monat, 17–18.30 Uhr

Im Kinderrechtebüro direkt beim Hamburger Hauptbahnhof werden Minderjährige seit einem Jahr kostenlos beraten. In sein Büro kämen Kinder, die in einem Elternkonflikt hin und her geschoben würden oder aus einem Heim geflohen seien, sagt Rudolf von Bracken. Die meisten seien zwischen 11 und 18 Jahren alt, jüngere Kinder würden zum Teil von ihren Betreuern oder Angehörigen vorbeigebracht.

„Kinder haben schon ein Rechtsbewusstsein und wissen, wenn ihnen Unrecht geschieht“, sagt von Bracken. Zunächst bekommen die Kinder in seinem Büro etwas Warmes. Dann prüft der Anwalt die Rechtslage und mögliche Verfahren. Die entscheidende Frage sei aber: Was ist am besten für das Kind?

Eine Lösung zu finden, die dem Wohl des Kindes am nächsten kommt, sei kompliziert. Die Minderjährigen könnten ihr Interesse nicht immer eindeutig artikulieren, darum würden sie häufig bevormundet. Ihre Aussagen seien oft nicht mehr als ein Teil der anwaltlichen Diskussion. „Der Kindeswille ist aber das wichtigste Indiz um das Kindeswohl zu ermitteln“, sagt von Bracken. Es sei sehr wichtig gut auf Kinder zu hören, um etwas über ihre innere Situation zu erfahren.

Die meisten Konflikte entstünden zwischen den Eltern, beispielsweise durch eine Scheidung, oder mit dem Jugendamt, sagt von Bracken. Ein Kind das mehrmals von Zuhause abgehauen sei, habe das Recht vor den Eltern geschützt zu werden. Teilweise würden die Kinder allerdings keinen Schutz bei den Jugendämtern finden, weil ihnen nicht geglaubt werde. Deshalb sei es wichtig, die Position der Kinder zu erkennen und zu stärken.

Mit der Rechtsberatung möchte von Bracken allen Kindern und Jugendlichen eine erste Orientierung ermöglichen. Kinderrechte seien ein großes Rechtsgebiet, das gleichzeitig aber nahezu unerschlossen sei, sagt von Bracken. „Viele Juristen fliehen vor Kindschaftssachen, so das es sich eigentlich gar nicht herumgesprochen hat, dass Kinder auch eigene Rechte haben. Und das sie diese nicht nur über Gericht und Jugendamt, sondern auch direkt in Anspruch nehmen können.“

Ein 14-jähriges Kind habe beispielsweise das Recht auf einen kostenlosen Anwalt und Prozesskostenhilfe.

Die Beratung für Kinder sei das, was ihm am meisten Spaß mache, sagt von Bracken. Für ihn ist sie „direkte Rechtsanwendung für die Schwächsten“.MICHAEL DREISIGACKER