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Antwort auf Kita-ProtesteEltern streiken zurück

Genervte Eltern organisieren in vielen Städten Proteste, weil sie sich über geschlossene Kitas ärgern. Motto: "Kinder weinen still, wenn Ver.dis starker Arm es will."

Erboste Eltern fordern die "sofortige Beendigung der Aussperrung" ihrer Kinder. Bild: dpa

KÖLN taz | Wie es ihr geht? "Gut, im Moment", sagt Anke Bohlander. Die vergangenen Wochen seien sehr stressig gewesen. "Aber ab morgen ist zum Glück erst einmal Schluss mit dem Streik." Zumindest vorerst. Denn nach den Sommerferien könnte es wieder losgehen mit dem Arbeitskampf der Erzieherinnen. Die Sprecherin des Stadtelternrats der städtischen Kindertageseinrichtungen in Dortmund atmet tief durch. Wie viele Eltern hat sie die Schnauze voll.

Insgesamt achtzehn Tage blieb die Kita ihrer beiden Kinder jetzt bereits geschlossen. So wie alle anderen in Dortmund auch. Eine lange Zeit für die berufstätige Mutter. Sie ist deshalb stinksauer. "Unsere Kinder können nicht mehr, und wir Eltern wollen nicht mehr", sagt Bohlander. Nachdem die Tarifverhandlungen tags zuvor mal wieder ergebnislos abgebrochen worden waren, demonstrierte Bohlander am vergangenen Samstag zusammen mit 300 LeidensgenossInnen in Dortmund für eine sofortige Beendigung des Streiks. Erfolglos.

Seit Mai streiken die ErzieherInnen und SozialarbeiterInnen für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne. Allein in Nordrhein-Westfalen legten am Dienstag in mehr als 60 Städten rund 8.800 Beschäftigte ihre Arbeit nieder. Auch in sechs weiteren Bundesländern wurden Einrichtungen bestreikt. Eine Einigung mit den kommunalen Arbeitgebern scheint nach wie vor nicht in Sicht. Die Gewerkschaft Ver.di will die Streiks über die Sommerferien herunterfahren. Sollten die Verhandlungen bis dahin weiter erfolglos bleiben, würden die Streiks Ende August wieder aufgenommen, kündigte Ver.di-Chef Frank Bsirske an.

Doch nicht nur die Geduld Dortmunder Eltern neigt sich dem Ende zu. In mehreren Städten formiert sich inzwischen der Widerstand. Auch in Mannheim gingen verärgerte Eltern schon auf die Straße. In Hanau demonstrierte am Dienstag der örtliche Stadtelternbeirat vor dem Rathaus.

In Köln veranstalteten Eltern eine Mahnwache unter dem bissigen Motto "Kleine Kinder weinen still, wenn Ver.dis starker Arm es will" vor dem DGB-Haus am Hans-Böckler-Platz. "Bundespolitiker führen Wahlkampfreden, die Gewerkschaften verzeichnen einen immensen Mitgliederzuwachs, und zu guter Letzt hat die Stadt Köln bereits mehr als 3,3 Millionen Euro Gehälter eingespart", heißt es in einem Protestschreiben an den Kölner Stadtrat und die Oberbürgermeisterkandidaten von SPD, CDU und FDP. "Die Verlierer sind unsere Kinder!"

Der Elternprotest artikuliert sich mittlerweile auch im Internet. Auf der Homepage www.elternstreik.de fordern erboste Eltern die "sofortige Beendigung der Aussperrung unserer Kinder". Außerdem müsse in jeder städtischen Kindertagesstätte umgehend eine Notbetreuungsgruppeeingerichtet werden, damit die Kinder in ihrer gewohnten Umgebung bleiben können. Auch sollten die dreiwöchigen Kita-Sommerferien gestrichen werden, da viele Eltern ihren Urlaub an Streiktagen aufgebraucht hätten und nun arbeiten müssten, anstatt in Urlaub fahren zu können. Außerdem müssten die Elternbeiträge und das Essensgeld um die Zeit der Streikdauer gekürzt werden, fordern die Eltern.

Auch Anke Bohlanders Dortmunder Stadtelternrat gehört zu den Unterstützern von www.elternstreik.de. Anders als beispielsweise die eine oder andere Kölner Elterninitiative richtet sich der Unmut der 40-jährigen Mutter allerdings in erster Linie gegen die kommunalen Arbeitgeber und deren Unnachgiebigkeit.

"Kinder haben in diesem Land keine Lobby, das nutzen die Kommunen aus", schimpft sie. Die Forderungen der ErzieherInnen unterstütze sie hingegen vollständig, betont sie. Deren Anliegen seien absolut berechtigt. "Wir sind auf ihrer Seite." Gleichwohl fordert auch Bohlander Ver.di auf, "auch für unsere Kinder, die überhaupt gar nichts mit diesen Streitigkeiten zu tun haben, soziale Verantwortung zu übernehmen".

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22 Kommentare

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  • MM
    Matthias Moch

    Als Erzieher kann ich nur folgendes dazu sagen:

    1. Unser Bildungssystem ist marode und kaputt!Wir leisten uns 4 Mio. Analphabeten, da reichen ein paar kleine Reförmchen nicht mehr.

    2. Wenn wir daran jetzt(!) nichts ändern, wird sich dank der vollkommen leeren Kassen, in den nächsten Jahren nichts mehr ändern lassen- als Antwort auf leere Kassen fällt unserer Politik nämlich nur noch Sozialabbau ein- dazu zählen ja irgendwie auch KiTas.

    3. ErzieherInnen sind überlastet und unterbezahlt!

    4. Zu der Idee, die Verbesserungen in unserem Arbeitsbereich anders durch zu setzen, kann ich nur sagen: Parlamentarisch funktioniert das jedenfalls nicht. Auf Bundesebene verballern wir doch lieber die Gelder in der Bundeswehr, als wirklich in die Zukunft zu investieren (4% für Bildung in Deutschland, 11% für Rüstung)und es scheint mir so, als wären Banken und Autos auch wichtiger als Kinder.

  • L
    Lemminge

    An alle jammernden Mütter und Väter:

     

    Immer mit dem sturen Kopf durch die Wand, gel? Ich WILL das etwas so ist, wie es meiner Bequemlichkeit zugute kommt. Und wenn mir jemand dazwischenfunkt, dann gibt's saures. Wehe dem, der meinen täglichen Lebensrythmus durcheiannderbringt, der meine Gedanken verwirrt, meinen Altagstrott zerrüttet. Wer es wagt mein Leben auch nur auf irgend eine Art und Weise zu erschweren, der gehört an die Wand gestellt und verliert am besten gleich seine Daseinsberechtigung. Und wenn Erzieher für 1 Euro deei Stunde arbeiten, was geht es mich denn an? Ich WILL das für meine Kinder jemand da ist, der drauf aufpaßt. PUNKT! Ich WILL, WILL, WILL... schließlich rackere ich doch und zahle Steuern. Deswegen VERLANGE ich dass KiTA-Plätze da sind. Unabhängig wie sie bezahlt oder behandelt werden.

     

    Das nennt man solidarisch auf Deutsch!

     

    Ich habe keine Kinder, aber ich erinnere mich noch gut an den Bahnstreik. Daran hatte ich hart zu knapsen gehabt. Denoch nahm ich mir nicht das Recht heraus, meinen persönlichen Frust an jene auszulassen, die für ihre Rechte kämpfen. Dieses Spiel der billigen Politik, die nur darauf wartet, dass der Frust der Eltern den Druck auf die Erzieher erhöht, anstatt einfach den Forderungen nachzugeben. So erledigen sich schmutzige Geschäfte leicht und unkompliziert auf schmutzige Weise. Um den Pöbel loszuwerden, schickt man in einfach gegeneinander los. Funktioniert immer mit großen Erfolg.

     

    Wenn Banken jammern, rieseln die Milliarden wie Regen vom Himmel. Aber wenn es um die Bezahlung von ehrlicher Arbeit geht, stellen sie sich auf stur. Und anstatt das Spiel zu begreifen und die gesamte Politik zu boykottieren läuft ihr Lemminge politisch brav immer weiter euren Weg zur Arbeit. Na, ja. Die 500 Milliarden für die Banken müssen schließlich vom Volke erarbeitet werden. Wie schön ist es doch, so viele wohlerzogene brave Bürger zu haben, die so willig ihren Obolus zahlen udn dafür sogar auf Erzieher losgehen, die ihre Arbeit nicht verrichten.

  • KV
    Klaus, Vater einer unterstützungsbedürftigen Erzieherin (30)

    Klasse Kommentare und sie treffen alle die Wahrheit.

    Nehmt die Verantwortlichen der Städte beim Wickel. Die, die für sich persönlich alle finanziellen Vorteile beanspruchen und die Erzieherinnen mit Hungerlohn abspeisen. Leistung wird nicht erkannt und auch nicht entlohnt !

     

    Ohne Solidarität der Eltern gegen die kommunalen Arbeitgeber geht es nicht. Der Beruf der Erzieherin ist zeitaufwaendig ,lange, wird in den Praktikazeiten oft nicht entlohnt und die jungen Frauen wurden im letzten Jahrzehnt beim Wettlauf um knappe Arbeitsplätze vertragsgestalterisch und finanziell schamlos ausgenützt(arbeitszeitmässig,ständig steigenden Anforderungen und Pflichten und einer Entlohnung, die zum Himmel stinkt). Da ja Leistung,Eigeninitiative und Engagement ( in der Industrie heisst das förderungswürdiger Leistungsträger)im öffentl. Dienst

    nicht zählt und nicht gefördert wird,erfolgt die Gehaltsentwicklung träge nach den Altersstufen.

    Es gibt keine Differenzierung in die gezeigte Leistung.

    In der Kommune, in der meine Tochter arbeitet ,sind dazu die Verträge textlich nicht einmal für die Taetigkeit Erzieherin definiert ,sondern so allgemein gehalten, dass sie theoretisch von der Stadt auch für ausbildungsfremde Tätigkeiten eingesetzt werden könnte.

    Die Entlohnung findet auf der niedrigsten Stufe statt,vergleichbar mit anderen Tätigkeiten bei der Stadt, für die man Hilfsarbeiter ohne Ausbildung einsetzt.

    Ohne gelegentliche finanzielle Zuschüsse der Eltern zu Miete,Auto oder Urlaub könnte eine junge Frau vom Gehalt als Erzieherin nicht leben.

    Auf der anderen Seite werden die Ideen der Bildungspolitik immer mehr hochgeschraubt, verhaltenspsychologische Beobachtungen und Analysen erwartet, Schullaufbahnempfehlungen und entspr. Elterngespräche abverlangt. Zu den Erwartungen berufstätiger Eltern oder Alleinerziehender möchte ich nichts sagen, denn diese werden auch sehr oft von ihrer Arbeitssituation regelrecht erpresst und erwarten natürlich, ihr Kind in der KiTa gut versorgt zu wissen.

    Aber was ist diese Versorgung den Kommunen wert ?

     

    Eltern , die ihre Hortkinder um 17 Uhr abholen, wollen sich nicht mehr mit Hausaufgaben beschäftigen,Klassenarbeiten vorbereiten oder fachliche Defizite ihrer Kinder in bestimmten Fächern zuhause reduzieren.

    Nein, das wird alles von der KiTa erwartet. Meine Tochter arbeitet regelmässig Defizite von Kindern der Klassenstufe 1-4 auf, weil es die Grundschullehrer bei 5 Std-Arbeitstag nicht interessiert, ob Ausländerkinder im Unterricht mitkommen und alles verstanden haben.

    Meine Tochter ist stellvertetende Leitung und bekommt tagtäglich das ganze Spektrum der Erwartungen aber auch Engpässe und Mängel ab.

    Wenn ich ihre Gehaltsabrechnung sehe,waere im Endgehalt 1 Tausender mehr das mindeste, was bei der Verantwortung und den Anforderungen

    zu zahlen wäre.

    Doch da schaut die Stadt weg.

    Ich frage mich, wo sie die Motivation hernimmt, Freude und Zufriedenheit in ihrem Beruf zu haben, wenn sie in finanzieller Hinsicht jeden EUR 2-mal umdrehen muss.

    Und das kommunale Amt das vornedran ist, ist bei keiner Problemstellung

    eine Hilfe, eher ein unpragmatisches Hindernis.Jede Schreibkraft, die dort tätig ist, kann mit ihrem Gehalt zufriedener sein, bei einem Bruchteil der Verantwortung !!

    Solche Leute entscheiden aber auch über die Wertigkeit und Entlohnung.

    Manche schauen auf Müllwerker,Strassenkehrer oder private Putzkräfte herab. Diese Leute sorgen dafür,dass wir nicht in Müll und Unordnung versinken.

    Man hört, sie werden dafür aber angemessen entlohnt.

    Vielleicht waren da auch Streiks notwendig, um die Wertigkeit für das Allgemeinwohl sichtbar zu machen.

    Kindergärtnerinnen/Erzieherinnen sind in einer angemessenen Entlohnung seit mindestens 30 Jahren vergessen worden.

    Und das ist eine Schande angesichts der Multi-Kulti-Zusammensetzung

    heutiger Kindergruppen.

     

    Wenn die Eltern, die Kommunen oder kirchlichen Arbeitgeber nicht unter Druck setzen und an die Seite der

    Erzieherinnen für eine angemessene Entlohnung treten, dann sollen die KiTa´s bis Weihnachten zubleiben.

     

    Wir würden auch für die Müllabfuhr

    eintreten, wenn wir wegen Streik in unserem Müll ersticken würden oder ?

  • P
    Petra

    Kann mal jemand zuhören? Wir sind nicht gegen die Forderungen, wir sind gegen die Methode. Ja, zu mehr Geld (wobei 1000 Euro mehr? Wer bitte schön kriegt das in Zeiten der Krise? Hallo?), bessere Arbeitsbedingungen, bessere Gruppierung... ja, ja, ja. Aber sieht denn niemand, dass Verdi hier die Erzieher instrumentalisiert? Ich bin Mutter und Erzieherin und dieser Streik ist schon lange unverhältnismäßig. Mein Kind und andere können jetzt nach Wochen einfach nicht mehr! Viele nässen wieder ein, viele sind unter drei, viele behindert, wir können und wollen unsere Kinder über Wochen nicht von Woche zu Woche woanders "Parken". Wir sind nun mal keine Produktionsbetriebe! Abgesehen davon, dass auch wir in Zeiten der Krise unsere Arbeitsplätze gefährden, unser Jahresurlaub aufgebraucht ist, wir nicht das Geld haben, eine extra Betreuung und das Geld für die Kita gleichzeitig zu zahlen usw. Wir sind nur noch sauer auf eine völlig rücksichtslose Streikpolitik von Verdi die nur auf Mitgliederwerbung aus ist.

  • K
    korgüll

    @ Peter Kaiser

    "Kann hier nicht wenigstens einer mal an die Kinder denken?" Für Uneingeweihte: Das ist ein Running Gag bei den Simpsons und symptomatisch für die Kurzsichtigkeit und Ich-Bezogenheit gerade unter Eltern. Die Schließung von Kitas ist bestimmt nicht gut für die Kinder, aber wie cityfire und Thomas D richtig anmerken, kann es doch wohl nicht Ihr Ernst sein, die ErzieherInnen unter noch größeren Druck zu setzen und am Ende noch zum Sündenbock zu machen. Kinder sind das Wertvollste einer jeden Gesellschaft. Finden Sie, dass Erzieher, die folglich einen der wichtgsten - und auch anstrengendsten - Jobs überhaupt machen, dafür angemessen entlohnt werden? Wenn ein Banker durch den Umgang mit etwas rein fiktivem wie Geld reich werden kann? Hoffentlich nicht. Solidarisiert euch mit den Erziehern! Sobald es eine bessere Methode als Streik gibt, sollte man sie anwenden, aber ohne diese Art von Druck hören "die da oben" eben nicht zu. Und in diesem Fall tun sie es nicht mal mit Streik. Also weitermachen, denn eine gute Erziehung der Kinder sollte einem sogar noch mehr Wert sein als der verdammte Sommerurlaub.

  • B
    bichette

    Das dümmste ist, wenn eltern sich gegen diesen berechtigten streik wehren und die streikenden desavouieren. diese eltern muten den mitarbeiterinnen in den kindergärten ihre miserabel erzogenen, frustrierten und aggressiven sprösslinge zu, lassen zu, dass diese fachkräfte miserabel bezahlt werden und wenden sich gegen diese selbst mit erbärmlichen "elternstreiks".

     

    wenn sich hier nichts bessert, sehe ich schwarz, denn wer will solche kinder viele stunden ertragen, um sich dann noch dümmlichen angriffen von sog. eltern auszusetzen.

  • DS
    Dr. Silvia Selinski

    Zur Richtigstellung, wer den Artikel gelesen hat und in Dortmund im Elternrat aktiv ist, weiß, dass wir hier Druck auf die Kommunalpolitik ausüben. Der weiß auch, dass wir hier KiBiz weg haben wollen und dabei bisher mit verdi kooperieren konnten. Anke Bohlander vom Stadtelternrat versucht seit Wochen mit verdi und dem kommulanen Träger Lösungen zu finden, wie die Familien den Streik am besten überstehen können. Unser Träger hat wochenlang das Angebot eine Notbetreuung in unserer Einrichtung für die Kinder zu organisieren, abgelehnt. Die Elterninitiativen können hier in Dortmund nicht tausende von Kindern aufnehmen (hier sind ca. 7700 Kinder vom Streik betroffen). Zumal wir ohnehin viel zu wenig KiTa-Plätze haben. Wir organisieren eine Notbetreuung zuhause. Was bei 70 Ganztagskindern in unserer Einrichtung, die nur den Platz bekommen haben, weil die Eltern arbeiten (müssen), nicht ganz einfach ist.

     

    Insofern schöne Grüße an die Väter und Nicht-Väter, die zur Zeit nichts organisieren müssen,

     

    Silvia Selinski

    (Elternrätin aus Dortmund)

  • DS
    Dr. Silvia Selinski

    Liebe taz,

     

    den Artikel zum KiTa-Streik selber finde ich hervorragend recherchiert.

    Leider hat ihn offensichtlich Herr Schulte nicht gelesen. Vielleicht hat er auch keine Kinder oder eine Ehefrau, die ihm die Kinder und die gesamte Organisation komplett abnimmt, am besten noch dazu Oma und Tanten, die alle nicht arbeiten und um die Ecke wohnen. Dies ist leider der Ausnahmefall.

    Ich bin, wie sicher viele Eltern, stocksauer über diesen Kommentar. Und zwar aus den folgenden Gründen:

    Ich bin selber Elternratsmitglied in einer Dortmunder-Kita, in der fast ausschließlich Kinder über 45-Stunden betreut werden. Mit 70 Plätzen sind wir eine der großen Dortmunder Kitas. Unsere Eltern und alleinerziehenden Mütter und Väter sind fast alle berufstätig, sonst hätten sie keinen der raren KiTa-Plätze bekommen. Mit dem Dortmunder Stadtelternrat stehe ich, wie mit unseren anderen Eltern, in stetigem Kontakt. Insofern kann ich hier für einen großen Teil ‚meiner’ KiTa-Eltern sprechen.

    Wir Eltern, insbesondere Mütter, sehen uns seit Wochen mit einer schier unlösbaren Aufgabe konfrontiert: Normal weiterarbeiten, was der Arbeitgeber von uns verlangt, und unsere Kinder irgendwo unterbringen. Nur dass Kinder halt keine Autos sind, die man halt mal woanders parkt. Nur dass von uns Eltern verlangt wird, für Beruf, Ausbildung, Studium flexibel zu sein, weshalb die Oma nach x Umzügen nicht mehr vor Ort wohnt. Nur dass von uns Frauen und Müttern verlangt wird, dass wir alle bis zum bitteren Ende arbeiten, weshalb viele Omas auch arbeiten, zumal wir ja auch unsere Kinder nicht erst mit Ende 30 in die Welt setzen sollen (auch darüber wird ja regelmäßig gelästert). Nur dass wir Mütter alle arbeiten sollen, möglichst noch Vollzeit, um die geschiedenen Väter mit deren neuen Familien nicht zu belasten, der Wirtschaft nicht gut ausgebildete Fachkräfte zu entziehen, nicht den beruflichen Anschluss zu verlieren, Karriere zu machen und alles, was in Deutschland schief läuft zu verbessern, womit dann auch die Betreuung durch Freunde und Bekannte nur eingeschränkt möglich ist und erst mal organisiert werden muss. Dies musste an vielen Streiktagen relativ schnell passieren, vielfach war nämlich erst am Nachmittag klar, dass am nächsten Tag die Einrichtungen geschlossen sind. Dies ist nicht unbegrenzt über viele Wochen möglich.

     

    Auf unsere zahlreichen Schreiben an Gewerkschaft, Kommunen, Träger und Politiker, in denen wir erst gebeten, dann gefordert haben, uns doch bitte frühzeitig zu informieren, zum Wohl unserer Kinder und zum Erhalt unseres Arbeitsplatzes (was auch unseren Kindern zugute kommt, wenn auch nur finanziell), bei Frauen ist der Arbeitsvertrag auch gerne mal befristet und wird auch schon mal spontan nicht verlängert, in denen wir angeboten haben, die KiTas mit einer durch Eltern organisierten Notbetreuung auszustatten, damit die Kinder in der gewohnten Umgebung bleiben können und wir die Betreuung und Arbeit besser unter einen Hut bringen können, in denen wir um eine bundesweite Verteilung der Streiktage gebeten haben, damit unsere Kinder nicht an einzelnen Tagen mal nach Wochen in die Einrichtungen gehen können, sondern es einen für die Kinder und Eltern verlässlichen Streikrhythmus gibt (z.B. Dortmund alle 3 Wochen für eine Woche dicht), haben wir nur Standardantworten mit geringem Bezug auf unsere Schreiben, Schuldzuweisungen an die anderen und Erklärungen der Nicht-Zuständigkeit bekommen. Unser Stadtelternrat versucht seit Wochen mit verdi und unserem Träger (teilweise sind dort verdi-Mitgleider in der FABIDO-Verwaltung) zu belastbaren Lösungen zu kommen, so dass wir Eltern die Möglichkeit haben, über den Umweg ‚Tarifvertrag’ zu einer verbesserten Situation in den KiTas zu kommen. Beim KiBiz haben wir mit verdi an einem Strang gezogen.

     

    Natürlich ist es ein Skandal, dass Erzieherinnen für normale Ausstattungen der Kitas mit vernünftigen Stühlen und Wickeltischen streiken müssen und für einen Lohn arbeiten, für den ein Müllmann wahrscheinlich keine Tonne bewegen würde, sicher aber ein Klempner nicht einmal an der Tür klingeln würde. Natürlich gibt es eine lange Liste mit Aufgaben, die Erziehrinnen und KiTas leisten können sollten, für die aber außer schönen Worten seitens der Bundes-, Länder- und Kommunalpolitik kein Geld in die Hand genommen wird.

    Aber: Dahinter steht doch genau das gleiche Gedankengut, mit dem hier ‚Eltern, schämt Euch’ skandiert wird:

    „Frauen verdienen eh nur hinzu und sind als Mütter maximal ein paar Stunden berufstätig (was spätestens der Gesetzeslage nach Scheidung widerspricht). Wir KiTa-Mütter bringen unsere Kinder nur deshalb so lange in die KiTa, weil wir fürchterlich viel Zeit brauchen um uns im ruhe die Nägel zu lackieren. Dabei stören die Kinder.

    Und die Väter müssen natürlich auch keinen Urlaub nehmen, um einzuspringen, was dank der 3 Wochen KiTa-Sommerferien, die wir ja auch noch überbrücken müssen, nur begrenzt möglich ist, sondern die sind nur von ihren hysterischen, dummen Frauen, die gesellschaftliche und politische Zusammenhänge nicht durchschauen, genervt und wollen wieder eine perfekt geputzte Wohnung und abends ihr 3-Gänge-Menü.“

     

    Insofern: Prima Artikel, den Kommentar kann ist nur als unqualifizierten Quatsch abtun, von jemandem, der nie Vollzeitjob und Kinder unter einen Hut bringen musste, denn das ist selbst mit Kita ein Knochenjob.

     

    In der Hoffnung, dass ihr wenigstens den Kommentar auf eurer Homepage nicht länger an prominenter Stelle stehen habt, während man schon wissen muss, dass es den Hintergrund-Artikel wirklich gibt, um ihn zu finden, und dieser das Ganze deutlich objektiver beleuchtet,

     

    während der Wartezeit auf die Vertragverlängerung um ein Jahr,

     

    zwischen Kinder wegbringen, arbeiten, Kinder wieder abholen und die nächsten potentiellen Streiktage organisieren,

     

    Dr. Silvia Selinski

    (Elternrat Heinrich-Staubach-Straße, Dortmund)

  • PK
    Peter Kaiser

    Die Brutalität und Rücksichtslosigkeit, mit der ver.di seit nunmehr sieben Wochen kaltschnäuzig die Kinder als Druckmittel benutzt, verschlägt uns die Sprache. Hier werden Kinderseelen in Trümmer gelegt, weil den Betonköpfen außer den Methoden aus den Fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts nichts einfällt. Kleinkinder bauen sich mühsam ihren eigenen kleinen Kosmos, der nur auf Vertrauen in die "Großen" besteht und aus fixen Bezugspunkten. Indem ver.di und die streikenden Erzieherinnen bewußt in Kauf nehmen, daß die Kinder nun in der siebten Woche durch Notkitas geschleust werden, zerstören sie all das mutwillig.

     

    Dieser Streik tut nur einem weh: Unseren Kindern. Jeder, der dazu beiträgt, sollte sich schämen.

  • C
    cityfire

    Statt den Druck an die ErzieherInnen weiterzugeben, sollten die Eltern sich mit den ErzieherInnen solidarisieren und ihren gut nachvollziehbaren Unmut an die wahren Verantwortlichen dieser Auseinandersetzung adressieren - die Kommunen und verantwortlichen PolitikerInnen.

     

    Anders bekämpft man nur die Symptome, nicht die Ursache.

  • TD
    Thomas D

    Ihr könnt doch nicht ernsthaft ein günstige Betreuung eurer Kinder auf den Rücken und zu Lasten der Fachkräfte, sprich Erzieherinnen und Sozialpädagogen verlangen!! So gehts doch nicht. Letztendlich wollt ihr doch qualifizierte Kräfte zur Betreuung, und die Kosten eben. Ausserdem gehts bei dem Streik von Verdi und GEW auch um die Dipl.-Sozialarbeiter und Heilpädagogen. Die erwarten auch eine neue Regelung der Gehälter/des TÖVD/TV-L. Am günstigsten wäre es, wenn Elterninitiativen für ein "Handgeld" die Betreuung ihrer Kinder selbst übernehmen? Ich verstehe Euch nicht. Ein Sozialpädagoge - auch betroffen- Gruss, Thomas

  • MM
    Matthias Moch

    Als Erzieher kann ich nur folgendes dazu sagen:

    1. Unser Bildungssystem ist marode und kaputt!Wir leisten uns 4 Mio. Analphabeten, da reichen ein paar kleine Reförmchen nicht mehr.

    2. Wenn wir daran jetzt(!) nichts ändern, wird sich dank der vollkommen leeren Kassen, in den nächsten Jahren nichts mehr ändern lassen- als Antwort auf leere Kassen fällt unserer Politik nämlich nur noch Sozialabbau ein- dazu zählen ja irgendwie auch KiTas.

    3. ErzieherInnen sind überlastet und unterbezahlt!

    4. Zu der Idee, die Verbesserungen in unserem Arbeitsbereich anders durch zu setzen, kann ich nur sagen: Parlamentarisch funktioniert das jedenfalls nicht. Auf Bundesebene verballern wir doch lieber die Gelder in der Bundeswehr, als wirklich in die Zukunft zu investieren (4% für Bildung in Deutschland, 11% für Rüstung)und es scheint mir so, als wären Banken und Autos auch wichtiger als Kinder.

  • L
    Lemminge

    An alle jammernden Mütter und Väter:

     

    Immer mit dem sturen Kopf durch die Wand, gel? Ich WILL das etwas so ist, wie es meiner Bequemlichkeit zugute kommt. Und wenn mir jemand dazwischenfunkt, dann gibt's saures. Wehe dem, der meinen täglichen Lebensrythmus durcheiannderbringt, der meine Gedanken verwirrt, meinen Altagstrott zerrüttet. Wer es wagt mein Leben auch nur auf irgend eine Art und Weise zu erschweren, der gehört an die Wand gestellt und verliert am besten gleich seine Daseinsberechtigung. Und wenn Erzieher für 1 Euro deei Stunde arbeiten, was geht es mich denn an? Ich WILL das für meine Kinder jemand da ist, der drauf aufpaßt. PUNKT! Ich WILL, WILL, WILL... schließlich rackere ich doch und zahle Steuern. Deswegen VERLANGE ich dass KiTA-Plätze da sind. Unabhängig wie sie bezahlt oder behandelt werden.

     

    Das nennt man solidarisch auf Deutsch!

     

    Ich habe keine Kinder, aber ich erinnere mich noch gut an den Bahnstreik. Daran hatte ich hart zu knapsen gehabt. Denoch nahm ich mir nicht das Recht heraus, meinen persönlichen Frust an jene auszulassen, die für ihre Rechte kämpfen. Dieses Spiel der billigen Politik, die nur darauf wartet, dass der Frust der Eltern den Druck auf die Erzieher erhöht, anstatt einfach den Forderungen nachzugeben. So erledigen sich schmutzige Geschäfte leicht und unkompliziert auf schmutzige Weise. Um den Pöbel loszuwerden, schickt man in einfach gegeneinander los. Funktioniert immer mit großen Erfolg.

     

    Wenn Banken jammern, rieseln die Milliarden wie Regen vom Himmel. Aber wenn es um die Bezahlung von ehrlicher Arbeit geht, stellen sie sich auf stur. Und anstatt das Spiel zu begreifen und die gesamte Politik zu boykottieren läuft ihr Lemminge politisch brav immer weiter euren Weg zur Arbeit. Na, ja. Die 500 Milliarden für die Banken müssen schließlich vom Volke erarbeitet werden. Wie schön ist es doch, so viele wohlerzogene brave Bürger zu haben, die so willig ihren Obolus zahlen udn dafür sogar auf Erzieher losgehen, die ihre Arbeit nicht verrichten.

  • KV
    Klaus, Vater einer unterstützungsbedürftigen Erzieherin (30)

    Klasse Kommentare und sie treffen alle die Wahrheit.

    Nehmt die Verantwortlichen der Städte beim Wickel. Die, die für sich persönlich alle finanziellen Vorteile beanspruchen und die Erzieherinnen mit Hungerlohn abspeisen. Leistung wird nicht erkannt und auch nicht entlohnt !

     

    Ohne Solidarität der Eltern gegen die kommunalen Arbeitgeber geht es nicht. Der Beruf der Erzieherin ist zeitaufwaendig ,lange, wird in den Praktikazeiten oft nicht entlohnt und die jungen Frauen wurden im letzten Jahrzehnt beim Wettlauf um knappe Arbeitsplätze vertragsgestalterisch und finanziell schamlos ausgenützt(arbeitszeitmässig,ständig steigenden Anforderungen und Pflichten und einer Entlohnung, die zum Himmel stinkt). Da ja Leistung,Eigeninitiative und Engagement ( in der Industrie heisst das förderungswürdiger Leistungsträger)im öffentl. Dienst

    nicht zählt und nicht gefördert wird,erfolgt die Gehaltsentwicklung träge nach den Altersstufen.

    Es gibt keine Differenzierung in die gezeigte Leistung.

    In der Kommune, in der meine Tochter arbeitet ,sind dazu die Verträge textlich nicht einmal für die Taetigkeit Erzieherin definiert ,sondern so allgemein gehalten, dass sie theoretisch von der Stadt auch für ausbildungsfremde Tätigkeiten eingesetzt werden könnte.

    Die Entlohnung findet auf der niedrigsten Stufe statt,vergleichbar mit anderen Tätigkeiten bei der Stadt, für die man Hilfsarbeiter ohne Ausbildung einsetzt.

    Ohne gelegentliche finanzielle Zuschüsse der Eltern zu Miete,Auto oder Urlaub könnte eine junge Frau vom Gehalt als Erzieherin nicht leben.

    Auf der anderen Seite werden die Ideen der Bildungspolitik immer mehr hochgeschraubt, verhaltenspsychologische Beobachtungen und Analysen erwartet, Schullaufbahnempfehlungen und entspr. Elterngespräche abverlangt. Zu den Erwartungen berufstätiger Eltern oder Alleinerziehender möchte ich nichts sagen, denn diese werden auch sehr oft von ihrer Arbeitssituation regelrecht erpresst und erwarten natürlich, ihr Kind in der KiTa gut versorgt zu wissen.

    Aber was ist diese Versorgung den Kommunen wert ?

     

    Eltern , die ihre Hortkinder um 17 Uhr abholen, wollen sich nicht mehr mit Hausaufgaben beschäftigen,Klassenarbeiten vorbereiten oder fachliche Defizite ihrer Kinder in bestimmten Fächern zuhause reduzieren.

    Nein, das wird alles von der KiTa erwartet. Meine Tochter arbeitet regelmässig Defizite von Kindern der Klassenstufe 1-4 auf, weil es die Grundschullehrer bei 5 Std-Arbeitstag nicht interessiert, ob Ausländerkinder im Unterricht mitkommen und alles verstanden haben.

    Meine Tochter ist stellvertetende Leitung und bekommt tagtäglich das ganze Spektrum der Erwartungen aber auch Engpässe und Mängel ab.

    Wenn ich ihre Gehaltsabrechnung sehe,waere im Endgehalt 1 Tausender mehr das mindeste, was bei der Verantwortung und den Anforderungen

    zu zahlen wäre.

    Doch da schaut die Stadt weg.

    Ich frage mich, wo sie die Motivation hernimmt, Freude und Zufriedenheit in ihrem Beruf zu haben, wenn sie in finanzieller Hinsicht jeden EUR 2-mal umdrehen muss.

    Und das kommunale Amt das vornedran ist, ist bei keiner Problemstellung

    eine Hilfe, eher ein unpragmatisches Hindernis.Jede Schreibkraft, die dort tätig ist, kann mit ihrem Gehalt zufriedener sein, bei einem Bruchteil der Verantwortung !!

    Solche Leute entscheiden aber auch über die Wertigkeit und Entlohnung.

    Manche schauen auf Müllwerker,Strassenkehrer oder private Putzkräfte herab. Diese Leute sorgen dafür,dass wir nicht in Müll und Unordnung versinken.

    Man hört, sie werden dafür aber angemessen entlohnt.

    Vielleicht waren da auch Streiks notwendig, um die Wertigkeit für das Allgemeinwohl sichtbar zu machen.

    Kindergärtnerinnen/Erzieherinnen sind in einer angemessenen Entlohnung seit mindestens 30 Jahren vergessen worden.

    Und das ist eine Schande angesichts der Multi-Kulti-Zusammensetzung

    heutiger Kindergruppen.

     

    Wenn die Eltern, die Kommunen oder kirchlichen Arbeitgeber nicht unter Druck setzen und an die Seite der

    Erzieherinnen für eine angemessene Entlohnung treten, dann sollen die KiTa´s bis Weihnachten zubleiben.

     

    Wir würden auch für die Müllabfuhr

    eintreten, wenn wir wegen Streik in unserem Müll ersticken würden oder ?

  • P
    Petra

    Kann mal jemand zuhören? Wir sind nicht gegen die Forderungen, wir sind gegen die Methode. Ja, zu mehr Geld (wobei 1000 Euro mehr? Wer bitte schön kriegt das in Zeiten der Krise? Hallo?), bessere Arbeitsbedingungen, bessere Gruppierung... ja, ja, ja. Aber sieht denn niemand, dass Verdi hier die Erzieher instrumentalisiert? Ich bin Mutter und Erzieherin und dieser Streik ist schon lange unverhältnismäßig. Mein Kind und andere können jetzt nach Wochen einfach nicht mehr! Viele nässen wieder ein, viele sind unter drei, viele behindert, wir können und wollen unsere Kinder über Wochen nicht von Woche zu Woche woanders "Parken". Wir sind nun mal keine Produktionsbetriebe! Abgesehen davon, dass auch wir in Zeiten der Krise unsere Arbeitsplätze gefährden, unser Jahresurlaub aufgebraucht ist, wir nicht das Geld haben, eine extra Betreuung und das Geld für die Kita gleichzeitig zu zahlen usw. Wir sind nur noch sauer auf eine völlig rücksichtslose Streikpolitik von Verdi die nur auf Mitgliederwerbung aus ist.

  • K
    korgüll

    @ Peter Kaiser

    "Kann hier nicht wenigstens einer mal an die Kinder denken?" Für Uneingeweihte: Das ist ein Running Gag bei den Simpsons und symptomatisch für die Kurzsichtigkeit und Ich-Bezogenheit gerade unter Eltern. Die Schließung von Kitas ist bestimmt nicht gut für die Kinder, aber wie cityfire und Thomas D richtig anmerken, kann es doch wohl nicht Ihr Ernst sein, die ErzieherInnen unter noch größeren Druck zu setzen und am Ende noch zum Sündenbock zu machen. Kinder sind das Wertvollste einer jeden Gesellschaft. Finden Sie, dass Erzieher, die folglich einen der wichtgsten - und auch anstrengendsten - Jobs überhaupt machen, dafür angemessen entlohnt werden? Wenn ein Banker durch den Umgang mit etwas rein fiktivem wie Geld reich werden kann? Hoffentlich nicht. Solidarisiert euch mit den Erziehern! Sobald es eine bessere Methode als Streik gibt, sollte man sie anwenden, aber ohne diese Art von Druck hören "die da oben" eben nicht zu. Und in diesem Fall tun sie es nicht mal mit Streik. Also weitermachen, denn eine gute Erziehung der Kinder sollte einem sogar noch mehr Wert sein als der verdammte Sommerurlaub.

  • B
    bichette

    Das dümmste ist, wenn eltern sich gegen diesen berechtigten streik wehren und die streikenden desavouieren. diese eltern muten den mitarbeiterinnen in den kindergärten ihre miserabel erzogenen, frustrierten und aggressiven sprösslinge zu, lassen zu, dass diese fachkräfte miserabel bezahlt werden und wenden sich gegen diese selbst mit erbärmlichen "elternstreiks".

     

    wenn sich hier nichts bessert, sehe ich schwarz, denn wer will solche kinder viele stunden ertragen, um sich dann noch dümmlichen angriffen von sog. eltern auszusetzen.

  • DS
    Dr. Silvia Selinski

    Zur Richtigstellung, wer den Artikel gelesen hat und in Dortmund im Elternrat aktiv ist, weiß, dass wir hier Druck auf die Kommunalpolitik ausüben. Der weiß auch, dass wir hier KiBiz weg haben wollen und dabei bisher mit verdi kooperieren konnten. Anke Bohlander vom Stadtelternrat versucht seit Wochen mit verdi und dem kommulanen Träger Lösungen zu finden, wie die Familien den Streik am besten überstehen können. Unser Träger hat wochenlang das Angebot eine Notbetreuung in unserer Einrichtung für die Kinder zu organisieren, abgelehnt. Die Elterninitiativen können hier in Dortmund nicht tausende von Kindern aufnehmen (hier sind ca. 7700 Kinder vom Streik betroffen). Zumal wir ohnehin viel zu wenig KiTa-Plätze haben. Wir organisieren eine Notbetreuung zuhause. Was bei 70 Ganztagskindern in unserer Einrichtung, die nur den Platz bekommen haben, weil die Eltern arbeiten (müssen), nicht ganz einfach ist.

     

    Insofern schöne Grüße an die Väter und Nicht-Väter, die zur Zeit nichts organisieren müssen,

     

    Silvia Selinski

    (Elternrätin aus Dortmund)

  • DS
    Dr. Silvia Selinski

    Liebe taz,

     

    den Artikel zum KiTa-Streik selber finde ich hervorragend recherchiert.

    Leider hat ihn offensichtlich Herr Schulte nicht gelesen. Vielleicht hat er auch keine Kinder oder eine Ehefrau, die ihm die Kinder und die gesamte Organisation komplett abnimmt, am besten noch dazu Oma und Tanten, die alle nicht arbeiten und um die Ecke wohnen. Dies ist leider der Ausnahmefall.

    Ich bin, wie sicher viele Eltern, stocksauer über diesen Kommentar. Und zwar aus den folgenden Gründen:

    Ich bin selber Elternratsmitglied in einer Dortmunder-Kita, in der fast ausschließlich Kinder über 45-Stunden betreut werden. Mit 70 Plätzen sind wir eine der großen Dortmunder Kitas. Unsere Eltern und alleinerziehenden Mütter und Väter sind fast alle berufstätig, sonst hätten sie keinen der raren KiTa-Plätze bekommen. Mit dem Dortmunder Stadtelternrat stehe ich, wie mit unseren anderen Eltern, in stetigem Kontakt. Insofern kann ich hier für einen großen Teil ‚meiner’ KiTa-Eltern sprechen.

    Wir Eltern, insbesondere Mütter, sehen uns seit Wochen mit einer schier unlösbaren Aufgabe konfrontiert: Normal weiterarbeiten, was der Arbeitgeber von uns verlangt, und unsere Kinder irgendwo unterbringen. Nur dass Kinder halt keine Autos sind, die man halt mal woanders parkt. Nur dass von uns Eltern verlangt wird, für Beruf, Ausbildung, Studium flexibel zu sein, weshalb die Oma nach x Umzügen nicht mehr vor Ort wohnt. Nur dass von uns Frauen und Müttern verlangt wird, dass wir alle bis zum bitteren Ende arbeiten, weshalb viele Omas auch arbeiten, zumal wir ja auch unsere Kinder nicht erst mit Ende 30 in die Welt setzen sollen (auch darüber wird ja regelmäßig gelästert). Nur dass wir Mütter alle arbeiten sollen, möglichst noch Vollzeit, um die geschiedenen Väter mit deren neuen Familien nicht zu belasten, der Wirtschaft nicht gut ausgebildete Fachkräfte zu entziehen, nicht den beruflichen Anschluss zu verlieren, Karriere zu machen und alles, was in Deutschland schief läuft zu verbessern, womit dann auch die Betreuung durch Freunde und Bekannte nur eingeschränkt möglich ist und erst mal organisiert werden muss. Dies musste an vielen Streiktagen relativ schnell passieren, vielfach war nämlich erst am Nachmittag klar, dass am nächsten Tag die Einrichtungen geschlossen sind. Dies ist nicht unbegrenzt über viele Wochen möglich.

     

    Auf unsere zahlreichen Schreiben an Gewerkschaft, Kommunen, Träger und Politiker, in denen wir erst gebeten, dann gefordert haben, uns doch bitte frühzeitig zu informieren, zum Wohl unserer Kinder und zum Erhalt unseres Arbeitsplatzes (was auch unseren Kindern zugute kommt, wenn auch nur finanziell), bei Frauen ist der Arbeitsvertrag auch gerne mal befristet und wird auch schon mal spontan nicht verlängert, in denen wir angeboten haben, die KiTas mit einer durch Eltern organisierten Notbetreuung auszustatten, damit die Kinder in der gewohnten Umgebung bleiben können und wir die Betreuung und Arbeit besser unter einen Hut bringen können, in denen wir um eine bundesweite Verteilung der Streiktage gebeten haben, damit unsere Kinder nicht an einzelnen Tagen mal nach Wochen in die Einrichtungen gehen können, sondern es einen für die Kinder und Eltern verlässlichen Streikrhythmus gibt (z.B. Dortmund alle 3 Wochen für eine Woche dicht), haben wir nur Standardantworten mit geringem Bezug auf unsere Schreiben, Schuldzuweisungen an die anderen und Erklärungen der Nicht-Zuständigkeit bekommen. Unser Stadtelternrat versucht seit Wochen mit verdi und unserem Träger (teilweise sind dort verdi-Mitgleider in der FABIDO-Verwaltung) zu belastbaren Lösungen zu kommen, so dass wir Eltern die Möglichkeit haben, über den Umweg ‚Tarifvertrag’ zu einer verbesserten Situation in den KiTas zu kommen. Beim KiBiz haben wir mit verdi an einem Strang gezogen.

     

    Natürlich ist es ein Skandal, dass Erzieherinnen für normale Ausstattungen der Kitas mit vernünftigen Stühlen und Wickeltischen streiken müssen und für einen Lohn arbeiten, für den ein Müllmann wahrscheinlich keine Tonne bewegen würde, sicher aber ein Klempner nicht einmal an der Tür klingeln würde. Natürlich gibt es eine lange Liste mit Aufgaben, die Erziehrinnen und KiTas leisten können sollten, für die aber außer schönen Worten seitens der Bundes-, Länder- und Kommunalpolitik kein Geld in die Hand genommen wird.

    Aber: Dahinter steht doch genau das gleiche Gedankengut, mit dem hier ‚Eltern, schämt Euch’ skandiert wird:

    „Frauen verdienen eh nur hinzu und sind als Mütter maximal ein paar Stunden berufstätig (was spätestens der Gesetzeslage nach Scheidung widerspricht). Wir KiTa-Mütter bringen unsere Kinder nur deshalb so lange in die KiTa, weil wir fürchterlich viel Zeit brauchen um uns im ruhe die Nägel zu lackieren. Dabei stören die Kinder.

    Und die Väter müssen natürlich auch keinen Urlaub nehmen, um einzuspringen, was dank der 3 Wochen KiTa-Sommerferien, die wir ja auch noch überbrücken müssen, nur begrenzt möglich ist, sondern die sind nur von ihren hysterischen, dummen Frauen, die gesellschaftliche und politische Zusammenhänge nicht durchschauen, genervt und wollen wieder eine perfekt geputzte Wohnung und abends ihr 3-Gänge-Menü.“

     

    Insofern: Prima Artikel, den Kommentar kann ist nur als unqualifizierten Quatsch abtun, von jemandem, der nie Vollzeitjob und Kinder unter einen Hut bringen musste, denn das ist selbst mit Kita ein Knochenjob.

     

    In der Hoffnung, dass ihr wenigstens den Kommentar auf eurer Homepage nicht länger an prominenter Stelle stehen habt, während man schon wissen muss, dass es den Hintergrund-Artikel wirklich gibt, um ihn zu finden, und dieser das Ganze deutlich objektiver beleuchtet,

     

    während der Wartezeit auf die Vertragverlängerung um ein Jahr,

     

    zwischen Kinder wegbringen, arbeiten, Kinder wieder abholen und die nächsten potentiellen Streiktage organisieren,

     

    Dr. Silvia Selinski

    (Elternrat Heinrich-Staubach-Straße, Dortmund)

  • PK
    Peter Kaiser

    Die Brutalität und Rücksichtslosigkeit, mit der ver.di seit nunmehr sieben Wochen kaltschnäuzig die Kinder als Druckmittel benutzt, verschlägt uns die Sprache. Hier werden Kinderseelen in Trümmer gelegt, weil den Betonköpfen außer den Methoden aus den Fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts nichts einfällt. Kleinkinder bauen sich mühsam ihren eigenen kleinen Kosmos, der nur auf Vertrauen in die "Großen" besteht und aus fixen Bezugspunkten. Indem ver.di und die streikenden Erzieherinnen bewußt in Kauf nehmen, daß die Kinder nun in der siebten Woche durch Notkitas geschleust werden, zerstören sie all das mutwillig.

     

    Dieser Streik tut nur einem weh: Unseren Kindern. Jeder, der dazu beiträgt, sollte sich schämen.

  • C
    cityfire

    Statt den Druck an die ErzieherInnen weiterzugeben, sollten die Eltern sich mit den ErzieherInnen solidarisieren und ihren gut nachvollziehbaren Unmut an die wahren Verantwortlichen dieser Auseinandersetzung adressieren - die Kommunen und verantwortlichen PolitikerInnen.

     

    Anders bekämpft man nur die Symptome, nicht die Ursache.

  • TD
    Thomas D

    Ihr könnt doch nicht ernsthaft ein günstige Betreuung eurer Kinder auf den Rücken und zu Lasten der Fachkräfte, sprich Erzieherinnen und Sozialpädagogen verlangen!! So gehts doch nicht. Letztendlich wollt ihr doch qualifizierte Kräfte zur Betreuung, und die Kosten eben. Ausserdem gehts bei dem Streik von Verdi und GEW auch um die Dipl.-Sozialarbeiter und Heilpädagogen. Die erwarten auch eine neue Regelung der Gehälter/des TÖVD/TV-L. Am günstigsten wäre es, wenn Elterninitiativen für ein "Handgeld" die Betreuung ihrer Kinder selbst übernehmen? Ich verstehe Euch nicht. Ein Sozialpädagoge - auch betroffen- Gruss, Thomas