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Antrittsbesuch in BerlinDonald Tusk sondiert das Terrain

Nach einer erheblichen Verschlechterung der deutsch-polnischen Beziehungen in den Jahren der Herrschaft der Kaczyski-Zwillinge richten sich die Hoffnungen jetzt auf einen Neuanfang.

Die deutschen Politiker hoffen, dass der polnische Premier Donald Tusk Tauweter mit nach Berlin bringt. Bild: dpa

WARSCHAU taz "Das Eis zwischen Deutschen und Polen ist gebrochen" titelte Polens führende Tageszeitung Gazeta Wyborcza bereits am Montag. Wie ein Frühlingsvorbote klang nicht nur der Titel, sondern das ganze Interview mit dem deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Heute kommt Polens neuer Premier Donald Tusk zu seinem Antrittsbesuch nach Berlin. Das ganzseitige Interview, die freundlichen und entgegenkommenden Worte Steinmeiers, wirkten wie ein besonders herzlicher Willkommensgruß.

Auch Donald Tusk schickte vor seinem ersten Besuch in Deutschland eine Depesche in Form eines großen Interviews nach Berlin. Doch der Ton ist ein anderer: "Die Geschichte ist wieder Ballast" sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Dann beklagt sich der gebürtige Danziger bitter über den Schriftsteller Günter Grass, der in Zeiten des Kommunismus kein Verständnis für die Freiheitskämpfer der Solidarnosc aufbringen konnte. Dies wie auch sein Vorschlag, ein Museum des Zweiten Weltkriegs in Gdansk (Danzig) zu bauen, muss selbst bei seinen Freunden eine gewisse Irritation ausgelöst haben. Denn das international ausgerichtete Museum soll anstelle des in Berlin geplanten "Sichtbaren Zeichens" entstehen, einer Ausstellung über die deutschen Vertriebenen und ihre gelungene Integration in Nachkriegsdeutschland.

Nach dem Sieg der liberalkonservativen Bürgerplattform (PO) in den Parlamentswahlen am 21. Oktober und der neuen Regierungskoalition aus PO und gemäßigter Bauerpartei PSL schien ein neue Ära zu beginnen und die Zeit der Blockaden wichtiger EU-Projekte vorbei. Zwar würde Polens Präsident Lech Kaczynski alles daransetzen, Tusk und seiner Regierung möglichst viele Knüppel zwischen die Beine zu werfen, aber in der EU waren die Sympathien eindeutig aufseiten der neuen Regierung.

Insbesondere in Deutschland war die Freude groß, es künftig mit einem weltoffenen Politiker zu tun zu haben, der sich als Historiker und Publizist auch viel mit deutsch-polnisch-jüdischen Themen beschäftigt hat. Doch diese Freude könnte verfrüht sein. Denn Tusk sitzen noch immer die perfiden Angriffe der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) in den Knochen. Vor zwei Jahren hatten PiS-Politiker fälschlich behauptet, Tusks Großvater hätte freiwillig in der Wehrmacht gedient. Das kostete Tusk den Sieg bei der Präsidentschaftswahl. Bis heute muss er sich anhören, dass er ein "Vasall der Deutschen" sei, "Außenpolitik auf den Knien" mache und "krankhaft fasziniert von der deutschen Geschichte Danzigs" sei. Tusk glaubt also, sich nun als 150-prozentiger polnischer Patriot gebärden zu müssen, um den gegen ihn gerichteten Vorwürfen nicht neue Nahrung zu geben.

Vor einigen Tagen war bereits Polens neuer Außenminister Radek Sikorski in Berlin. Als Verteidigungsminister und "Falke" in der Kaczynski-Regierung hatte er noch erheblich zur Verschlechterung der deutsch-polnischen Beziehungen beigetragen. So verglich er auf einem Nato-Gipfel in Brüssel die geplante deutsch-russische Ostsee-Gaspipeline mit dem Hitler-Stalin-Pakt. Nunmehr zur "Taube" gewandelt, einigte er sich mit Steinmeier auf ein Paket vertrauensbildender Maßnahmen. Dazu gehört auch die Wiederaufnahme regelmäßiger Konsultationen und Gespräche zwischen beiden Regierungen. So lassen sich womöglich auch die Konflikte rund um die deutsch-russische Gaspipeline lösen, das "Sichtbare Zeichen" und die gegen Polen gerichteten Klagen einer deutschen Vertriebenenorganisation.

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