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Antisemitismus und Medientaz-Autorin gewinnt Unterlassungsklage

Die Vorsitzende der Berliner Jüdischen Gemeinde darf Äußerungen über Iris Hefets nicht mehr wiederholen. Die taz wird das Thema mit einer eigenen Veranstaltung aufgreifen

Darf ihre Äußerungen über Iris Hefets nicht mehr wiederholen: die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Berlin, Lala Süsskind. Bild: dpa
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BERLIN epd/taz Die Vorsitzender der Berliner Jüdischen Gemeinde, Lala Süsskind, darf taz-Autorin Iris Hefets nicht mehr unterstellen, den Boykott von jüdischen Sportlern mit den Worten "Es ist gut, wenn jüdische Sportler sich nicht mehr aus ihren Kabinen heraus trauen" begrüßt zu haben. Süsskind hatte bei einer Diskussion in Berlin zum Thema Israelkritik und Antisemitismus in den Medien behauptet, die gebürtige Israelin Hefets habe sich in einem Vortrag in Bremen entsprechend geäußert.

Das Landgericht Berlin gab jetzt einer Unterlassungsklage von Hefets statt. Das konkrete Zitat sei falsch und die tatsächliche Äußerung in Bremen sei in einem völlig anderen Zusammenhang gefallen, argumentierte Hefets Anwalt. Dabei sei es seiner Mandantin um die Frage eines institutionellen Boykotts von Israel gegangen, nicht um eine Ausgrenzung von Juden oder Personen anderen Glaubens.

Hintergrund der Auseinandersetzung sind ein israelkritischer Beitrag von Hefets in der taz vom 9. März, in dem sie das in ihrem Heimatland übliche Gedenken an den Holocaust ein "Evangelium von Auschwitz" genannt und kritisiert hatte, dass jüdische Kritiker der israelischen Politik ausgegrenzt würden. Die jüdische Gemeinde hatte daraufhin Ende April zu einer Veranstaltung mit mehreren ChefredakteurInnen in die Berliner Neuen Synagoge eingeladen, die im Eklat endete.

Süskind hatte unter anderem unter Verweis auf Hefets Bremer Vortrag abgelehnt, die taz-Autorin bei der Diskussion zu Wort kommen zu lassen. Protestierende Teilnehmer wurden von der Polizei aus dem Saal geführt. Auch taz-Chefredakteurin Ines Pohl, die neben Welt-Herausgeber Thomas Schmid und Tagesspiegel-Chefredakteur Stephan-Andreas Cassdorff zum Thema diskutieren sollte, verlies nach einem erfolglosen Vermittlungsversuch die Veranstaltung.

Die taz setzt die Debatte nun am kommenden Donnerstag (24.06.) in Berlin fort. Mit Ines Pohl diskutieren Stephan Kramer, Generalsekretär des Zentralsrats der Juden, Micha Brumlik, Goethe-Institut, und der Nahost-Experte Denis Staunton, Auslandschef der Irish Times. Moderation: Julia Scherf.

"Immer Ärger mit der taz: Kritik, Tabu und Antisemitismus im Umgang mit Israel"; 24.06.; Werkstatt der Kulturen, Wissmannstraße 32, 12049 Berlin; 20 Uhr, Eintritt frei

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11 Kommentare

 / 
  • MN
    Mein Name

    Antisemitismus par excellence und die TAZ in vorderster Front. "Wehret den Anfängen"- sollte doch gerade der TAZ ein Anliegen sein, oder?

  • P
    Pierre

    Frau Süsskind hat keineswegs "abgelehnt, die taz-Autorin bei der Diskussion zu Wort kommen zu lassen". Das ist eine klare Falschdarstellung!

     

    Die Frau Hefets hätte sich gern an der anschließenden Publikumsdiskussion beteiligen können. Darum ging es den Störern und Frau Pohl aber natürlich gar nicht (wie auch die "Friedensflotille" nicht gekommen war, "dringend benötigte Hilfsgüter" zu liefern).

     

    Frau Süsskind hat sich dagegen verwahrt, Frau Hefets am PODIUM teilnehmen zu lassen. Wie überall standen auch bei dieser Veranstaltung die Podiumsteilnehmer lange vorab fest. Spontan andere Leute aufs Podium zu holen, ist allenfalls im Bierzelt üblich.

  • W
    willow

    Frau Hefets findet es also gut, wenn sich israelische Sportler hierzulande vor Angriffen fürchten müssen - solange sie als Israelis angegriffen werden und nicht als Juden - und die TAZ stellt sich hinter ihre AutorIn, will keinen Judenhass erkennen. Denn Tazler können ja per Definition keine Judenhasser sein, ebenso Taz-Leser, egal, was sie für Kommentare abgeben.

     

    Bestimmt dauert es nicht mehr lange, bis sich eine mutige AutorIn vorwagt und es begrüßt, wenn sich Juden nicht mehr aus ihren Wohnungen heraustrauen - natürlich nur wegen der Politik Israels und so...

  • D
    dapart

    Lola Süsskind,Stephan Kramer

     

    so was nennt man Feiger Hass,

     

    Das schema ist europaweit bekannt,Zionisten Lügen sich Judenvervolgung herbei,wenn ihre Kriegseinsätze- Kriegshetze und Rassenhetze nichts mehr bringt oder zurückgewiesen wird,es gibt kein unterschied zwischen Kramer und Süsskind,in der Zukunft wird man wegen der Israelischen regierung keinen Juden mehr so leicht vertrauen und das ist das Schlimme,Es fehlt einfach bei solchen Menschen die in der Israelischen Regierung sitzen das Wohlwollen des Israelischen Volkes es gibt bestimmt Idioten die gegen Juden und Israel sind aber es gibt auch Menschen die vernünftig kritisieren können diesen Menschen Antisemitismus vorzuwerfen sagt über das Niveau dieser Elite

  • I
    Israelin

    Ingo,

     

    Iris Hefets war von Süsskind nicht kritisiert, sondern diffamiert. Wenn Du den Unterscheid übersiehst, dann verstehst Du wenig von einer Demokratie.

    Das Landgericht greift nicht ein, wenn jemanden kritisiert wird und Hefets klagte nicht wegen "Kritik".

     

    Wenn Süsskind oder andere falsche "Israelsfreunde" uns kritisieren wollen: na, bitte. Aber ohne Ettiketierung, ohne Lügen und ohne Diffamierungen.

  • I
    Ingo

    Also ich bin der festen Überzeugung, dass es richtig war, jemanden wie Iris Hefets öffentlich zu kritisieren. Mit ihrem unverantwortlichen Gerede eines "Evangeliums von Auschwitz" und der Schoah als Religion spielt sie de facto den Antisemiten in die Hände, die Auschwitz zu den Akten legen möchten und redet Schlussstrichforderungen das Wort. Ihre Ansichten zur israelischen Politik stellen alle mal ein Zerrbild davon da und sind gefährlich. Dass Frau Süsskind (die der Verfasser hier uneinheitlich schreibt, so viel Respekt hat man dann wohl nicht ihr gegenüber) bei ihrer Kritik an Hefets möglicherweise formale Fehler begangen hat, sollte nicht davon ablenken, dass a) eine solche Aussage ihr durchaus zuzutrauen ist und b) die sog. "jüdische Stimme", der Frau Hefets angehört, wohl nichts ist, als die Stimme für das, was sich deutsche, nicht-jüdische Antisemiten selbst nicht auszusprechen trauen. Dafür werden jüdische Kronzeugen benötigt, die ja "nicht antisemitisch sein können".

  • MN
    Mischling No. 2

    1935 wahr ich in Deutschland "Mischling Zweiten Grades". Aber nach vielen Jahrzehnten Erfahrung in bestimmten Regionen in USA - lernt man wem moeglichst "aus dem Weg zu gehen"...und bestimmt sich niemals persoenlich anzunaehern. Believe me: Nur schriftlich - nach Begutachtung deines "Lawyers"!( Und das nur mit "legal protection insurance"!)

  • CC
    Claus Carstensen

    Herzlichen Glückwunsch,

     

    und ich hoffe, daß Sie eine beruhigtere und sachlichere Debatte führen können, als die geschilderte.

     

    Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!

  • LF
    Leon Friedman

    Mir macht die wachsende Antisemismus in Europa große Sorgen. Alle Israel-Freunde sind auf eine Demonstration im Frankfurt am main herzlich eingeladen!

    20. Juni um 13 Uhr, Auf der Berger Straße (U-Bahn-Station Bornheim-Mitte)

  • R
    Redbranch

    Das sind ja mal richtig gute Neuigkeiten.

     

    Vor einigen Jahren habe ich ausgesprochen irritierende Erfahrungen mit einem sehr sympathischen und klugen jungen Israeli gemacht - nur leider hat er jegliche Diskussion zum Thema Israel von vorneherein abgeblockt. Begründung: Ein Nicht-Israeli könne per se weder Situation noch Handlungsweise des Staates Israel verstehen und sei daher auch nicht berechtigt, Kritik zu üben.

    Dieselbe Haltung hat offenbar auch Lala Süßkind - nur wesentlich stärker und aggressiver ausgeprägt.

     

    Iris Hefets hat in ihrem Artikel aus meiner Sicht sehr berechtigte Kritik geübt.

    Der Gegenseite - repräsentiert von Fr. Süsskind - fiel wie immer nichts Gescheiteres ein, als auf der Stelle in aggressiv-hysterisches Antisemitismus-Gekreische zu verfallen. Das beweist meines Erachtens eindrucksvoll eine absolute Nicht-Kritikfähigkeit. Und damit natürlich auch die Hilflosigkeit und das gering ausgeprägte Selbstwertgefühl derer, die sich so verhalten müssen.

    Irgendwie ist es schon auch traurig.

     

    Ich finde es gut, dass die taz das Thema erneut aufgreift. Für die Veranstaltung wünsche ich allen Beteiligten eine konstruktive Diskussion, die von gegenseitigem Respekt und Verständnis geprägt wird.

  • E
    end.the.occupation

    Es wäre ja schon einmal viel damit gewonnen, wenn die taz damit aufhörte, sich in Sachen NO als Aussenstelle der isr. Botschaft zu gebärden.

     

    Man hilft keinem Junky, wenn man ihm gegenüber behauptet, dass er gar kein Problem habe und ihm dazu immer neuen Stoff verschafft.

     

    Nicht anders ist es im Fall Israel: Auch hier ist es ein Fehler so zu tun, als ob das Einsperren von Millionen von Menschen völlig normal sei. So wie es angesichts der zunehmenden Ausfallserscheinungen - siehe das Treiben in Ostjerusalem, Akka und Hebron, das Pogrom in Gaza 09/09 oder das Kidnapping der Gaza-Flottille - ein Fehler ist so zu tun, als wäre auch das kein Problem - sei doch nur 'Selbstverteidigung' oder dergleichen.

     

    Noch kontraproduktiver ist es, die vielleicht wohlgemeinten Lügen im Dienste Israels mit dem Kampf gegen den Antisemitismus zu begründen. Denn diese Lügen ruinieren langfristig alle Glaubwürdigkeit und erodieren unausweichlich das Fundament, von dem aus der berechtigte Kampf gegen den Antisemitismus geführt werden muss.