Antisemitismus-Vorwurf gegen Moderator: Kein Ken auf FM
RBB-Moderator Ken Jebsen soll sich antisemitisch geäußert haben. Seine Sendung "KenFM" wurde vom Sender ausgesetzt. Jebsen dementiert die Vorwürfe.
In aufgeregten Großbuchstaben stand es am vergangenen Sonntag kurz vor 14 Uhr auf der Facebook-Seite der Radiosendung "KenFM": "DIESE SENDUNG WURDE VOR WENIGEN MINUTEN AUFGRUND POLITISCHER DISKREPANZEN VON OBEN ABGESCHALTET. GRUND: WIR SIND ZU POLITISCH!!"
Statt des wöchentlichen Formats mit Moderator Ken Jebsen sendete die Programmleitung des verantwortlichen Senders Radio Fritz vom Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) vier Stunden lang unkommentiert Musik. Zuvor hatte der Publizist Henryk M. Broder sich nach Aussage von Jebsen an den Sender gewandt, den Moderator als Antisemiten bezeichnet und die Absetzung der Sendung gefordert.
Auf dem Weblog "Die Achse des Guten" hatte Broder eine E-Mail veröffentlicht, in der Jebsen gegenüber einem anonymen rbb-Zuhörer fragwürdige Äußerungen zur Vernichtung der Juden während der NS-Herrschaft getätigt haben soll. "ich weis wer den holocaust als PR erfunden hat" heißt es unter anderem in dem von Rechtschreibfehlern und Gedankensprüngen strotzenden Dokument.
Broders Interpretation der Passage ist jedoch nicht die einzig denkbare, im Gesamtzusammenhang lässt der konfuse Text auch harmlosere Lesarten zu.
Der RBB äußerte sich bis zum frühen Montagnachmittag nur zögerlich zu den Anschuldigungen gegen seinen Moderator. "Wir müssen uns in die Lage versetzen, unmissverständlich darzustellen, dass die Vorwürfe haltlos sind", schrieb Fritz-Programmchef Stefan Warbeck in einer ersten Stellungnahme. Man nehme die Sache ernst und wolle mit diesem Vorgehen Schaden von Jebsen und dem Sender abwenden.
Auszüge aus einer E-Mail
Unternehmenssprecher Volker Schreck bestätigte außerdem, dass Jebsen der Urheber der an Broder weitergeleiteten und von diesem veröffentlichten Email sei. Wann und in welchem Zusammenhang diese entstand, blieb vorerst unklar. Kurzzeitig war das Profil des Moderators bei Fritz nicht erreichbar gewesen. Nutzer hatten auf Facebook ihrem Ärger über Zensur und fehlende Unterstützung für Jebsen seitens des RBB Luft gemacht.
Der Moderator selbst hatte bereits am Sonntag in einer auf YouTube veröffentlichten Audioaufnahme zu den Vorwürfen Stellung genommen und diese von sich gewiesen. "Ich verstehe mich als Humanisten und Demokraten und stehe für kritischen Journalismus", sagte er dort.
Dabei verwies auf seine zahlreichen Beiträge, in denen er den Holocaust thematisiert und "als das schlimmste Verbrechen der Menschheit verurteilt" habe. Ob er der Urheber der von Henryk M. Broder veröffentlichten E-Mail sei, ließ Jebsen allerdings offen. Broder wollte sich in der Angelegenheit nicht weiter äußern.
Der 45-jährige Jebsen, dessen Künstlername auf seinen iranischen Vater und seine deutsche Mutter zurückgeht, arbeitet seit Ende der 1980er Jahre als Radio- und Fernsehmoderator. Ab 1993 war er als freier Mitarbeiter für den rbb tätig, seit 2001 moderiert er bei dessen Jugendwelle Radio Fritz wöchentlich die vierstündige, von ihm konzipierte Sendung "KenFM".
Kritisch und polemisch
Jebsens Fans schätzen den Moderator für seine schnelle und schlagfertige Art, mit der er auch unpopuläre Gedanken formuliert. Kritiker werfen ihm dagegen eine oberflächliche, demagogische Berichterstattung und einen Hang zu Verschwörungstheorien vor.
In Beiträgen zum 11. September 2001, zu dem Tod von Osama Bin Laden oder zur Nahrungsmittelindustrie hatte der Moderator immer wieder kritisch und polemisch verbreitete Meinungen infrage gestellt. Insbesondere die Politik der USA und Israels sind immer wieder Gegenstand seiner Kritik.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
CDU-Politiker Marco Wanderwitz
Schmerzhafter Abgang eines Standhaften