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Anti-Terror-Razzien in NorddeutschlandMänner sollen Bezug zu Paris haben

In Niedersachsen und Schleswig-Holstein führten BKA, Bundespolizei und Landespolizeien Razzien durch. Drei Asylbewerber aus Syrien stehen unter Terrorverdacht.

Anti-Terror-Trainingsszenario der GSG 9 in Frankfurt a.M., Mai 2014 (Archivbild). GSG-9-Einheiten waren an der Razzia in Norddeutschland beteiligt Foto: dpa

Wiesbaden/Kiel dpa | Die drei wegen Terrorverdachts festgenommen Syrer hatten nach bisherigen Ermittlungen einen Bezug zu den Attentaten in Paris im Jahr 2015. Das sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Dienstag in Berlin.

Es spreche alles dafür, dass dieselbe Schlepperorganisation, die bei den Attentätern von Paris aktiv gewesen sei, auch diese drei als Flüchtlinge getarnten Männer nach Deutschland gebracht habe. Sie seien über die Balkanroute nach Deutschland gekommen. Auch spreche alles dafür, dass die Reisedokumente aus der gleichen Werkstatt in der entsprechenden Region stammten, sagte de Maizière.

Es gebe den Verdacht, dass die drei Männer im Auftrag der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) im November 2015 nach Deutschland gekommen seien und sich möglicherweise für Anweisungen des IS bereit hielten. „Es könnte sich also insoweit um eine Schläferzelle handeln“, sagte de Maizière.

Bei der Anti-Terror-Razzien am Dienstagmorgen sind in Niedersachsen und Schleswig-Holstein drei Männer festgenommen worden. Außerdem habe man umfangreiches Material sichergestellt, sagte eine Sprecherin des Bundeskriminalamtes (BKA) in Wiesbaden. Zuvor hatte die Welt über die Durchsuchungen berichtet.

Insgesamt seien sechs Objekte durchsucht worden, sagte die Sprecherin. 200 Kräfte von Bundespolizei, BKA und den Landespolizeien seien im Einsatz gewesen. Für weitere Auskünfte verwies die Sprecherin auf die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe, die sich zusätzlich im Laufe des Tages zu der Aktion äußern sollte.

Laut Welt durchsuchten die Beamten im Auftrag der Bundesanwaltschaft drei Flüchtlingsunterkünfte und mehrere Wohnungen. Es soll sich bei den Festgenommenen um Asylbewerber aus Syrien handeln.

Das Landeskriminalamt in Kiel bestätigte der Deutschen Presse-Agentur „operative Maßnahmen“ in Schleswig-Holstein. Nach dpa-Informationen war im nördlichsten Bundesland der Raum Ratzeburg betroffen.

Nach Informationen der Welt ermittelte das BKA bereits seit mehreren Monaten gegen die drei Männer. Ausgangspunkt soll ein Hinweis des Bundesamtes für Verfassungsschutz auf mögliche Dschihadisten gewesen sein. Daraufhin sei beim BKA in Berlin-Treptow eine eigene Ermittlungsgruppe gegründet worden, die wochenlang Telefone abgehört und die Männer observiert habe.

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11 Kommentare

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  • Wenn der Staat auf der selben Rechtsgrundlage der sog. Anti-Terrorgesetze gegen Nazis ermitteln, anklagen und verurteilen würde, dann sage ich mal, gäbe keine Brandanschläge mehr auf Flüchtlingsunterkünfte.

     

    Aber gegen Nazis zu ermitteln ist ja auch nicht so beliebt, als gegen islamische Kriminelle vorzugehen.

    Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagte heute in Berlin, dass es keine Erkenntnisse darüber gäbe, dass die drei jungen Männer die verdächtigt werden, irgend etwas kriminelles geplant hätten. Das diese drei Männer gar keine Flüchtlinge seien, sondern Scheinflüchtlinge, wurde nicht ein einziger Hinweis präsentiert, der die Behauptung stützen könnte.

     

    Bis auf völlig nebulöse Feststellungen „Außerdem habe man umfangreiches Material sichergestellt“ oder das Bundesamtes für Verfassungsschutz habe einen Hinweis auf Dschihadisten abgegeben bzw. die Polizei habe Telefone abgehört und die Männer observiert, nichts konkretes, garnichts, bis auf die Tatsache, dass die jungen Männer gemeinsam im gleichen Bus saßen. Weil eben nichts vorliegt, sagt der Staat „Du bist eine Schläferzelle“.

    Das wäre so, als wären alle die auf der PPEGIDA in Dresden zur Demo gehen, Verdächtige die Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte planten.

     

    Ich würde mir auch bei der Antiterrorbekämpfung mehr Rechtsstaat wünschen.

  • Wasser auf den Mühlen der AfD, etc.

    • 6G
      65572 (Profil gelöscht)
      @Nicky Arnstein:

      Was meinen Sie damit?

      - Soll der sogenannte, selbsternannte IS seine Leute mit offiziellem Zertifikat nach Deutschland bringen damit Flüchlinge nicht diskreditiert werden?

      - Soll die Presse nicht mehr über derartige Polizeiaktionen unterichten?

  • ... und da haben doch Kanzleramt und Innenministerium monatlang behauptet, es gäbe keinen Anhalt dafür, dass unter den Flüchtenden irgendwelche Gefärder seien ... und nun diese sicher seit langem vorbereitete Aktion.

     

    Es ist schon gut, dass die Öffentlichkeit nicht informiert wird, sonst hätten wir - aus "Dummheit", "Verunsicherung" & "Panikmache" - ganz andere Wahlergebnisse.

    • @TazTiz:

      Das Problem besteht jedoch darin, dass solche Des- bzw. Nichtinformationsstrategien meistens irgendwann auffliegen und die Vertrauensbasis den etablierten Parteien gegenüber noch mehr unterminieren.

       

      Ich bin inzwischen nicht mehr so sicher, welcher Weg innerhalb der letzten 12 Monate mittelfristig erfolgversprechender gewesen wäre: der Weg differenzierender Wahrheitsverkündung oder der Weg plumper Schönfärberei. So treffe ich mittlerweile auf sehr viele, den Flüchtlingen durchaus wohlgesonnene Menschen, die reichlich von der Bundesregierung enttäuscht sind, weil diese vor einem Jahr geradezu paradiesische Auswirkungen auf unsere Sozialsysteme prognostizierte, die heute offiziell verlautbarten Zahlen aber das exakte Gegenteil belegen.

       

      Kurzfristig mag man mit propagandistischen Mitteln durchaus positive Effekte zu erzielen. Langfristig kann sich das Ganze aber ins Gegenteil verkehren, denn: Verkohlen lassen sich die wenigsten Menschen gerne – selbst, wenn es „gut gemeint“ sein sollte.

      • @Urmel:

        Die zum Teil bewusste und vorsätzliche Desinformation der Öffentlichkeit ist zunächst ein Zeichen von Schwäche. Wegen dieser Schwäche auch die große Angst der politisch Handelnden vor Wahl-Alternativen, egal ob innerhalb und außerhalb der etablierten Parteien.

  • Das sind nur diffuse Ängste. Warum sollten Terroristen den Flüchtlingsstrom nutzen die haben ganz andere Wege.

    • 2G
      2730 (Profil gelöscht)
      @Mayerlei:

      "..rmittelte das BKA bereits seit mehreren Monaten gegen die drei Männer." Und das alles nur wegen "diffuser Ängste". Diese Angsthasen sollten den Mayerlei mal endlich dran lassen!

    • 6G
      65572 (Profil gelöscht)
      @Mayerlei:

      Genau.

    • @Mayerlei:

      Warum sollten sie den Flüchtlingsstrom nicht nutzen? Eine bessere Tarnung gibt es doch nicht!

      • 6G
        65572 (Profil gelöscht)
        @RiaS :

        Mein "Genau" gilt auch für Sie, jedoch mit einer etwas ernsthafteren Betonung.