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Anti-Sektenkampf in HamburgScientology-Jägerin verliert Dienststelle

Hamburg löst die Arbeitsgruppe Scientology auf. Deren Leiterin, Ursula Caberta, bleibt für die Aufklärung zuständig. Aussteiger müssen sich künftig an den Verfassungsschutz wenden.

Weiter für die Aufklärung über Scientology zuständig, nur ohne eigenen Dienststelle: Hamburger Scientology-Beauftragte Ursula Caberta. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Hamburger Scientology-Beauftragte Ursula Caberta verliert ihre Dienststelle, die "Arbeitsgruppe Scientology". Das hat die Hamburger Innenbehörde am Dienstag bestätigt. "Am 31. August ist Schluss", sagte ein Sprecher. Caberta werde als Ministerialreferentin weiter für die Aufklärung über Scientology zuständig sein. Die Beratung von Aussteigern übernehme in Hamburg der Verfassungsschutz.

Noch im März hatte Caberta mit dem in der ARD ausgestrahlten Film "Bis nichts mehr bleibt" einen Triumph gefeiert. Das Anti-Scientology-Drama, an dem sie als Beraterin mitgewirkt hatte, erreichte eine Einschaltquote von 27 Prozent und fast neun Millionen Zuschauer. Hamburg war das einzige Bundesland, das für die Aufklärung über Scientology eine eigene Arbeitsgruppe eingerichtet hatte. 2007 gab Caberta ein "Schwarzbuch" über die Organisation heraus und forderte zusammen mit dem damaligen CDU-Innensenator Udo Nagel ein Verbot. Scientology gebe sich als Religionsgemeinschaft aus, verfolge in Wahrheit aber verfassungsfeindliche Ziele.

Nagels Nachfolger Christoph Ahlhaus (CDU), derzeit Hamburger Bürgermeister im Wartestand, hatte nach der Ausstrahlung des ARD-Films die Forderung nach einem Verbot erneuert. Scientology sei eine "menschenverachtende Organisation". In dem Film wird gezeigt, wie Scientology mit dubiosen Methoden versucht, Mitglieder in der Organisation zu halten.

Nach Auskunft der Hamburger Innenbehörde habe Caberta bereits 2009 signalisiert, dass sie aufhören wolle. Im Februar 2009 kündigte sie ihren Rücktritt an - hinter den Kulissen hieß es allerdings, sie sei enttäuscht über die mangelnde Unterstützung seitens der Innenbehörde. Zwei ihrer fünf Planstellen waren damals unbesetzt. Mittlerweile sind überhaupt nur noch zweieinhalb Stellen übrig geblieben, ihre eigene mitgerechnet.

Für die Beratung von Aussteigern sei beim Verfassungsschutz eine halbe Stelle geschaffen worden, sagte ein Innenbehördensprecher. "Und ein Beamter kümmert sich dort ja sowieso um Scientology." Dank der "guten Arbeit, die Frau Caberta geleistet hat", sei die Auflösung ihrer Arbeitsgruppe überhaupt kein Problem.

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11 Kommentare

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  • E
    eLeS

    Es ist schon erstaunlich wie einfach es immer noch ist (ausgerechnet in Deuschland) durch Rufmord eine Hysterie gegen eine Minderheit auszulösen. Diese "Behörde" hat nichts ausser Behauptungen und Lügen gegen Scientology verbreitet. Oder hat man je von irgendeinen Nachweis der Kriminalität oder der Verurteilung irgendeines Scientologen gehört? Worauf wurde und wird denn diese Hetzkampagne des Menschenrechtsverletzers Ursula Caberta (man darf diese Frau laut Gerichtsurteil so nezeichnen) begründet? Auf schlichten Behauptungen, bei denen überhaupt keine Beweise aufgezeigt werden, einfach weil es keine gibt. Und der Verfassungsschutz selber gibt zu keinerlei Verfassungsfeindliche Aktionen der Kirche gefunden zu haben, denoch wird sie weiter "unter Beobachtung" gehalten. Warum? Weil es sich natürlich gut anhört, wenn man jemanden ausgrenzen und zunichte machen will "wird vom Verfassungsschutz beobachtet" - klingt doch irgendwie schon als "schuldig sein" oder zumindest "irgendetwas muss ja dran sein". Wenn der Verfassungsschutz nach mehr als 10 Jahren noch immer keinerlei Nachweise gefunden hat, sollte die gesamte Behörde wegen inkompetenz entlassen und neu besetzt werden oder endlich zu geben, dass es das nicht gibt, was man glaubt (oder besser hofft) zu finden.

    Demokratie und freie Meinung in Deutschland - noch sehr weit hin!

  • T
    TeaTimeTom1988

    Hier der Film "Bis nichts mehr bleibt" über die Methoden von Scientology youtube.com/watch?v=cv_8qP5ZIEY

  • L
    Luftikus

    "Scientology gebe sich als Religionsgemeinschaft aus, verfolge in Wahrheit aber verfassungsfeindliche Ziele."

     

    Kapier ich nicht. Warum soll sich Scientology nur als Religion ausgeben, in Wirklichkeit aber verfassungswidrige Ziele verfolgen? Seit wann können nicht einfach Religionen menschenverachtend sein und verfassungswidrige Ziele verfolgen?

  • S
    sektenbeauftragter

    Es scheint Scientology hat seine Schäfchen ausgeschickt möglichst viele "unauffällige" Kommentare gegen Caberta zu schrieben.

     

    Richtig ist Cabertas Arbeit fand bundesweit Beachtung, Scientology-Aussteiger aus dem gesamten Bundesgebiet wurden nach Hamburg verwiesen. Richtig ist auch, führende Kräfte bei den GRÜNEN hatten Probleme mit dem Verbot der Geld-Sekte. Schließlich ist man eine liberale Partei, da darf ein mächtiges Unternehmen auch unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit systematisch Menschen Psycho-Terror aussetzen und geheimdienstliche Strukturen etablieren.

     

    siehe auch

    http://www.jungewelt.de/2010/08-18/034.php

     

    Scientology wird salonfähig in Deutschland. Man denke nur an die Beziehung von Familie Guttenberg und Familie Cruise. Die Führungspersönlichkeiten der Sekte gehören geteert und gefedert, ihre Strukturen zerschlagen. Scientology sollte auf TAZ.de Kommentaren nichts zu suchen haben.

  • SI
    space in vaders

    Eine Beteuerung der Steuerung kann ohnehin jeder frei wählen.

    So wird der Weltraum zum Wertraum.

  • N
    noevil

    Nur wer mit Scientology zu tun hatte weiss, mit was für einer "Krake" er zu tun hatte. Da darf getrost den Mitkommentatoren unterstellt werden, dass sie, gewarnt durch Cabertas unermüdlichen Einsatz gar nicht erst in deren Fangarme geraten sind.

  • D
    DerPestbeamte

    Dank der "guten Arbeit, die Frau Caberta geleistet hat", sei die Auflösung ihrer Arbeitsgruppe überhaupt kein Problem.

     

    Jeder gute Beamte weiss doch, Nicht zu viel tun, sonnst hat man nachher nix mehr zu tun und die Stelle wird gestrichen.

     

    Also halbe Arbeit = Volle Arbeitsstelle

     

    Volle Arbeit = Bald arbeitslos

     

    Klasse :)

     

    Naja nun wird die gute Frau denk ich ja mal nicht auf der Straße sitzten sondern irgendwo anders untergebracht.

  • C
    Charlot

    Sobald die Grünen an der Macht sind, bauen sie unglaublichen Koalitionsmist. Welcher Aussteiger geht denn zum Verfassungsschutz! - das Thema ist leider zu ernst für solche Witze!

  • F
    Fritz

    Cabertas Behörde war sicherlich die überflüssigste Behörde Deutschlands. Der Staat hat sich gemäß der Verfassung hinsichtlich Weltanschauungs- und Religionsfragen neutral zu verhalten. Was diese Behörde gemacht hat, war das genaue Gegenteil dieser Option.

     

    Durch Schließen dieser Behörde unnütze Steuerverschwendung zu verhindern, ist eine sehr sinnvolle und begrüßenswerte Maßnahme.

  • M
    Mark

    Seit Jahren ist von 5000 Mitgliedern die Rede. Frau Caberta selbst hat nie konkrete Zahlen genannt, und jetzt wird ihre Arbeitsgruppe aufgelöst.

     

    Könnte es am Ende gar sein, dass es praktisch gar keine Aussteiger gibt?

  • J
    JonnyBlue

    Das hatte sich ja schon länger angedeutet. Zu dem Thema Scientology wurde in den letzten Jahren ja auch bereits alles gesagt. Außer Warnungen ist in den letzten Jahren von dieser Stelle ja nicht mehr viel gekommen. Beweise für die Anschuldigungen ist sie weitestgehend schuldig geblieben. So kann man die Stuergelder auch sinnvoller einsetzen. Schlußendlich kann auch der mündige Bürger für sich selber denken.