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Anti-Pornografie-Politik in IndonesienMiniröcke bitte nicht zu mini

Der indonesische Religionsminister findet kurze Röcke pornografisch und will sie verbieten. Er möchte damit „universelle Kriterien“ für Pornografie schaffen.

So ist's recht. Bild: dapd

JAKARTA taz | Indonesiens Schneider und Stoffhändler dürften erfreut sein über die neueste Idee von Religionsminister Suryadharma Ali: Röcke, die nicht bis zu den Knien reichen, sollten als Pornografie eingestuft werden. Der Minister leitet die Geschäfte einer neuen Anti-Pornografie-Taskforce, die ein 2008 erlassenes und äußerst umstrittenes Anti-Pornografie-Gesetz umsetzen soll.

Ali und die anderen überwiegend männlichen und konservativ-islamischen Mitglieder der Taskforce versuchen derzeit zu definieren, was Pornografie ist. Das scheint die Bedenken von Menschenrechtlern zu bestätigen, die beim Erlass des Gesetzes bereits die schwammige Definition von Pornografie kritisiert hatten, was vielfältige Auslegungen ermöglicht.

Ali ließ nun verlauten, er wolle für den Kriterienkatalog zwar die Meinung verschiedener Vertreter der Gesellschaft einholen, es brauche jedoch „einige universelle Normen, was Pornografie sei, und dazu gehören Röcke, die oberhalb der Knie enden“.

Der Religionsminister ist nicht der einzige ranghohe Politiker, der daran glaubt, das freizügige Kleidung zur Vergewaltigung einlädt. Vor einigen Monaten machte Jakartas in Deutschland ausgebildete Gouverneur Fauzi Bowo mit ähnlichen Aussagen Schlagzeilen. Zuvor hatte es in öffentlichen Bussen mehrere Vergewaltigungen gegeben.

Die Vizevorsitzende der Nationalen Frauenkommission, Masruchah, wirft Religionsminister Ali vor, die Rechte von Frauen zu verletzen. Die Regierung habe den Menschen nicht vorzuschreiben, welche Kleider sie tragen dürften. Sexuelle Gewalt, das zeigten die Statistiken der Frauenkommission, habe nichts mit dem Zugang zu pornografischem Material oder mit der Kleidung von Frauen zu tun. Für die Soziologin Lugina Setyawati ist Alis Initiative ein Zeichen, dass die Programme des Frauenministeriums zur Geschlechtergleichstellung nicht nur nicht vorankommen, sondern sogar zurückgefahren werden.

Auch der stellvertretende Parlamentssprecher Pramono Agung kritisiert den Religionsminister: „Was hier reguliert werden muss, sind Minigehirne und eine Minimoral.“ Damit dürfte er vielen Indonesiern aus dem Herzen sprechen. Das Religionsministerium gilt als eines der korruptesten.

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9 Kommentare

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  • BG
    Björn G.

    @ einige: Hier instinktiv einen "weiteren Schritt zur Scharia und zur totalen Entrechtung der Frauen" auszumachen, klingt toll und entspricht dem unklaren Bild von einer Gesellschaft, die über 10.000 km Luftlinie von einem selbst entfernt ist.

     

    Aus der gleichen örtlichen Entfernung festzustellen, dass "Demokratie und Selbstbestimmung ... in Indonesien, wie in vielen anderen islamistischen Ländern auch, leider nicht möglich" sei, zeigt darüber hinaus eine leider üblich gewordene Mischung aus Uninformiertheit, Ignoranz und plumper Verallgemeinerung.

     

    Tatsächlich wird diese Äußerung eines offensichtlichen Profilneurotikers in Indonesien selbst kritisch kommentiert (steht übrigens auch im Artikel!) und hat wenig Chancen, auf Gesetzesvorlageniveau gehoben zu werden.

     

    Tatsächlich sind geschätzte 90% der ca. 240 Millionen IndonesierInnen moslemischen Glaubens. Dies ohne Umschweife als "islamistisch" zu kennzeichnen ist nicht nur dumm, sondern schlicht falsch. Ich kann jedem/jeder islamophoben WestlerIn nur empfehlen, die Beschwerden auf sich zu nehmen und nach Jakarta zu reisen, um sehen, dass Islam selbst für westliche Augen vollkommen "normal" gelebt werden kann. Und - aufgepasst! - bei weitem toleranter gegenüber Andersdenkenden und -glaubenden, als dies in dem ach so "aufgeklärten" und "entwickelten" Teil der Welt der Fall ist.

     

    Selbst Dorfnachrichten von der anderen Seite der Erdkugel können schlau machen - vorausgesetzt, man will schlau werden/sein! :-)

  • M
    Marcel

    Demokratie und Selbstbestimmung sind in Indonesien, wie in vielen anderen islamistischen Ländern auch, leider nicht möglich. Solche abwegigen moralischen Vorstellungen findet man selbst im katholischen Bayern kaum noch.

  • E
    E.A.

    Ähnliche Diskussionen gab es auch im Dtl. der 60er und 70er.... und heute noch in einigen US-Bundesstaaten.

    Man vergesse nicht die Aussage einer bayrischen Politikerin (ist schon einige Jahre her, zu Stoiber-Zeiten), die auch Pornographie ganz verbieten wollte, weil man einem Volk solche Bilder nicht zumuten könne...

     

    Man sieht also, dass Frauenhass und Frauenverachtung ziemlich weit verbreitet ist und eine kulturelle weit verbreitete Praxis ist..... Sogar bei uns gibt es das, nur viel subtiler... Liebe Mädels ich muss euch leider sagen: Auch wenn ich weniger leiste als ihr, so werde ich trotzdem mehr verdienen....

  • N
    n.n.

    die bildzeitungskolumnisten alice s. wird es freuen.

  • HB
    Hannelore Bayrak

    Es wäre sehr fein, wenn Frauenrechte dort begännen, wo sie hingehören (Arbeit, Bildung, Entlohnung, Wahlrecht usw)! Eine Fleischbeschau ist kein Recht, es ist Geschmackssache. Ist es wirklich die Möglichkeit schlechthin, Selbstbestimmung zu demonstrieren, wenn man seine Körperlichkeit zwecks stierender Blicke durch die Gegend wackeln lässt? - Oktroyierte Kleiderordnung - nein! Wenn eine Gesellschaft aber von jetzt auf gleich von lang auf superkurze Röcke umschwenkt, kann man sich der unangenehmen, sexistischen Blicke sicher sein. - Ob das im Sinne der Frauen ist, wage ich zu bezweifeln.

  • TR
    Thomas R.

    Da wird ein weiterer Schritt zur Scharia und zur totalen Entrechtung der Frauen getan und was macht die taz? Tja die taz, die schreibt einen süffisanten Artikel: "So ist's recht" als Bildunterschrift zu verschleierten Frauen. Oder "Schneider und Stoffhändler dürften erfreut sein".

     

    Es ist zum weinen, zum traurig sein, zum brüllen, zum kapitulieren. Hat man erst mal kapituliert, ist es aber zum lachen: Genau diese Kreise, welche die Frauenrechte mühsam erkämpft haben, helfen jetzt diese im Eiltempo wieder abzuschaffen.

  • K
    klickprovokateur

    "Der deutsche Religionsminister findet nackte Sportlehrer pornografisch und will sie verbieten. Er möchte damit „universelle Kriterien“ für Pornografie schaffen."

     

    Gibts jetzt weiter jeden Tag einen Bericht über die souveräne Gesetzgebung für deren Gemeinschaft auf anderen Seiten der Erdkugel?

     

    Was berichten die Dorfnachichten von dort über uns?

     

    peinlich, auch wenn die klickzahlen spaß machen

  • K
    klickprovokateur

    "Der deutsche Religionsminister findet nackte Sportlehrer pornografisch und will sie verbieten. Er möchte damit „universelle Kriterien“ für Pornografie schaffen."

     

    Gibts jetzt weiter jeden Tag einen Bericht über die souveräne Gesetzgebung für deren Gemeinschaft auf anderen Seiten der Erdkugel?

     

    Was berichten die Dorfnachichten von dort über uns?

     

    peinlich, auch wenn die klickzahlen spaß machen

  • TS
    Thomas Sch.

    Vielleicht sollte man dem Minister im Gegenzug bestimmte Vorschriften hinsichtlich seiner Aussagen in bezug auf eine Mindestintelligenzanforderung machen.