Anti-Nazi-Demonstranten gestärkt: Blockieren darf geübt werden
Öffentliche Blockadetrainings vor Neonazi-Demos sind zulässig. Das entschied das Oberverwaltungsgericht Münster. Die Polizei dürfe sie nicht verbieten.
MÜNSTER afp | Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat die Rechte von Bürgern bei Protesten gegen Neonazi-Aufmärsche gestärkt. Das Verbot eines öffentlichen Blockadetrainings von Bürgern im nordrhein-westfälischen Stolberg im Februar 2011 war unzulässig, wie das OVG in einem am Dienstag verkündeten Urteil entschied.
Das Blockadetraining war als Versammlung mit etwa 100 Teilnehmern angemeldet gewesen. Die Polizei hatte allerdings das Üben von Blockadetechniken verboten und die Personalien der Trainer, Ordner oder Redner vorab eingefordert.
Laut OVG waren diese Auflagen unzulässig und das Training von der Versammlungs- und Meinungsfreiheit geschützt. Die Veranstaltung habe „gewaltfrei zur öffentlichen Meinungsbildung“ und zum „angemessenen gesellschaftlichen Umgang mit rechtsextremen Ideologien beitragen wollen“.
Die Probeblockade, bei der niemand behindert werde, durfte laut Gericht auch nicht als strafbare Aufforderung zur Störung des Nazi-Aufmarsches gewertet werden: Friedliche Blockaden seien grundsätzlich zulässige Mittel, um die öffentliche Aufmerksamkeit für ein Anliegen zu erhöhen.
Grenze zur Strafbarkeit nicht überschritten
Die Grenze zur Strafbarkeit werde erst dann überschritten, wenn die Teilnehmer einer Versammlung eine andere nicht verbotene Versammlung über eine erhebliche Dauer blockierten, ohne dass deren Teilnehmer ausweichen könnten.
Die Vorinstanz hatte noch entschieden, dass bei einer öffentlichen Veranstaltung nicht geübt werden darf, wie man eine Demonstration von Neonazis verhindert. Das Aachener Verwaltungsgericht hatte im Juli 2011der Polizei der Stadt recht gegeben, die eine derartige Versammlung untersagt hatte.
Das Blockadetraining sei darauf ausgerichtet gewesen, die angekündigte Demonstration der rechtsextremen Szene zu verhindern oder zu stören, befand das Verwaltungsgericht. Das Training sei mit einer öffentlichen Aufforderung zu Straftaten verbunden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Wie er die US-Wahl gewann
Die Methode Trump