KOMMENTAR: Anti-Faschismus
■ Zu den Identifikationen durch Gegen-Identifikation
Tod dem Faschismus – wie ernst dürfen wir das nehmen? „Verjagen wir die Nazis, zerschlagen wir den Staat...“ wurde auf dieser Demonstration auch gerufen. Die meisten der Demonstranten, die am vergangenen Freitag durch die Stadt zogen, hätten wenig Federlesens gemacht mit Menschen, die sie als „Glatzen“ Neonazis für identifizierbar halten. Vor einiger Zeit hat Ernst B., das Opfer des Überfalls, an eine Hauswand in seiner Straße „Tod den Faschisten“ gesprüht. Dann kamen die, die sich gemeint fühlten, und hätten ihn mit dem Baseball-Hieb, der ihn per Zufall nur am Kinn traf, totschlagen können.
Wie einfach ist das mit den Neonazis? Die „Autonomen“ betrachten Ernst B. als Antifaschisten und einen der ihren wahrscheinlich zu Recht. Aber gerade deshalb sollten sie nicht verdrängen, daß ihr neuer Freund noch vor wenigen Jahren „Verjagt die roten ..“ und „Rotfront verrecke“ gebrüllt und bei Schlägereien auf der anderen Seite gestanden hat. Er selber ist das beste Beispiel dafür, daß der „Tod“ nicht das einzige ist, was Jugendbanden davon abhalten kann, ihre Schläger-Kommandos mit Hakenkreuz –Aufklebern und „No remorse“ ('Nichts zu bereuen') anzukündigen.
Klaus Wolschner
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