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Anti-Atomkraft-BewegungDer Kampf gegen das Gronauer Uran

Der Arbeitskreis Umwelt will den Ausbau der Gronauer Anlage für Urananreicherung verhindern – gegen viele Widerstände. Teil 5 der taz-Serie über die Anti-Atomkraft-Bewegung.

Die Urananreicherungsanlage in Gronau (Archiv) soll ausgebaut werden. Bild: dpa

MÜNSTER taz Gronau, eine Stadt mit knapp 50.000 Einwohnern kurz vor der Grenze in die Niederlanden. Hier betreibt die Firma Urenco die bundesweit einzige Urananreicherungsanlage (UAA). Der Anteil des spaltbaren Materials wird erhöht, damit hinterher im Atomkraftwerk die Kettenreaktion funktioniert. Stünde die Anlage im Iran, ginge die hohe Weltpolitik auf die Barrikaden. Da sie aber in Gronau steht, sind es vor allem die Atomkraftgegner vor Ort. Seit 22 Jahren findet vor der UAA jeden Monat ein Sonntagsspaziergang statt, der traditionell nicht bei der Polizei angemeldet wird.

ATOM-PROTESTE

Der jüngste Castor-Transport im November hat gezeigt: Die Antiatomkraftbewegung ist lebendig. Doch woher kommen die vielen tausend Menschen, die rund um Gorleben protestierten - und was machen sie, wenn gerade kein Atommülltransport durchs Land rollt? Im ganzen Land engagieren sich Initiativen gegen Atomkraft. Und zwar auf unterschiedliche Weise: Die einen versuchen, die Finanzierung von Atomkraftprojekten zu verhindern; andere vernetzen Atomkraftkritiker per Internet. Zum Beginn des Wahljahrs, in dem wichtige Atomkraftentscheidungen fallen, stellt die taz täglich eine Antiatomkraftinitiative vor.

Meist kommen nur eine Handvoll Leute, aber die Atomkraftgegner sehen sich als Vertreter der Mehrheit: "Wir vermuten, dass ein beachtlicher Teil der Bevölkerung gegen die Anlage ist", sagt Udo Buchholz vom Arbeitskreis Umwelt (AKU) Gronau und verweist auf die 3.000 Unterschriften, die der AKU Ende der 90er-Jahren gegen die UAA gesammelt hat.

Im Stadtrat, dem Buchholz als Vertreter der Grün Alternativen Liste angehört, sieht die Stimmungslage allerdings anders aus. Dort hat die CDU die absolute Mehrheit. "Die freuen sich, wenn die Anlage vor sich hin strahlt", sagt der Atomkritiker.

Früher saß Buchholz für die Grünen im Stadtparlament, aber seit die rot-grüne Landesregierung 2005 den Ausbau der UAA genehmigt hat, existiert in Gronau kein grüner Ortsverband mehr. Franz-Josef Rottmann gehört zu den Leuten, die Hoffnungen in die grüne Partei gesetzt hatten und enttäuscht wurden: "Vor der Wahl sind die Grünen dafür eingetreten, aus der Atomenergie auszusteigen. Und dann das Gegenteil zu tun, das war eine Ungeheuerlichkeit", sagt er.

Jetzt hat die Betreiberfirma Urenco, an der auch die Energiekonzerne RWE und Eon beteiligt sind, die Erlaubnis, jährlich 4.500 Tonnen sogenannte Urantrennarbeit zu leisten - dieser Begriff bezeichnet den für die Trennung von Uranisotopen erforderlichen Aufwand. Damit kann die UAA mehr als 30 Atomkraftwerke mit dem Brennmaterial versorgen. "Das verdeutlicht, dass Urenco stärker als bisher darauf setzt, für den Weltmarkt zu produzieren", sagt Buchholz.

Die Urenco gebe jede Menge Geld für ihre Imagepflege aus, sagen Buchholz und Rottmann. Tatsächlich hebt die Firma in der eigenen Werbe-Broschüre ihr "soziales Engagement" hervor und erklärt stolz, dass sie seit Jahren das Kulturprogramm der Stadt Gronau fördere und Hauptsponsor von zwei lokalen Fußballvereinen sei. "Jugendfreizeiten, Maßnahmen der Jugendbildung sowie kulturelles und sportliches Engagement erfahren durch das Förderprogramm der Urenco seit vielen Jahren gezielt Hilfestellung", heißt es in der Broschüre.

Rottmann beeindruckt das nicht. Schließlich habe die Urenco vor rund 30 Jahren ein Grundstück im Wert von 15 Millionen Deutsche Mark von der Stadt geschenkt bekommen. "Wer Riesensummen an Steuergeldern kassiert hat, kann damit ne Menge tun."

www.aku-gronau.de

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