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Ansprache als Provokation

Algeriens Präsident Bouteflika kündigt an, die Unruhen in der Kabylei untersuchen zu lassen – in Arabisch. Das bringt die Berber erneut zu Protesten auf die Straße

MADRID taz ■ Algeriens Präsident Abdelasis Bouteflika versprach am Montag in einer Fernseh- und Radioansprache die Einrichtung einer Kommission zur Untersuchung der Ursachen der seit knapp zwei Wochen in der Berberregion Kabylei anhaltenden Unruhen. „Sie wird aus Vertretern der Zivilgesellschaft bestehen und die Aufgabe haben, ohne Einschränkungen aufzuklären, was genau passiert ist“, erklärte Bouteflika. Er wünscht einen „Rückkehr zum Weg des Dialoges und der Toleranz“. Was die Forderung nach mehr kultureller Eigenständigkeit der Region östlich Algiers angeht, vertröstete der Staatschef die Berber auf die „Überarbeitung der Verfassung von 1996“, ohne konkrete Ideen oder einen Zeitplan zu nennen.

Unmittelbar nach dem Auftritt des Staatschefs zogen in den beiden größten Städten der Kabylei, in Tizi Ouzou und Bejaia, hunderte von Jugendlichen protestierend durch die Straßen. Wie viele ihrer Landsleute empfanden sie den Auftritt Bouteflikas als Provokation. Außer dem Fehlen konkreter Maßnahmen beklagten die Demonstranten, dass sich der Präsident einmal mehr des klassischen Arabisch bedient habe. „Er hätte als Geste algerisches Arabisch, Französisch oder einige Worte Kabylisch sprechen können“, beschwerte sich ein Sprecher der Front der Sozialistischen Kräfte (FFS). Die Proteste und Scharmützel mit der Polizei dauerten bis in die Morgenstunden.

Die Unruhen brachen am 18. April in Beni Douala aus, nachdem ein Jugendlicher auf der Polizeiwache erschossen worden war. Es sei ein Unfall gewesen, behaupten die Gendarmen, während die Eltern berichteten, dass ihr Sohn über und über von Einschüssen gezeichnet sei. Nach Angaben der Presse sind bei den Auseinandersetzungen mit der Polizei 84 Menschen getötet und 400 weitere zum Teil schwer verletzt worden.

Am Montag griffen die Proteste erstmals auf Universitäten außerhalb der Kabylei über. In Algier versammelten sich vor der Zentralfakultät dutzende Demonstranten. Sie wurden ebenso von der Polizei vertrieben wie ihre Kommilitonen in der Universität am östlichen Rand der Hauptstadt in Bab Ezzouar.

„Eine Regierung, die auf Menschen schießen lässt, ist es nicht wert, unterstützt zu werden“, erklärte am Montag der Vorsitzende der neben der FFS zweiten wichtigen Berberpartei, Versammlung für Kultur und Demokratie (RCD), Said Sadi. Er droht, seine zwei Minister aus der Koalition, die hinter Bouteflika steht, zurückzuziehen. REINER WANDLER

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