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Anschlag von OmaghVernichtendes Urteil

Wegen schlampiger Polizeiarbeit spricht ein Gericht den Angeklagten des Anschlags von Omagh 1998 frei. Warnungen wurden ignoriert, Beweise zerstört oder aufgepeppt, so die Richter.

Absolut ungenügend: die Polizeiarbeit nach dem Bombenattentat von Omagh. Bild: rtr

DUBLIN taz Eigentlich müsste er sich jetzt umbringen. Der frühere nordirische Polizeichef und heutige Chefinspektor für die gesamte britische Polizei, Ronnie Flanagan, hatte angekündigt, dass er zurücktreten und sich öffentlich das Leben nehmen würde, sollten sich die Vorwürfe der Polizei-Ombudsfrau Nuala O'Loan bewahrheiten. Die hatte ihm und seinen Beamten 2002 vorgeworfen, bei der Untersuchung des Bombenanschlags von Omagh im August 1998 schlampig gearbeitet zu haben und fahrlässig mit Beweismitteln umgegangen zu sein. Ein nordirisches Gericht bestätigte das am Donnerstag und sprach Seán Hoey, der des Attentats beschuldigt war, in allen 56 Anklagepunkten frei.

Es war ein typischer Samstagnachmittag vor neun Jahren in dem Marktflecken Omagh unweit der inneririschen Grenze. Die Haupteinkaufsstraße war belebt, die ständige Anspannung war nach dem Waffenstillstand der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) gewichen. Doch dann gingen drei Bombenwarnungen einer Splittergruppe, der "Real IRA", ein. Sie waren so ungenau, dass die Polizei die Passanten ausgerechnet in die Straße trieb, wo das Auto mit einer 500 Pfund schweren Bombe geparkt war. 29 Menschen starben, darunter elf Kinder. 220 Menschen wurden verletzt. Es war der schlimmste Anschlag in der Geschichte des Nordirland-Konflikts.

Dabei hätte man ihn möglicherweise verhindern können: Elf Tage vor dem Anschlag warnte ein anonymer Anrufer die Polizei und benannte nicht nur Ort und Zeitpunkt der geplanten Attacke, sondern auch die vier mutmaßlichen Attentäter. Die Anti-Terrorismuseinheit der Polizei nahm die Warnung nicht ernst. Auch auf den zweiten Hinweis, der drei Tage vor dem Anschlag vom Polizeiagenten Kevin Fulton kam, reagierte die Polizei nicht, weil sie befürchtete, Fulton könnte enttarnt werden.

Richter Weir ließ am Donnerstag kein gutes Haar an der Polizeiarbeit. Zwei "verlogene Beamte" hätten die Beweise aufgepeppt und versucht, das vor Gericht zu vertuschen, stellte er fest. Darüber hinaus haben die Gerichtsmediziner die Beweise möglicherweise kontaminiert, weil sie bei der Untersuchung weder Handschuhe noch Mundschutz trugen. Die Aufbewahrung sei das reinste Kuddelmuddel gewesen, sagte Weir, und wichtige Beweise wurden verschludert - darunter sogar das Auto, in dem die Bombe versteckt war. Es wurde später auf einem Parkplatz wiedergefunden, wo es wochenlang vor sich hin gerostet hatte.

Der 38-jährige Elektriker Seán Hoey, der 2003 bei einer Razzia seines Hauses, an der mehr als 200 Polizisten teilnahmen, verhaftet worden war und seitdem im Hochsicherheitsgefängnis Maghaberry saß, kam nach der Urteilsverkündung frei. Sein Onkel Colm Murphy war vor knapp sechs Jahren für denselben Anschlag zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Drei Jahre später wurde das Urteil aus den gleichen Gründen, die zu Hoeys Freispruch führten, aufgehoben und ein neuer Prozess angeordnet. Doch niemand rechnet damit, dass es der Polizei gelingt, ausreichende Beweise für eine erneute Anklage aufzutreiben.

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