: Anschlag auf Pariser Yuppie-Blatt
Die Büros des 'Globe‘ wurden durch einen Brandsatz völlig zerstört / Attentäter im rechtsradikalen Lager vermutet / Schicki-Micki-Blatt bekam Drohungen / Kultusminister Jack Lang ist empört ■ Aus Paris Beate Seel
„Doppelnummer, brandheiß“, lautete die Dachzeile der letzten Ausgabe des Pariser Yuppie-Monatsmagazins 'Globe‘. Die MitarbeiterInnen des Blattes ahnten nicht, daß der reißerische Spruch sich nur zu bald in bittere Wahrheit verwandeln sollte: Am Sonntag morgen gegen halb vier explodierte ein Sprengsatz in den Redaktionsräumen, die völlig ausbrannten. Menschen kamen nicht zu Schaden, doch ein Feuerwehrmann erlitt beim Sturz von einer Terrasse schwere Verletzungen.
Bislang hat sich keine Gruppe zu der Tat bekannt. Die Polizei geht davon aus, daß der starke Brandsatz von Amateuren gelegt wurde. Das Schicki-Micki-Blatt mit einer Auflage von 45.000 war wiederholt Adressat von Drohungen aus der rechtsradikalen Ecke gewesen. Die Belegschaft geht daher davon aus, daß der oder die Täter in diesen Kreisen zu suchen ist.
Warum nun just die 'Globe‘ von Bernard Henri Levy, eines Ex -68ers, der mittlerweile die Politik von US-Präsident Ronald Reagan in Nicaragua unterstützt, zum Opfer eines Anschlags wurde, ist auf den ersten Blick schwerlich auszumachen. Zwar enthält die Sommernummer ein Dossier über die Zusammenarbeit zwischen den französischen Rechtsparteien RPR/UDF und der Front National, in dem an die 30 Politiker mit zum Teil wörtlichen Zitaten über die gedankliche Übereinstimmung mit Le Pen vorgeführt werden sowie eine kurze übersicht über Organisationen, in denen Anhänger Le Pens und anderer Parteien traute Zusammenarbeit pflegen. Selbst Mitarbeiter des 'Globe‘ halten dies für so sensationell nicht.
Die Ankündigung „brandheiß“ dürfte wohl eher auf das 60seitige Dossier mit dem Thema „Vive la civilisation sexy!“ gemünzt gewesen sein, wo man neben Banalitäten über Mode, Po und Brüste zahlreiche leichtbekleidete Damen und auch einige Herren finden kann. Interviews, z.B. mit Marguerite Duras („Duras est sexy!“ oder im Frühjahr mit der Ex-Frau von Le Pen, die aus der Vergangenheit ihres geschiedenen Mannes plauderte sowie bekannte Autoren und kurze Statements verschiedener Berühmtheiten sorgen jedoch für Aufmerksamkeit in der französischen Intellektuellen-Szene. Kulturminister Jack Lang und die ihm beigeordnete Kollegin Catherine Tasca begaben sich denn auch am Montag vormittag an den Ort des Geschehens, um ihrer Empörung über diesen „Akt der Barbarei und des Hasses“ Ausdruck zu verleihen. Weitere Minister und Politiker verurteilten den Anschlag auf die Pressefreiheit.
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