: Anreiz statt Druck
betr.: „Notfalls mit der Polizei“
Mehr Zwang sei nötig und wirksam zum Umsetzen des Kindeswohls? Ich habe da Zweifel, denn wenn Eltern als Persönlichkeit selbst so beschädigt sind, dass sie eigene Kinder misshandeln, vernachlässigen oder gar verhungern lassen, ist dem mit Verpflichtungsmaßnahmen kaum beizukommen. Die bestehenden Gesetze erlauben die entsprechenden Eingriffe in die Privatsphäre und müssten ggf. umgesetzt werden.
Eine breitenwirksame Prävention kann nur greifen, wenn sich die Gesellschaft insgesamt kindzentrierter orientiert. Das allerdings wird auch ein Umlenken von Geldströmen nach sich ziehen. Anreiz statt Druck: Arme und sozial gefährdete Familien könnten für jede wahrgenommene Kinder-Vorsorgeuntersuchung pro Kind 10 Euro bar plus einen Nahverkehrsgutschein für den jeweiligen Hin- und Rückweg erhalten – schon vorher für das nächste Mal ausgehändigt. Gleichzeitig sollte dann auch der Folgetermin vereinbart werden. Hilfreich wäre ein kurzer Erinnerungsanruf der Kinderarztpraxis eine Woche vor dem Termin.
Kleine Kinder sind nicht Eigentum, wohl aber gehören sie zu ihren Eltern. Kinder unter drei, vor allem aber im ersten Lebensjahr, sind auf individuelle Bindungen angewiesen und sollten nur im Notfall institutionell betreut werden. Kostenfreie gut ausgestattete Kindergartenangebote ab drei Jahre, Kindergartenpflicht ein Jahr vor der Einschulung, zuvor eine Sprachstandserhebung, um ggf. in diesem Jahr den Sprachstand auf Einschulniveau heben zu können – diese Maßnahmen wären finanzier- und organisierbar, wenn es denn eine Gesellschaft wollte. DOROTHEE BÖHM, Bielefeld