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Anne Haeming Der WochenendkrimiPhilanthrop im Waffenhändler-Schafspelz – geiles Zeug für drei kühle Sommernächte

Wissen Sie, gutes Zeug kann man auch einfach noch mal anschauen. Es gibt sogar einen eigenen Begriff dafür, wie sich jüngst herausstellte: „Comfort Bingeing“. Also sich die Filme und Serien reinziehen, die man eh kennt. Nimmt einem ab, sich auf was Neues von eher dubioser Qualität (so was wie der vorletzte Luzerner „Tatort“ am Sonntagabend, nur mal so) einzulassen.

Wer mal wieder frisch mit „Mord mit Aussicht“ oder „The Good Wife“ durch ist: Das ZDF hat die drei Jahre alte Bombasto-BBC-Miniserie „The Night Manager“ mit ihren sechs Folgen in drei Blöcke umverpackt – und ballert sie ab Samstagnacht an drei Abenden hintereinander raus. Im Sommerdunkel, wenn eine frische Brise die größte Hitze wegbläst.

Es ist wirklich alles drin, in diesem Großstück von Oscarpreis-Regisseurin Susanne Bier: frischer Undercoveragent, ausgefeilte Spionagestrategien, Waffenhändler im Menschenrechts-Schafspelz, falsch spielende Staatsleute, alles unter dem Deckmantel ausufernden Luxus. Und die Guten, die dankenswerterweise nicht nur gut sein müssen, die gibt’s natürlich auch. Mei, kein Wunder, die Vorlage stammt ja auch von John le Carré. Die sechs Folgen werden dem Romansog nur gerecht.

Bisschen viel Vorrede, finden Sie? Na ja, schmaler Grat, zu viel zu verraten macht doch keinen Spaß. Aber nehmen Sie dies: Jonathan Pine ist Nachtportier in einem Luxushotel in Kairo, er kommt über eine Frau an Dokumente, die den Philanthropen Roper als Waffenhändler entlarven, lässt sie dem britischen Geheimdienst zukommen. Als die Frau ermordet wird und sich die Wege von Pine und Roper in der Schweiz wieder kreuzen, lässt Pine sich als Agent anheuern. Wie sich das Spiel des So-tun-als-ob entfaltet, ist irre spannend, zumal die Zuschauer mehr als die Figuren wissen – aber eben auch nicht alles. Besetzt ist das Ganze mit Tom Hiddleston („Only Lovers Left Alive“), Hugh Laurie (genau, „Dr. House“), der blitzenden Olivia Colman (ja, noch eine Oscar-Gewinnerin), das muss man so hintereinander wegschreiben, damit der Effekt auch deutlich wird. Was für ein Ding!

Wem diese Aufwärmübung nicht reicht – die Titelsequenz wird’s richten. Da morphen Bombenbrände in Martinigläser, Feuerschweife in Perlencolliers, Lüsterkristalle in Explo­sio­nen (bitte nicht an James Bond denken, ja, ja, aber nein, ehrlich). 49 Sekunden, die ganz lässig deklarieren: Hallo, hier kommt extrem gutes Zeug.

„The Night Manager“: Folgen 1 und 2: Samstag, 0 Uhr; weitere Folgen: Sonntag, 0.40 Uhr, und Montag, 0.35 Uhr, ZDF

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