Anna Klöpper interpretiert eine Studie zu „Schulen in schwieriger Lage“: Schönen Dank auch für die Kohle
An der Schule meines Sohnes gibt es einen Jungen, der es mit seinen Rüpeleien zu einer kleinen Schulhofberühmtheit gebracht hat. Nachmittags setzt sich manchmal der Sozialarbeiter hin und spielt mit dem Jungen Schach, dann ist er nämlich ruhig. „Kann man nix machen“, zischelte einmal eine Erzieherin. „Müssen wa jetzt ein paar Jahre lang durch.“
Kann man nicht viel machen, aber danke, dass sich jemand kümmert. So in etwa lässt sich auch das Ergebnis einer Studie zusammenfassen, die am Dienstag veröffentlicht wurde und den Erfolg eines Hilfsprogramms für „Schulen in schwieriger Lage“, aka Brennpunktschulen, ausgewertet hat.
Das Bonusprogramm hatte die Senatsverwaltung für Bildung 2014 ersonnen: Schulen, in denen mindestens die Hälfte der Kinder in Familien leben, die vom Jobcenter abhängig sind, bekommen bis zu 100.000 Euro im Jahr extra. Für Sozialarbeiterstunden, für Theaterprojekte. Es ist ein wichtiges Programm: Etwa ein Drittel der rund 700 öffentlichen Berliner Schulen nimmt daran teil.
Ein unabhängiges Institut hat nun im Auftrag der Bildungsverwaltung die Schulleitungen gefragt: Wie kommt ihr mit dem Taschengeld klar, und: bringt’s was? Die antworteten, sinngemäß: Schönen Dank auch für die Kohle, aber wir kennen unsere Pappenheimer. Und ob die wegen drei Theaterprojekten mehr nun ihren Schulabschluss machen – das zentrale Ziel des Bonusprogramms –, das sei mal dahingestellt. Das ist natürlich etwas zugespitzt.
Aber es ist auch so: Zwar freuten sich die Schulleitungen über den Bonus. „Eher positive Erwartungen“ hegt man auch, dass das Programm „Bildungsbenachteiligungen“ ausgleichen könne. Aber wenn konkret gefragt wird: Wird das Extrageld die Schulabbrecherquote, die sich hartnäckig bei zehn Prozent hält, senken? Eher nein.
Eine „angemessen-realistische Erwartungshaltung“ sei das, befand die Studie übrigens trocken. Kann man wohl nix machen.
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