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Anklage wegen Justizmord

■ Wegen Todesurteils von 1960 ist der damalige DDR-Staatsanwalt angeklagt

Erfurt (dpa) – Gegen den heute 80jährigen Staatsanwalt, der in einem von Stasi und Politbüro manipulierten Prozeß im Mai 1960 die Todesstrafe gegen den Angeklagten beantragt hatte, wurde jetzt Anklage wegen Totschlags und Rechtsbeugung erhoben. Am 5. Mai 1960 hatte das Bezirksgericht Erfurt den 29jährigen Manfred Smolka zum Tod verurteilt, am 12. Juli 1960 war er in Leipzig hingerichtet worden. Der Vorwurf der Ankläger lautete auf schwere Militärspionage. Doch das Urteil stand schon lange vorher fest. DDR- Staatssicherheit und Politbüro verlangten „aus erzieherischen Gründen“ den Tod des ehemaligen Grenzoffiziers, der sich Ende 1958 in den Westen abgesetzt hatte. Einziges Beweismittel war ein in monatelanger Stasi-Haft erzwungenes Geständnis über angeblichen Verrat militärischer Dienstgeheimnisse an den amerikanischen Geheimdienst.

Das grausame Urteil damals diente vor allem der Abschreckung nach innen. Die DDR-Führungsspitze wollte demonstrieren, daß derjenige, der sich in die Hände von „Imperialisten und Militaristen“ begibt, seiner Strafe durch die Staatsorgane nicht entgehen kann, schreibt Klaus Schmude, Autor des Buches „Fallbeil-Erziehung“ und zeitweiliger Mithäftling Smolkas.

Laut Schmude hat Smolka bei den zahllosen Verhören immer wieder beteuert, nach der Flucht keine Geheimnisse über das Grenzsicherungssystem oder die Ausbildung der Soldaten verraten zu haben. Er habe sich an seinen damals geleisteten Diensteid gebunden gefühlt. In dem Urteil hieß es dazu lapidar, die Erfahrungen der DDR-Gerichte zeigten, daß der amerikanische Geheimdienst bestrebt sei, mit allen Methoden umfangreichste Angaben zu erhalten. Smolkas Einwände, er sei von seinem Vernehmer erpreßt worden, stellten eine „üble Verleumdung unserer Sicherheitsorgane“ dar, so die Richter.

Der Beschuldigte ist der letzte noch lebende Jurist, der direkt an der Tötung Smolkas beteiligt war. Für Zweifel an der Verhandlungsfähigkeit des 80jährigen gebe es keine Anhaltspunkte, meint Wolfgang Göb von der Erfurter Staatsanwaltschaft.

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