Anke Richter : Neues aus Neuseeland: Politik auf Pferderücken
Vor Trump-Kopien ist auch der schönste Arsch der Welt nicht gefeit. Unser stellvertretender Premierminister Winston Peters, Kopf der Mini-Partei NZ First, mausert sich zur antipodischen Westentaschenausgabe des US-Präsidenten: rassistische Sprüche, Machogebaren, Woke-Feindlichkeit. Nach einem zu harten Live-Interview drohte Peters gar vorige Woche, dem staatlichen Rundfunksender den Geldhahn abzudrehen.
Angesichts solcher Gebaren des selbsternannten Cowboys lohnt es sich, auch bei Winnies Rodeos auf diplomatischem Parkett genauer hinzuschauen. Neuseelands größte Sonntagszeitung bemühte daher den aufwändigen „Official Information Act“, um die geheimen Interna rund um den Mongolien-Besuch des trinkfesten Politikers zu enthüllen. Was da zutage kam, geht auf keine Rosshaut.
Peters’ Februar-Reise war die erste offizielle Steppenvisite eines Kiwi-Oberhauptes in über zehn Jahren. Das musste glatt ablaufen. Zuvor konsultierte man daher das mongolische Außenministerium, was Winston als Gastgeschenk zu erwarten habe. Die Antwort aus Ulaanbaatar: ein echtes Pferd. Lebend. Die größte Ehre für fremde Würdenträger. Daraufhin liefen die Drähte in Wellington heiß: „Wir werden höflich ablehnen.“
Peters sollte dennoch in einer öffentlichen Geschenkübergabe mitspielen, samt Zertifikat fürs Pferd. Auch einen Namen durfte er aussuchen. Sein Team debattierte ewig hin und her, ob der Gaul nach der neuseeländichen Stadt Karaka benannt werden sollte, die für Pferderennen berühmt ist, oder nach dem Farnwedelsymbol „Silver Fern“ oder nach den Kaimanawa-Bergen, wo sich wilde Pferdherden tummeln.
In den frühen Morgenstunden der gespielten Tierübergabe entschied sich der diplomatische Thinktank in letzter Minute für „Stamina“, was Kraft und Ausdauer bedeutet – schwer symbolisch für den starken Mann im Amt. Peters posierte im Schlips neben Stamina auf einem Foto für X. Das erinnerte an sein Wahlwerbevideo von 2023, in dem er als Minister für Rennsport in rustikaler Kluft auf einem Pferd saß.
Doch noch stand aus, wie es mit Stamina weitergehe. Eine Familie vor Ort wurde gefunden, die dem Pferd ein Zuhause geben konnte. Von neuseeländischer Seite wurde sie für die Pflegschaft großzügig bedacht: mit einem Küchenhandtuch mit Kiwiana-Aufdruck, Kräutertee aus Manuka und Kawakawa und einem nach Maori-Rezeptur angefertigten Heilbalsam für die Haut.
Unser Haudegen war nicht der Erste, der mit einem mongolischen Gaul als Souvenir beehrt wurde: Donald Trumps Sohn Bannon bekam 2019 ein Pferd, das er „Victory“ taufte, und Joe Biden wurde 2011 „Celtic“ überreicht. Die seltsame Sitte stammt nicht nur aus dem tiefen Osten: Peters verschenkte im Jahr 2018 als Außenminister ein weißes Pferd an Japan. Anders als Stamina durfte es das Land verlassen. Sattelfeste Staatsfreundschaft – da war die Welt noch in Ordnung.
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