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Ankauf von Steuer-CDsDaten-Diskussion ärgert FDP

Es gibt Aufregung über einen Plan der Justizministerin im Hinblick auf den Ankauf von Steuer-CDs. Die Parteispitze war nicht informiert.

Kämpft gegen „Datenhehlerei“: Bundesjustizministern Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Bild: dpa

FREIBURG taz | Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) unterstützt einen Gesetzentwurf gegen Datenhehlerei. Zugleich kritisierte sie auch den Ankauf von Steuer-CDS durch die Steuerfahndung. Dass die Ministerin Mitarbeiter der Finanzämter bestrafen will, die Daten von Steuerhinterziehern aufkaufen, sorgte am Sonntag für Aufregung. „Das ist klassische FDP-Politik für kriminelle Reiche, die auf Kosten der Allgemeinheit ihr Geld ins Ausland schaffen“, kritisierte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann.

Die Linke bezeichnete die FDP als „Steuerhinterzieherbeschützerpartei“. In einem Interview mit der Rheinischen Post hatte die Justizministerin gesagt, der Ankauf von Steuer-CDs bewege sich „in einem hochproblematischen Graubereich, nicht nur ethisch-moralisch, sondern auch juristisch“. Sie wolle deshalb diskutieren, „ob Regelungslücken im Umgang mit illegal erworbenen Daten bestehen“.

Scheinbar konkret wurde Leutheusser-Schnarrenberger, als sie sagte: „Ich unterstütze meinen hessischen Kollegen Jörg-Uwe Hahn, der eine Gesetzesinitiative gegen Datenhehlerei auf den Weg bringen will. Er plädiert für eine Strafbarkeit des Ankaufs und Erwerbs illegal erhobener Daten.“

Tatsächlich plant Hessens Justizminister Hahn (FDP) einen Gesetzentwurf gegen Datenhehlerei. Er handelt dabei im Auftrag der Justizministerkonferenz (JuMiKo). Allerdings heißt es im entsprechenden JuMiKo-Beschluss vom 14. Juni: „Der Straftatbestand soll nicht den Erwerb von Daten erfassen, der ausschließlich der Erfüllung rechtmäßiger dienstlicher oder beruflicher Pflichten dient [zum Beispiel Ankauf von Steuerdaten].“

Pragraf zur Datenhehlerei

Auf diese Einschränkung hatten die SPD-regierten Länder gedrungen. Nach Informationen der taz steht auch Minister Hahn zu dieser Einschränkung. Er plant also offenbar lediglich einen Paragrafen gegen die Datenhehlerei durch Privatpersonen. Wenn Leutheusser-Schnarrenberger diesen Gesetzentwurf unterstützt, dann unterstützt sie also gerade kein Gesetz, das den Ankauf von Steuer-CDs unter Strafe stellt.

Sie hat vielmehr nur ihre bereits bekannte Meinung geäußert, dass sie den Ankauf solcher CDs problematisch findet. Allerdings ist sie der Kritik von SPD und Linken auf Nachfrage auch nicht offensiv entgegengetreten. Die Rechtslage beim Aufkauf von Steuer-CDs ist derzeit ungeklärt. NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) hält den Ankauf für „rechtmäßig“. Experten wie der Internetstrafrechtler Ulrich Sieber sehen darin aber eine strafbare Beihilfe zur unbefugten Verwertung von Geschäftsgeheimnissen.

Das Bundesverfassungsgericht hat 2010 nur entschieden, dass solche Daten selbst dann vor Gericht verwertet werden dürfen, wenn der Ankauf illegal gewesen sein sollte. Wie sie den Ankauf selbst bewerten, ließen die Richter aber offen. Die Klärung könnte nun eine Strafanzeige bringen, die die Staatsanwaltschaft Köln laut einem Bericht der Wirtschaftswoche bearbeitet.

Thomas Koblenzer, ein Düsseldorfer Fachanwalt für Steuerrecht, hat Finanzminister Walter-Borjans, Mitarbeiter der Steuerverwaltung und Staatsanwälte in Wuppertal angezeigt, unter anderem wegen unbefugten Beschaffens von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen.

Mit der „Kavallerie durch den Rechtsstaat“

Am Montag legte Leutheusser-Schnarrenberger nochmal in der Süddeutschen Zeitung nach: „Im Rechtsstaat heiligt der Zweck nicht die Mittel.“ Steuerhinterziehung gehöre mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpft und nicht mit Hilfe von Kriminellen und windigen Datenhehlern. Steuerhinterziehung sei „kein Kavaliersdelikt, aber das heißt nicht, dass die Kavallerie durch den Rechtsstaat reiten darf“.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble verwies im Deutschlandfunk darauf, dass der Daten-Ankauf rechtlich gerechtfertigt sei. Daran habe sich auch die schwarz-gelbe Bundesregierung beteiligt. „Wir sind allerdings der Überzeugung, dass der bessere Weg ist, dass wir durch das Abkommen mit der Schweiz die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sich diese Fragen gar nicht mehr stellen.“

Dies sei der eigentliche Punkt. Durch ein Abkommen mit der Schweiz müssten die Dinge so geregelt werden, dass der Staat nicht darauf angewiesen sei, mit Kriminellen zusammenzuarbeiten, um die Gerechtigkeit des Steuervollzugs sicherzustellen.

Auch FDP-intern regt sich Widerstand gegen die Äußerungen der Justizministerin. Die Parteispitze habe von dem Vorstoß der Ministerin aus den Medien erfahren, sagte FDP-Generalsekretär Patrick Döring am Montag in Berlin. „Wir wollen eine rechtsstaatlich saubere Lösung“, meinte Döring weiter. Deshalb sei man im Präsidium übereingekommen, dass man sich politisch zu allererst auf die Umsetzung des Steuerabkommens mit der Schweiz konzentrieren wolle. Leutheusser-Schnarrenberger selbst nahm an der Präsidiumssitzung nicht teil. Laut Döring wollte FDP-Chef Philip Rösler noch im Laufe des Tages mit der Ministerin sprechen. (mit dpa)

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6 Kommentare

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  • G
    gerd

    @helmut

     

    nach ihrer Logik heilig der Zweck die Mittel, wozu das führt konnte man doch in allen Regimen dieser Welt bewundern. Rechststaaten sind Staate die sich durch die Gewaltenteilung selbst fesseln angelegt haben um den Bürger vor dem Staat zu schützen. Es gehört nicht zur Aufgabe eines Rechtsstaates Hehlerei zu betreiben.

  • G
    Gerd

    @lobo

     

    erst denken, dann nachdenken und dann schreiben....

  • H
    helmut

    Wenn hundertausend bis Mrd. € veruntreut

    werden, ist das Gesamtheit im wesentlich

    schlimmer als ordinäre Banküberfälle.

    Hier hatte der Gauner wenigstens Mut aufzubringen

    und zu kämpfen, dennoch wird er gnadenlos verfolgt.

    Das gleiche hat auch bei Steuerflucht zu gelten,

    da es nicht deren Geld, sondern das des Staates

    ist. Ziviler Widerstand ist nur dann gerechtfertigt,

    wenn die Regierungen und das Parlament

    die Bestandskraft der deutschen Verfassung zerstören wollen, was heute leider der Fall ist.

    Hier ist Widerstand legitim. Aber nur aufgrund

    dieser besonderen Lage. Sonst hat Gleichheit

    in der Steuergesetzgebung unbedingt umgesetzt zu werden.

  • L
    Lobo

    Die Justizministerin will ihre Klientel retten um über die 5%-Hürde zu kommen!?- Wer in der Schweiz sein Geld bänkt, bezahlt bedeutend weniger, als der Ehrliche der hier sein Geld bunkert. Da fällt auch noch was für die FDP ab. Die FDP ist so durchsichtig wie Fensterglas!

  • R
    Ralph

    Wenigstens einer - ein*e* -- die noch den Rechtsstaat als Staat, der sich an geltendes Recht hält, versteht.

     

    Steuerhinterziehung gehört bestraft, ohne Wenn und aber.

     

    Dafür aber Kriminellen staatliches Geld in den Hintern zu blasen... das geht gleich mal gar nicht. Dafür sollte man nicht FDP-Anhänger sein müssen, um das zu begreifen. Diese CDs sind doch nicht so teuer, weil das Pressen soviel kostet --- sie sind so teuer wegen der "Risikozulage"!

     

    Die Schweizer haben's begriffen. Wir Deutschen scheinbar nicht.

     

    Es drängt sich die Frage auf, ob Frau L/S als letzte echte Liberale ihre eigene Parteispitze überhaupt noch ernst nimmt, bzw. nehmen kann.

  • G
    Gerd

    Wenn die FDP zurückkehrt zur Bürgerrechtspartei und dieser Gesetzvorschlag weist in genau die richtige Richtung, dann sind die auch wieder wählbar. Schluss mit diesem Linken "der Zweck heiligt die Mittel" oder wie es die 68'er sagten, "legal, illegal, scheissegal"