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Anhörungen im US-KongressDen Irak verstehen

Die US-Regierung versucht einen Neuanfang im Irak - militärisch und politisch. Demokraten vermeiden Kritik am Irakkommandeur - und zielen auf Bush.

Oberbefehlshaber David Petraeus bei der Anhörung in Washington. Bild: dpa

Washington taz "Wir haben eine harte Zeit im Irak - aber alle Alternativen sind viel schlimmer", fasste der US-Botschafter in Bagdad, Ryan C. Crocker, seine Sicht der politischen Lage im Irak zusammen. Das Weiße Haus rückte praktisch allein den militärischen Fortschrittsbericht ihres Oberbefehlshabers David Petraeus in den Mittelpunkt. Eine große Mehrheit der Amerikaner sieht laut CNN das Chaos im Irak in erster Linie als politisches Versagen an.

Bei der angespannten Debatte in den beiden Häusern des Kongresses konzentrierten die US-Demokraten ihre Kritik auf die Politik des Präsidenten George W. Bush - und vermieden den Eindruck, dem hochdekorierten General Petraeus und seinen Truppen in den Rücken zu fallen. "Wir haben gehört, dass die Bush-Administration 130.000 Soldaten bis kommenden Sommer im Irak belassen will", kritisierte etwa der demokratische Mehrheitsführer Harry Reid (Nevada), "die nationale Sicherheit verlangt aber, dass wir sofort den Kurs im Irak ändern müssen". Wie dieser Kurs aussehen soll, ist für die Demokraten nach dem Bericht des Generals ein Problem. Sie fordern schnellen Truppenabbau - der Irak-Befehlshaber Petraeus aber bat darum, genau dies zu unterlassen. Präsidentschaftskandidatin und Senatorin Hillary Clinton monierte, "dass die Republikaner eine politische Nebenshow veranstalten, anstatt die verfehlte Irakstrategie des Präsidenten zu diskutieren".

Bei der Anhörung im Senat ging es später weitaus schärfer zu. Der demokratische Senator Joe Biden sagte, die neue militärische Strategie sei bestenfalls eine "Überbrückungshilfe - was wir zwingend brauchen, ist eine diplomatische Offensive". Biden fragte Petraeus und Crocker: "Sind wir einer stabilen politischen Lösung irgendwie näher gekommen? Wenn wir unsere [Strategie] 'Surge' fortführen, werden dann Sunnis, Schiiten und Kurden das Morden beenden?" Biden nahm die Antwort vorweg: "Die Antwort ist zweimal Nein".

Botschafter Crocker wies indes auf politische Initiativen hin. Er habe auch Gespräche mit Vertretern des Irans geführt, dabei aber "keinerlei Bereitschaft" Teherans bemerkt, sich für die Stabilisierung Iraks zu engagieren. "Wenn Iran bereit wäre, etwas zu tun, um Stabilität und Sicherheit im Irak zu fördern, was ja, wie sie selbst sagen, in ihrem eigenen Interesse liegt, dann würden wir dem nachgehen." Präsident George W. Bush hatte Gespräche mit Teheran schnell als "vollkommen sinnlos" zu den Akten gelegt.

Als größten politischen Erfolg der neuen Strategie verkündete Crocker, dass fünf irakische Führer kürzlich in einem Kommuniqué verkündeten, mehr miteinander reden zu wollen. Der Botschafter, der fließend Arabisch spricht, äußerte großes Verständnis für die "ungeheuren Schwierigkeiten" der Iraker. Er verglich ihre Lage mit all den Kämpfen bei der amerikanischen Staatsbildung. "Die Iraker erleben eine Revolution, nicht nur einen Regimewechsel", sagte Crocker.

Die große Mehrheit der Bevölkerung unter 40 Jahren kenne nur das menschenverachtende Regime Saddam Husseins und seiner Baath-Partei. Die jetzige sektiererische Gewalt "hat ihre Wurzeln in der kompletten Zerstörung der irakischen Gesellschaft durch Saddam und seine Schergen".

Etliche Fortschritte seien nicht unmittelbar in Gesetzen sichtbar und in den vom US-Kongress geforderten "Prüfsteinen" messbar. So gebe es nach wie vor kein Gesetz zur Aufteilung der Erdöleinnahmen, de facto aber teile Bagdad seine Anteile und fördere damit seit neuestem insbesondere die Provinzen. Auch hätten zahlreiche lokale Führer eingesehen, dass die sektiererische Gewalt untereinander allen Irakern schade. "Die Welt sollte bemerken, dass es die Iraker sind, die sich vehement wehren, wenn al-Qaida ihren verquasten Kalifatsstaat durchsetzen will." Ohne öffentliche Fanfaren würden Angebote an tausende geschasste Offiziere und Verwaltungsfachleute der Baath-Partei zurückzukehren gemacht. "Ohne offizielle Generalamnestie sehen wir, dass Wiedereingliederung tatsächlich stattfindet."

"Die [Operation] 'Surge' hat geholfen, die Dynamik in Irak zum Besseren zu wenden." Der Botschafter glaubt, "es ist möglich, dass die USA ihre Ziele im Irak erreichen". Die Iraker seien in der Lage, ihre Probleme zu lösen, "die Entwicklung zeigt aufwärts, auch wenn der Pfad nicht steil ist", dazu bedürfe es weiterhin der substanziellen Entschlossenheit der USA, konkret in Zeit und Geld. "Ich bin sicher, dass ein drastischer Rückzug unserer Unterstützung in eine Niederlage münden würde. Unzweifelhaft wäre der Iran der Gewinner eines solchen Szenarios. Der iranische Präsident hat bereits angekündigt, dass er jedes Vakuum im Irak mit Freuden füllen will."

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