Anhörung vor BND-Untersuchungsausschuss: Steinmeier verteidigt Folterknast-Visite
Die Vernehmung Zammars in Syrien war richtig, sagt der Außenminister vor dem BND-Untersuchungsausschuss. Mit CIA-Entführung habe er aber nichts zu tun.
BERLIN taz Am Donnerstagvormittag hatte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) einen schönen Termin: Er durfte den neuen EU-Verfassungsvertrag als Hauptredner im Bundestag preisen. Am Nachmittag brachte er eine weniger angenehme Aufgabe hinter sich: Im BND-Untersuchungsausschuss wurde Steinmeier zum Fall des Deutschsyrers Mohammed Zammar befragt, der vermutlich Anfang 2002 von der CIA von Marokko nach Syrien verschleppt wurde, wo er immer noch in Haft sitzt.
Steinmeier, der seinerzeit Kanzleramtschef der rot-grünen Bundesregierung - und damit zuständig für die Geheimdienstarbeit - war, bestritt energisch, dass er oder deutsche Behörden Beihilfe zur Entführung des heute 46-Jährigen geleistet hätten. "Das ist völliger Unsinn", sagte der SPD-Vize zu entsprechenden Vorwürfen vonseiten der Linkspartei. Die Bundesregierung habe erst im Juni 2002 erfahren, dass Zammar in einem syrischen Gefängnis gelandet war. Auf welche Weise er dorthin geraten war, habe man nicht erfahren. Von einer Beteiligung Deutschlands könne keine Rede sein. Gleichzeitig verteidigte Steinmeier die Weitergabe der Reisedaten Zammars an US-Kollegen.
Wie Steinmeier bestätigte, wussten die deutschen Behörden, dass Zammar im Oktober 2001 nach Marokko reisen wollte. Obwohl er als "eine der zentralen Figuren des islamistischen Netzwerks in Deutschland" eingeschätzt wurde und ein Ermittlungsverfahren gegen Zammar lief, habe es aber rechtlich keine Möglichkeit gegeben, ihn an der Ausreise zu hindern. Dass man seine genauen Flugpläne und sämtliche Erkenntnisse über den deutschen Staatsbürger Zammar an die USA weitermeldete, halte er auch im Nachhinein für richtig. Alle seien sich nach dem 11. September einig gewesen, dass zur Bekämpfung des Terrorismus die internationale Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden verbessert werden sollte. "Eine verbesserte Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden geht nicht ohne Austausch von Informationen."
Der Außenminister rechtfertigte auch die spätere Befragung Zammars durch deutsche Beamte in einem für Folterpraktiken berüchtigten Geheimdienstgefängnis in Damaskus. Man sei sich zwar bewusst gewesen, dass dies "heikel" war, habe aber auf die "Erkenntnisquelle" Zammar nicht verzichten wollen. BND-Chef Ernst Uhrlau hatte vorher erklärt, nach seinen Erkenntnissen sei Zammar in Syrien zwar "geschlagen", aber "nicht gefoltert" worden.
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