Angst vor der Rezession: Krise kommt im wahren Leben an
Die Finanzkrise trifft Mittelständler mit Finanzierungsproblemen ebenso wie ohnehin angeschlagene Branchen. In Deutschland geht die Angst vor der Rezession um.
Lässt die Immobilien- und Finanzkrise die so genannte reale Wirtschaft in eine Rezession rutschen? Diese Frage treibt derzeit die Ökonomen um. Ja, sagt Norbert Walter, Chefvolkswirt der Deutschen Bank. "Eine Rezession ist für die alte Welt, also USA, Europa, Japan, nicht mehr zu vermeiden." Nein, meint das Institut der Deutschen Wirtschaft. Es werde einen "Abschwung und eine anschließende Stagnation" geben, aber keine Rezession. Trotzdem schraubten die Kölner Forscher ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum 2008 von 2,5 auf 0,6 Prozent herunter.
Bei einer Rezession schrumpft die Wirtschaftsleistung eines Landes in zwei Quartalen nacheinander. Die Nachfrage geht zurück, Investitionen bleiben aus, Produktionsanlagen werden stillgelegt. Die Auswirkungen auf die Beschäftigten: beispielsweise Kurzarbeit und sinkende Löhne.
Aber egal, ob die Rezession bereits da ist, droht oder die Wirtschaft gerade so daran vorbeischrabbt - es zeichnet sich ab, dass die Finanzkrise die produzierende und dienstleistende Industrie nicht unbeeindruckt lässt. Nach dem Einkaufsmanagerindex, der die Entwicklung von Kenngrößen wie der Auftragslage, Exportaufträgen und Beschäftigtenzahlen in den Unternehmen beobachtet, hat die deutsche Industrie ihre Produktion im September so stark zurückgefahren wie seit Juni 2003 nicht mehr.
Für das Übergreifen der Krise gibt es vor allem zwei Gründe: Schwierigkeiten bei der Finanzierung von Unternehmen und zurückgehende Nachfrage. In allen Branchen sind die Unternehmen auf Kredite von Banken oder anderen Finanzinstituten angewiesen, um laufende Ausgaben oder Investitionen zu finanzieren. Auch die Ausgabe von Unternehmenanleihen ist eine wichtige Möglichkeit, Geld zu bekommen. Nur ein geschätztes Viertel der Firmen hat so viel eigenes Geld, dass es keine Bank braucht. Für die anderen ist der Zugang zum Geld seit Beginn der Krise immer schwieriger geworden. Geschockt durch die Verluste vergeben die Banken Kredite nur noch restriktiv. Auch Fremdkapital für die Finanzierung von Unternehmenskäufen hinterfragen sie sehr viel kritischer. Das bremst nicht nur Geschäfte von Hedge Fonds aus, sondern behindert auch den Verkauf kleiner und mittlerer Unternehmen - und erschwert damit die Sicherung von Nachfolgen, wenn sich ein mittelständischer Unternehmer zur Ruhe setzt.
Als erste betroffen sind die Branchen, die ohnehin schon kriseln, etwa wegen der hohen Energiepreise. Schon jetzt gilt die Prognose des Weltluftfahrtverbandes IATA als überholt, dass die Fluglinien in diesem Jahr weltweit rund 2,8 Milliarden US-Dollar Verlust einfliegen werden. "Viel zu optimistisch", heißt es heute. Seit Anfang des Jahres sind bereits 30 Fluggesellschaften zusammengebrochen.
Die zurückgehende Unternehmens-Nachfrage dagegen trifft Firmen aus den Sektoren Bau, Stahl und Maschinenbau, die sinkende private den Einzelhandel sowie die Autoindustrie.
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