Angst vor Gaddafis Waffen: 20.000 Boden-Luft-Raketen weg
Nach Gaddafis Tod steigt besonders in den afrikanischen Staaten die Besorgnis vor den verschwundenen Waffen des Despoten. Mit den Raketen können auch Flugzeuge abgeschossen werden.
NEW YORK afp | Nach dem Tod von Libyens früherem Machthaber Muammar el Gaddafi sorgt sich die Weltgemeinschaft nicht nur um die politische Zukunft des Landes. Auch die inzwischen geplünderten großen Waffenarsenale des Despoten bereiten den Staaten der Region und weltweit Kopfzerbrechen. In Nordafrika herrsche "außerordentlich große Besorgnis", dass Waffen aus Libyen in die Nachbarländer geschafft worden seien, sagt der UN-Libyen-Sonderbeauftragte Ian Martin.
Es gehe dabei unter anderem um Boden-Luft-Raketen, die von der Schulter aus abgefeuert werden können, Maschinengewehre und zugehörige Munition. Vor allem die schätzungsweise rund 20.000 schultergestützten Boden-Luft-Raketen machen Martin Sorgen, weil mit ihnen Flugzeuge abgeschossen werden können. Reste des libyschen Bestands dürften in Afrika noch in Jahren zu finden sein, befürchtet ein regionaler Diplomat.
Andere Diplomaten und Experten am Sitz der Vereinten Nationen in New York berichten, dass die libyschen Rebellen im monatelangen Kampf gegen Gaddafis Truppen sämtliche Sturmgewehre, Panzerabwehrraketen und Maschinengewehre aus seinen Waffenlagern abtransportiert hätten. Die Bestände seien größtenteils außer Landes gebracht worden.
In einem westlichen Geheimdienstbericht ist von Lastwagen voller Waffen die Rede, die in die sudanesischen Krisenregionen Darfur und Süd-Kordofan fuhren. "Wir können nicht ausschließen, dass einige Waffen von Libyen nach Darfur gelangt sind", sagt auch der sudanesische Vertreter bei der UNO, Daffa-Alla Elhag Ali Osman.
Auch andere afrikanische Staaten äußern entsprechende Sorgen. "Sicher ist, dass Waffen in den Tschad, nach Mali und in den Niger gebracht wurden", sagt Mauretaniens Außenminister Hamadi Ould Hamadi. Dem nigrischen Staatschef Mahamadou Issoufou zufolge sind die libyschen Waffen "über die Sahelzone und die Sahararegion verstreut und könnten in die Hände von Terroristen fallen".
Waffendepots werden überwacht
Nach Angaben aus Diplomatenkreisen fand kürzlich bereits ein Treffen von Militärchefs und Diplomaten aus Algerien, Mauretanien, Marokko, Tunesien, Frankreich, Italien, Malta, Portugal und Spanien statt. Dabei sei unter anderem die Frage diskutiert worden, wie das Terrornetzwerk El Kaida im Maghreb an die Waffen gelangen und ob dies auch eine Bedrohung für Europa bedeuten könnte.
Die britische Regierung zeigte sich zuletzt insbesondere über mögliche Waffenlieferungen in den Sudan besorgt. Die USA überwachen gemeinsam mit der neuen libyschen Führung die noch vorhandenen Waffendepots im Land. Die Zusammenarbeit in diesem Bereich habe bereits zu einem frühen Zeitpunkt der Krise in Libyen begonnen, versicherte Regierungssprecher Jay Carney unlängst.
Aus afrikanischen Diplomatenkreisen heißt es, radikale Islamisten seien bereits dabei, "Terrorgruppen im Jemen, in Äthiopien und anderen Ländern der Region" mit libyschen Waffen auszustatten. Seitens der Vereinten Nationen kann Martin immerhin eine Entwarnung geben: Die Chemiewaffen und das atomare Material Gaddafis "scheinen in Sicherheit zu sein", sagt er.
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