Angriff auf Tankwagen in Afghanistan: Bombardement ohne Rücksprache
Nato und Ministerium haben keine Erkenntnisse, dass der Kommandeur von Kundus den Luftangriff nicht hätte anordnen dürfen. Dieser hat nicht einmal das deutsche Hauptquartier befragt.
BERLIN taz | Bei der Bombardierung zweier entführter Tanklastzüge in Afghanistan hat der deutsche Oberst Georg Klein womöglich seine Kompetenz überschritten. Laut Süddeutscher Zeitung geht dies aus einem vorläufigen Bericht der Internationalen Schutztruppe Isaf hervor. Es sei "sonnenklar", dass Klein den vorgeschriebenen Befehlsweg nicht eingehalten habe, erklärte ein führender Nato-Offizier laut Süddeutscher Zeitung vom Donnerstag. Die Nato und das Verteidigungsministerium dementieren jedoch, dass solch eine Bewertung aus dem Isaf-Bericht hervorgehe.
Am vergangenen Freitag hatten Aufständische südlich von Kundus zwei Tanklastzüge entführt. Die Fahrzeuge blieben im Flussbett stecken. Klein, Kommandeur des Provinz-Aufbauteams (PRT) in Kundus, gab den Befehl, die Tanklaster aus der Luft anzugreifen. Bei dem Angriff starben nach ersten Erkenntnissen 70 bis 80 Menschen, darunter höchstwahrscheinlich auch Zivilisten. Unter anderen kritisierten der EU-Außenbeauftragte Javier Solana sowie der leitende General der Isaf-Streitkräfte, Stanley McChrystal, das Bombardement.
Zu einer Entscheidung dieser Tragweite sei Klein ohne Rücksprache mit dem Isaf-Hauptquartier nicht befugt gewesen, so die Süddeutsche Zeitung. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums hingegen sagt, dass die Vorgänge den "Rules of Engagement" entsprechen, die die Befehlsstruktur für den Isaf-Einsatz regeln: "Unter bestimmten Umständen kann ein Kommandeur den Befehl geben, einen Luftschlag auszulösen."
Am Dienstag hatte Isaf-Kommandeur McChrystal ein Untersuchungsteam einberufen, das die Vorgänge prüfen sollte. Dessen Abschlussbericht wird in zwei Wochen erwartet.
Aus Ministeriumskreisen heißt es, dass Klein den Feuerbefehl gab, ohne mit der Leitung der deutschen Truppen in Masar-i-Scharif zu sprechen. Dies überrascht den Wehrexperten der Grünen, Winfried Nachtwei: "Normalerweise fliegt keine Mörsergranate, ohne dass das mit Masar-i-Scharif abgesprochen ist."
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