Angriff auf Google: Microsoft will Nutzer kaufen
Im Kampf gegen Googles Macht wagt der Softwareriese ein neues Konzept: Wer die "Windows Live"-Website nutzt, soll Rabattpunkte fürs Shoppen erhalten.
Der Softwarekonzern Microsoft setzt im Kampf um die kritische Marktführerschaft bei den Internet-Suchmaschinen auf eine neue Strategie: Künftig sollen Nutzer von "Windows Live Search" mit einer Art Bonusprogramm gebunden werden. Der zunächst nur in den USA verfügbare Dienst nennt sich "Cashback" und soll den Nutzern "einen Grund geben, warum sie eine bestimmte Suchmaschine benutzen", sagte Aufsichtsratsvorsitzender Bill Gates am Mittwoch im amerikanischen Redmond auf einer Microsoft-Konferenz. Die Idee hinter dem Modell: Wer künftig über Windows Live Search gewünschte Produkte auffindet, soll automatisch Rabatte in Höhe von zwei bis 30 Prozent von den Online-Händlern erhalten, die mit Microsoft entsprechende Verträge haben.
Laut Gates sind Partnerschaften mit mehr als 700 großen E-Commerce-Anbietern geplant - von der Buchkette Barnes & Noble über das Kaufhaus Sears bis hin zum Onlineauktionator eBay. Die Rabatte erhalt man nur dann, wenn man sich vorher einen Windows Live-Account zugelegt hat. Auch gibt es eine Wartezeit: Erst 60 Tage nach dem Kauf soll das Geld gutgeschrieben werden, um zu vermeiden, dass Produkte zurückgegeben werden. Verknüpft wird das Angebot mit einem so genannten "Cost-per-Acquisition"-Modell. Dabei zahlt der Werbetreibende nur dann an Microsoft, wenn durch eine eingeblendete Anzeige tatsächlich ein Kauf ausgelöst wird. Derzeit setzen Google & Co. bei der Suchmaschinenwerbung vor allem auf "Cost-per-Click"-Modelle - hier bezahlt der Werbetreibende, wenn ein Kunde auf seine Anzeige klickt, die mit einem Schlüsselbegriff verknüpft ist.
Microsoft ist nicht der erste Anbieter, der versucht, Nutzer mit Hilfe von Sparangeboten an eine Suchmaschine zu binden. Amazon hatte mit "A9.com" einen ähnlichen Ansatz - die inzwischen stark zurückgefahrene Suchmaschine des E-Commerce-Konzerns bot regelmäßigen Nutzern bis zu 1,57 Prozent Rabatt auf alle bei ihm gekauften Produkte. Ähnliche Nutzerbezahlmodelle hatte es auch zu Zeiten der "New Economy" gegeben, als Firmen nur für das Betrachten von Werbung Pfennigbeträge pro angesehener Botschaft auszahlten. Diese Modelle scheiterten allerdings allesamt kläglich - entweder wurden sie von den Nutzern missbraucht oder von den Werbetreibenden als ineffizient empfunden. Gates sagte auch, er erwarte in den nächsten Jahren deutlich bessere Suchmaschinen. "Wenn man den Nutzer kennen würde und sein Verhalten beobachten kann, ergeben sich deutlich bessere Möglichkeiten der Informationsermittlung und Präsentation.
Der Softwarekonzern bleibt derzeit im lukrativen weltweiten Suchmaschinengeschäft nur der dritte Platz hinter Google - Rang zwei wird von Yahoo eingenommen. Nachdem die Übernahmegespräche mit dem Portalbetreiber zunächst gescheitert waren, machten in dieser Woche Gerüchte die Runde, laut denen Microsoft nur einen Teil von Yahoo übernehmen könnte: beispielsweise die Suchmaschinenvermarktung - genau der Bereich, in dem Microsoft derzeit hinten liegt. Gleichzeitig sei eine Minderheitsbeteiligung am Rest der Firma möglich. Yahoo hatte sich in den letzten Wochen wiederum zunächst mit Google geeignet, dass der Internet-Riese einen Teil der Vermarktung übernimmt - auch als mögliche Abwehrstrategie gegen Microsoft.
In Deutschland dominiert derzeit Google mit großem Abstand. Lokale Suchmaschinen wie Fireball wurden durch den US-Riesen zurückgedrängt und auch große EU-Projekte wie die deutsch-französische Suchmaschine Quaero waren gescheitert. Google setzt dabei voll auf Innovation: So begann der Anbieter in dieser Woche, seinen Nachrichten-Schlagzeilen-Dienst "Google News" mit dem Online-Atlas "Google Earth" zu kombinieren, so dass man Neuigkeiten auf einer Karte verorten kann. Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) gab sich alarmiert: "Unter Umständen muss neu darüber nachgedacht werden, ob Google News weiterhin von fremden Inhalten, insbesondere von Zeitungswebsites, profitieren darf", sagte ein Sprecher gegenüber der "Financial Times Deutschland". Eine solche Geo-Nachrichten-Vernetzung hatte zuletzt das "WAZ"-Portal "Der Westen" aufgebaut.
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