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Anglo–irische Krisensitzung

■ Treffen des britischen Nordirland–Ministers King und des irischen Außenministers Lenihan in London / Bleibt es bei Lippenbekenntnissen? / Situation der katholischen Nordiren diskutiert

Aus Dublin Ralf Sotscheck

Die britische Regierung zeigte sich bei der anglo–irischen Krisensitzung am Freitag in London überraschend kompromißbereit. Die Sitzung war einberufen worden, nachdem bei zwei IRA–Beerdigungen in der vorletzten Woche fünf Menschen ermordet worden waren, darunter zwei Soldaten einer Nachrichteneinheit. Die britische Regierung wollte das Problem durch eine Verbesserung der Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich lösen, während Dublin eine politische Initiative anstrebte. In der gemeinsamen Presseerklärung setzte sich die irische Position durch. Beide Regierungen erklärten, daß die ökonomische Situation der katholischen Minderheitsbevölkerung Nordirlands verbessert werden müsse. In der Republik Irland hofft man, daß damit ein Entwicklungsplan für West–Belfast gemeint ist, eine der ärmsten Regionen in der Europäischen Gemeinschaft mit bis zu 80 Prozent Arbeitslosigkeit. Inwieweit die britische Regierung bereit ist, ihre Versprechungen einzulösen, wird sich zeigen. Schließlich benennt das anglo–irische Abkommen vom November 1985 ähnliche Punkte, von denen die britische Regierung bis heute keinen einzigen erfüllt hat. Dublin bestand denn auch darauf, zwei Erklärungen in das Kommunique aufzunehmen: Einmal führt die irische Regierung die Eskalation der Situation in Nordirland auf die Entscheidung des britischen Generalstaatsanwalts im Januar zurück, als dieser erklärte, daß die Beamten einer nordirischen Polizei–Sondereinheit für die Erschießung von sechs unbewaffneten Katholiken „im Interesse der nationalen Sicherheit“ strafrechtlich nicht verfolgt würden. Zum anderen drückte die irische Regierung ihr Bedauern über die Erklärung der Polizei aus, IRA–Beerdigungen in Zukunft wieder massiv zu überwachen. Bisher hatte diese Taktik regelmäßig zu Schlachten geführt. Inzwischen wurde der protestantische Extremist Michael Stone, der am 16.März eine IRA– Beerdigung mit Pistolen und Handgranaten angegriffen und drei Menschen getötet hatte, des Mordes angeklagt. Der Ermordung der beiden Soldaten, die während der Beerdigung eines der Opfer Stones von der IRA erschossen worden waren, wurden jetzt zwei Männer aus West–Belfast angeklagt.

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