piwik no script img

Angestelltenkammer will entlassen Entlassungen

■ Bilanz 94: „dramatische Überschuldung“ / Rechnungshof-Kritik

Die Bremer Angestelltenkammer steckt in der schlimmsten Finanzkrise ihrer Geschichte. Bei der Vorstellung der Bilanz 1994 sprach Geschäftsführer Eberhard Fehrmann gestern von einer „dramtischen Überschuldungssituation“ und sein Geschäftsführungs-Kollege Hans Endl von „unbestreitbar riesigen Problemen“. Beide kündigten für die nächsten Jahre einen drastischen Personalabbau an, der „nicht mehr nur sozialverträglich“ zu bewerkstelligen sei. In der nächsten Kammer-Vollversammlung will die DGB-Mehrheit die Möglichkeit für betriebsbedingte Kündigungen schaffen.

Die Kammer-Schulden sind im vergangenen Jahr von 8,9 auf knapp 14,1 Millionen Mark geschnellt. Ursache dafür war vor allem die 3,5 Millionen Mark teure Sanierung der Kammer-Bildungstochter bbi. Durch die Senkung der Personalkosten um 1,2 Millionen und der Verwaltungskosten um 0,5 Millionen Mark konnte die Kammer 1994 zumindest im laufenden Geschäft einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Doch weitere Verluste bei den Bildungsveranstaltungen drohen.

Das Kammerpersonal soll nach Vorstellung der Geschäftsführung bis 1999 von heute 240 auf rund 160 Stellen reduziert werden. Neben der üblichen Fluktuation will die Kammer auch freiwillige Arbeitszeitreduzierungen ohne Lohnausgleich anbieten und übertarifliche Leistungen für die Kammer-Beschäftigten weitgehend abbauen. Allein damit könnte fast eine Million Mark jährlich eingespart werden.

Neben dem wirtschaftlichen Niedergang steht der Kammer im Sommer auch noch harte Kritik vom Landesrechnungshof ins Haus. Nach einer Prüfung mehrerer Rechnungsjahre haben die Hüter über die Ausgabendisziplin der öffentlichen Haushalte der Angestelltenkammer gerade eine rund 100 Seiten lange Mängelliste überreicht. Bis Ende Juli hat die Kammer nun die Möglichkeit, ihre Stellungnahme dazu abzugeben. Erst danach soll das Prüfergebnis veröffentlicht werden. Rechnungshof-Präsident Hartwin Meyer-Arndt kündigte gestern allerdings bereits an: „Da ist Kritik drin, die hellhörig machen wird.“

Trotz der dramatisch zugespitzten Finanzsituation sah die Kammer-Geschäftsführung gestern keinen Anlaß für Rücktrittsforderungen in ihre Richtung. „Alle Ausgaben waren stets durch Beschlüsse der Vollversammlung gedeckt“, meinte Fehrmann. Die Fraktionsvorsitzende der DAG in der Kammer-Vollversammlung, Brigitte Dreyer, forderte gestern, die Rechnungshof-Kritik sofort offenzulegen und bei den erforderlichen Sparmaßnahmen „intelligente und sozialverträgliche Lösungen“ zu suchen. Ase

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen