Angeschlagener Silvio Berlusconi: Eurokrise rettet vor Gerichtstermin

Italiens Premier bleibt am Montag einem Korruptionsprozess gegen ihn fern: Er versucht, die Wirtschaft des Landes anzukurbeln. Und in seinem Sex-Prozess gibt es derweil Hickhack um die Zeugenliste.

So könnte eine Frage der MedienvertreterInnen an Berlusconi lauten: Wer ist schlimmer? Italiens Richter oder "Merkozy"? Bild: reuters

MAILAND/rROM dpa/dpad | Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat wegen der Schuldenkrise einen Gerichtstermin in einem Korruptionsfall abgesagt. Ursprünglich wollte der angeschlagene Regierungschef am Montag in Mailand vor Gericht erscheinen. Dort soll sein ehemaliger Anwalt David Mills wegen angeblicher Bezahlung für Falschaussagen befragt werden.

Wie italienische Medien berichteten, stornierte Berlusconi den Termin, um wahrscheinlich noch im Laufe des Tages sein Kabinett zusammentrommeln. Gemeinsam mit seinen Ministern will Berlusconi über Maßnahmen zur Ankurbelung des italienischen Wirtschaftswachstums diskutieren.

Zuvor hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy in Brüssel massiv Druck auf Berlusconi ausgeübt, bis zum nächsten EU-Gipfel am Mittwoch klare Perspektiven zum Abbau der Schulden Italien aufzuzeigen. Das italienische Parlament hat bereits Sparmaßnahmen im Umfang von 54 Milliarden Euro verabschiedet, die Umsetzung kommt jedoch nur langsam voran.

In Mailand stand am Montag eine der letzten Anhörungen in einem Korruptionsfall bevor. Dabei sollte Berlusconis ehemaliger britischer Anwalt befragt werden. Mills sollte per Videokonferenz vernommen werden, hieß es. Am Freitag steht die Anhörung von Berlusconi auf dem Programm.

Der 75-Jährige Medienmogul soll dem Briten für Falschaussagen in Prozessen in den 1990er Jahren 600.000 Dollar (knapp 440.000 Euro) gezahlt haben. Mills war in dem Korruptionsfall bereits 2009 von einem Mailänder Gericht zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das Kassationsgericht in Rom entschied jedoch 2010 auf Freispruch wegen Verjährung. Für Berlusconi verjährt der Fall im Februar 2012.

"Elegante Abende", keine Orgien

Berlusconi muss sich außer im Mills-Prozess noch in drei weiteren Verfahren vor der Justiz verantworten. Dazu zählt unter anderem der Prozess wegen angeblicher sexueller Beziehungen zu dem damals minderjährigen Callgirl "Ruby Rubacuori".

In diesem Prozess ist Streit um eine lange Zeugenliste der Verteidigung entbrannt. Die Anklage beantragte, Dutzende der insgesamt mehr als 70 Namen zu streichen. Auf der Zeugenliste finden sich auch Stars wie Hollywoodschauspieler George Clooney und der portugiesische Fußballer Cristiano Ronaldo. Das Verfahren in Mailand wurde am Samstag nach knapp 30 Minuten auf den 23. November vertagt, wie italienische Medien berichteten.

Die Staatsanwälte legen Berlusconi zur Last, die damals 17-jährige Marokkanerin Karima el-Marough alias "Ruby" 2010 mit Geld, Schmuck und anderen Wertsachen zu wilden Bunga-Bunga-Nächten bewegt zu haben. Sein Amt habe er missbraucht, als er sie später persönlich mit einem Anruf bei der Polizei vor einer Festnahme wegen Diebstahls rettete.

Berlusconi selbst erschien am Samstag nicht im Gerichtssaal, sondern wurde von seinen Anwälten Niccolo Ghedini and Piero Longo vertreten. Diese argumentieren, viele der aufgeführten Zeugen könnten belegen, dass die von Berlusconi veranstalteten Partys "elegante Abende" waren und nicht etwa Orgien, wie vielfach behauptet. Die Anklage wirft den Verteidigern Verzögerungstaktik vor, viele der Zeugen seien völlig irrelevant in dem Fall.

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