Angela Merkel und die Baustelle DFB: Eingemauerte Werte

Bundeskanzlerin Angela Merkel beehrt den DFB. Eigentlich müsste sie einen scheindemokratischen Verband, der mafiöses Handeln deckt, meiden.

Angela Merkel steht auf der DFB-Baustelle und hebt den Daumen nach oben

Die Kanzlerin findet den DFB und sein neues Haus super, die Verbandsheinis freuen sich Foto: reuters

Es wird viel Unsinn geredet bei einer Grundsteinlegung. Das ist normal. Da wird Gebäuden, die noch lange nicht stehen, eine Bedeutung zugemessen, die Ziegel, Beton und Glas normalerweise nicht haben. Das war am Donnerstag nicht anders, als Bundeskanzlerin Angela Merkel höchstselbst dem Deutschen Fußball-Bund mit ihrer Anwesenheit bei der Grundsteinlegung für die neue Verbandszentrale nebst Leistungszentrum die Ehre erwiesen hat.

Sie legte eine Jubiläumssausgabe des Grundgesetzes in die Kapsel, die nun auf immer und ewig im Grundstein der DFB-Akademie eingemauert sein soll. “Das Grundgesetz ist das Fundament für unser Zusammenleben in einem freien, demokratischen und rechtsstaatlichen Deutschland“, sagte die Kanzlerin. „Es steht für die Werte, die uns einen – Werte, aus denen auch die integrative Kraft des Fußballsports erwächst.“ Den deutschen Fußball, den DFB, nach all dem was in den vergangenen Jahren aufgedeckt wurde, tatsächlich mit den Worten Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in Verbindung zu bringen, ist gelinde gesagt gewagt.

Gegen zwei ehemalige Verbandspräsidenten, Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach, laufen Gerichtsverfahren in Deutschland und in der Schweiz. Es geht um Steuerhinterziehung und Betrug. Und auch wenn es am Ende zu keinen Verurteilungen kommen sollte, so steht jetzt schon fest, dass es im DFB niemanden gibt, der wirklich den Versuch unternommen hat, die Zahlungsverläufe von über 6 Millionen Euro über verschiedene Konten von einem französischen Oligarchen über Franz Beckenbauer und die Fifa bis hin zu einem Gerüstbauunternehmen in Katar zu erklären.

Und was mit der Vergabe der WM 2006 nach Deutschland zu tun hat, sagt auch niemand. Solche Geschäftspraktiken und ihre Vertuschung darf man getrost als mafiös bezeichnen. Doch anstatt die Finger von einem Verband zu lassen, der über 7 Millionen in Fußballvereinen organisierte Menschen vertritt und doch bereit ist, seine Gemeinnützigkeit auf’s Spiel zu setzen, erhebt die Kanzlerin den DFB durch ihren Besuch beinahe schon in den Stand einer staatstragenden Organisation.

Gespielte Demokratie

Die hat auch mit Demokratie wenig am Hut. Beim DFB wird Demokratie nur simuliert. Das höchste Abstimmungsgremium des Verbands, das am Freitag zusammenkam, heißt Bundestag und hat doch mit einer Versammlung gewählter Vertreter nichts, aber auch gar nichts zu tun. Die Landesverbände und der Profifußball schicken irgendwelche Leute zu der Zusammenkunft und nicht einmal der DFB selbst kann sagen, wie die Delegierten zu ihrem Mandat gekommen sind.

Das ist vielleicht auch gar nicht wichtig. Denn im DFB-Bundestag wird nur abgenickt, was vorher schon beschlossen wurde, dass Fritz Keller neuer Präsident des DFB wird zum Beispiel. Der Winzer aus dem Badischen mag ein guter Mann sein und ein anständiger Präsident werden. Gescoutet wurde er indes von Headhuntern im Auftrag des amtierenden Präsidiums. Mit Demokratie hat das gewiss nichts zu tun.

Das Grundgesetz im Grundstein der zukünftigen DFB-Heimstätte, es sollte Mahnung und Ansporn sein. Eingemauert wurde es jedoch als Zeichen der Anerkennung. Die hat der Verband nun wahrlich nicht verdient.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.